Gegen den Krieg nach außen und nach innen!

13.02.2016, Lesezeit 6 Min.
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Während dieser Tage auf der Münchener Sicherheitskonferenz weitere Kriege vorbereitet werden, formiert sich auf den Straßen der Widerstand der Arbeiter*innen, Jugendlichen und Frauen dagegen. Wir veröffentlichen hier den Flyer der Revolutionär-kommunistischen Jugend zu den Gegenprotesten.

Der Krieg der türkischen AKP-Regierung gegen das kurdische Volk hat allein in den letzten Monaten mehreren Hundert Menschen das Leben gekostet. Das Massaker von Cizre mit Dutzenden verbrannten Leichen ist sicherlich ein trauriger Höhepunkt dieser Angriffe, aber schon die Anschläge von IS-Anhängern in Ankara und Suruc im letzten Jahr sind Ergebnis des Staatsterrorismus der AKP. Zehntausende Menschen sind aufgrund dieser Angriffe auf der Flucht. Doch Hilfe erfahren diese Menschen keineswegs: Nicht vom türkischen Staat und schon gar nicht von der EU. Der Fokus des Regimes von Erdogan liegt weiterhin in der Unterdrückung linker und kurdischer Aktivist*innen sowie kritischer Journalist*innen. Währenddessen überqueren tausende IS-Anhänger*innen täglich die Grenze zwischen Syrien und der Türkei.

Und die EU unterstützt den Krieg gegen die Kurd*innen sogar aktiv. Denn Erdogan ist einerseits bei der Bekämpfung „illegaler“ Einwanderung ein wichtiger Verbündeter für die westlichen Staaten. Dafür erhält er sogar mehrere Milliarden aus den Töpfen der EU, die wiederum in den Kriegsetat des türkischen Staates fließen. Die Bundesregierung plant sogar die Türkei zum „sicheren“ Herkunftsstaat zu erklären. Auf der anderen Seite ist die Türkei ein stabiler Anker für die westlichen Imperialismen im Hinblick auf die Kriege in Syrien und im Irak. Dabei unterstützte Erdogan im syrischen Bürger*innenkrieg von Beginn an oppositionelle und reaktionäre Kräfte – darunter nicht zuletzt auch den IS – gegen den dortigen Diktator Assad, um eigene regionale Machtansprüche durchsetzen zu können.

Rojava dagegen ist ein eindrucksvolles Beispiel für den Widerstand der Kurd*innen gegen die reaktionären Angriffe des IS. Auch in Nordkurdistan existieren Selbstverwaltungsstrukturen, die sich dem türkischen Militär in den Weg stellen. Diese Strukturen können jedoch nur ausgeweitet werden, wenn der Aufbau solcher Komitees mit sozialen Forderungen gefüllt wird. Denn es sind besonders die Kurd*innen, die beispielsweise in Teilen Diyarbakirs in Armut leben. Auch der herrschende Ausnahmezustand in Diyarbakir und Cizre bedroht die Trinkwasser- und Lebensmittelversorgung für große Teile der kurdischen Bevölkerung. Es ist also einerseits notwendig, die gesamte kurdische Arbeiter*innenklasse für diesen Kampf zu gewinnen. Andererseits kann er aber nur erfolgreich sein, wenn auch die türkischen Arbeiter*innen den Kampf gegen die Unterdrückung der Kurd*innen aufnehmen und selbst soziale Forderungen stellen.

Kampf in der Türkei heißt auch Kampf in Deutschland

Die Türkei erlebte in den letzten Monaten immer wieder eintägige Generalstreiks, die sich gegen die Massaker an der kurdischen Bevölkerung richteten. Der Druck dieser Streiks ist jedoch nur begrenzt, sind sie doch nicht in der Lage die Angriffe auf die Städte in Nordkurdistan nachhaltig zu verhindern. Nur durch unbefristete Generalstreiks, die den kapitalistischen und militärischen Normalbetrieb lahm legen, können die Angriffe des AKP-Regimes zurückgeschlagen und selbst eigene soziale Forderung gegen das neoliberale Regime durchgesetzt werden.

In Deutschland kommt uns die Verantwortung zu, mit allen progressiven Kräften aus der deutschen und kurdischen Linken gegen die Unterstützung des türkischen Regimes durch die Bundesregierung auf die Straße zu gehen. Denn auch Rüstungsexporte können beispielsweise durch die Organisierung von Arbeiter*innen im Transportsektor verhindert werden. Gegen die Milliardenhilfen zur Grenzsicherung gegen Geflüchteten brauchen wir solidarische Streiks aus allen Sektoren, die sich den Kampf für das Bleiberecht für alle Menschen – nicht zuletzt der Kurd*innen, die vor dem AKP-Staatsterror fliehen – auf die Fahnen schreiben.

Heute herrscht in den deutschen Gewerkschaften allerdings noch die Logik des Standortnationalismus vor. Für die deutsche Rüstungsindustrie fordert zum Beispiel die IG Metall-Führung Staatshilfen und die Forschung an Drohnen; alles mit dem Argument der Arbeitsplatzsicherung. Andere Gewerkschaftsführungen – beispielsweise der GEW – sprechen sich gegen den Krieg aus, mobilisieren aber nicht an ihrer Basis. Dagegen müssen wir klassenkämpferische, anti-imperialistische Strömungen an der Basis aufbauen und die Gewerkschaften für unsere Interessen zurückerobern – der Kampf gegen den deutschen Imperialismus und seine mörderische Kriegspolitik ist im grundlegenden Interesse der internationalen Arbeiter*innenklasse. Ein sehr kleines Beispiel dafür ist die gewerkschaftliche Basisgruppe ver.di aktiv bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG): In ihrer Betriebszeitung sprechen sie sich gegen den Syrien-Einsatz der Bundeswehr aus und verteilen ihre Erklärung unter ihren Kolleg*innen.

Krieg nach innen!

Dabei muss der Kampf um das Selbstbestimmungsrecht der Kurd*innen und gegen den Krieg mit dem Kampf gegen Angriffe auf unsere Lebensbedingungen in Deutschland verbunden werden. Denn die Europäische Union unterstützt nicht nur den Krieg in der Türkei und ist am Syrienkrieg beteiligt, auch nach innen führt sie einen sozialen Krieg gegen die lohnabhängige Bevölkerung. Nach dem Ausbruch der kapitalistischen Krise 2008 haben besonders Jugendliche in Griechenland und im Spanischen Staat durch Erwerbslosigkeit die Auswirkungen dieser Angriffe des Kapitals zu spüren bekommen. Auch Deutschland bildet hier keine Ausnahme. Nach Zahlen des DGB befinden sich fast 50 Prozent der unter 25-jährigen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, sind also befristet angestellt, in Minijobs oder in anderen Formen der Unterbeschäftigung gefangen. Der deutsche Staat hat in erster Linie mit der Agenda 2010 die Grundlage für die Angriffe auf die lohnabhängige Bevölkerung geschaffen.

Geflüchteten als besonders unterdrückter Teil der Arbeiter*innenklasse wird sogar gänzlich das Recht auf Arbeit verwehrt – oder sie werden als Lohndrücker*innen vom Kapital missbraucht. Die Angriffe auf unsere Lebensbedingungen müssen gemeinsam zurückgeschlagen werden, von (prekarisierten) Arbeiter*innen, Jugendlichen und Geflüchteten. Dafür müssen wir uns gemeinsam mit Geflüchteten in Gewerkschaften organisieren. Denn die Ursache für die Ausbeutung von Arbeiter*innen und die Unterdrückung von Geflüchteten ist letztlich die gleiche. Es geht um die Rettung der Profite von Unternehmen.

Wir müssen also in Gewerkschaften eine Gegenmacht zum deutschen Krisenregime aufbauen, die den Kampf für Geflüchtete und gegen den Krieg mit einem sozialem Programm verbindet. Nur so können wir den deutschem Imperialismus und damit auch das Regime von Erdogan schwächen. Für das kurdische Volk, gegen Rüstungsexporte in Krisenregionen, gegen den Krieg nach außen und gegen Geflüchtete und Lohnabhängige nach innen! Erobern wir die Gewerkschaften zurück!

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