Für klassenkämpferische Gewerkschaften!

13.01.2015, Lesezeit 4 Min.
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Streiks bei der Bahn, bei Amazon, bei Lufthansa… In Deutschland wird wieder mehr gestreikt – gegen befristete Verträge, unsichere Arbeitsverhältnisse und niedrige Löhne. Auch wenn im internationalen Vergleich noch wenige Streiks stattfinden, gehen die KapitalistInnen, ihre Medien und ihre Regierung bereits auf die Barrikaden. Sie wollen am liebsten das Streikrecht in Deutschland noch weiter einschränken.

Schon seit Jahren führen die KapitalistInnen einen massiven „Klassenkampf von oben”. Diesen kennt man als „Hartz IV“, „Agenda 2010“ oder in Form der brutalen Spardiktate für Südeuropa. Besonders die Praxis der Befristung setzt sich immer stärker durch, gerade bei Betrieben wie Amazon oder Zalando. Doch sie sind letztlich nur die Speerspitze eines allgemeinen Trends, der die Lebensbedingungen breiter Teile der arbeitenden Bevölkerung immer stärker aushöhlt.

Aktuell versuchen die Herrschenden, eine Massenhysterie gegen Arbeits­kämpfe zu inszenieren. Der Grund ist klar: Sie bereiten weitere Angriffe auf die Rechte und Lebensstandards der Arbeitenden in Deutschland vor und unser Widerstand gegen solche Angriffe soll präventiv gebrochen werden.

Hinzu kommt ein massives gewerkschaftsfeindliches Klima, wie man beim GDL-Streik sehen kann. Auch bei dem Neupack-Streik in Hamburg 2013 war die Hetze gegen Gewerkschaften ein zentraler Bestandteil der Strategie der Bosse. Beliebt sind auch Schulungen für Unternehmensführungen, die Strategien zur Zerschlagung gewerkschaftlicher Strukturen im Betrieb vermitteln.

Diesem Angriff auf die ureigenen Organisationsformen der Arbeiter­Innenklasse setzen die Gewerkschaften in Deutschland leider wenig entgegen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat zwar über sechs Millionen Mitglieder, doch diese Mitglieder werden äußerst selten mobilisiert. Statt zu kämpfen, verhandeln die Gewerkschaftsapparate lieber mit der Regierung über weitere Einschränkungen des Streikrechts.

Gegen die Bürokratie

Viele ArbeiterInnen fragen sich: Können unsere Gewerkschaften nicht mehr machen? Selbst bei beispielhaften Kämpfen, wie aktuell bei Amazon, mangelt es meistens an einer entschlossenen Kampfführung bis zur Durchsetzung aller Forderungen. Warum handeln die Gewerkschaftsführungen nicht konsequent im Interesse ihrer Mitglieder?

Während des Bahnstreiks wurde viel gegen den GDL-Chef Weselsky persönlich gehetzt: Seine Telefonnummer wurde veröffentlicht und sein Haus wurde in der Zeitung abgebildet. In der Tat lebt er in guten Verhältnissen – alle Gewerkschaftsvorsitzenden in Deutschland verdienen mehr als 200.000 Euro im Jahr. Auch wenn wir Weselsky gegen solche Hetze verteidigen, sind diese Privilegien nicht zu verantworten. Die Gewerkschaftsbosse leben eher wie ManagerInnen und Personalvorstände, im Gegensatz zu den ArbeiterInnen, für die sie arbeiten sollen. Auch die niederen Ränge der Bürokratie verdienen weit mehr als einen ArbeiterInnenlohn.

Die GewerkschaftsbürokratInnen sind aber nicht nur über ihre Aufsichtsrats­posten mit dem Kapital vernetzt. Viele sind auch Mitglied der Partei der „Agenda 2010“ und der „Tarifeinheit“: der SPD. Die moderne Sozialdemokratie sorgt für die Zusammenarbeit von Staatsapparat und Gewerkschaftsspitzen bei solchen Angriffen auf die ArbeiterInnen.

Organisieren und siegen

Große Aufgaben kommen aktuell auf die ArbeiterInnenbewegung in Deutschland zu: die Verteidigung des Streikrechts, der Kampf gegen Befristungen und Solidarität mit den KollegInnen in Süd­europa. Doch die Organisationen der ArbeiterInnenklasse sind aktuell nicht für diese Kämpfe gewappnet. Zum Teil liegt das am niedrigen Organisationsgrad gerade in den Branchen, die am meisten von Angriffen betroffen sind. Ohne gemeinsame Organisation ist an Gegenwehr gar nicht erst zu denken.

Doch selbst wenn die KollegInnen an der Basis ihre Stimmen erheben, treffen sie früher oder später auf die bremsende Rolle des Gewerkschaftsapparats. Natürlich gibt es auch kämpferischere GewerkschaftsfunktionärInnen, doch auch sie bleiben an die materiellen Interessen des Apparats gebunden – die sie im Ernstfall auch gegen die KollegInnen an der Basis durchzusetzen bereit sind.

Deswegen sollte sich die Basis selbst organisieren: Bei Streiks sollen wichtige Entscheidungen in Massenversammlungen getroffen werden. FunktionärInnen sollen gewählt werden und jederzeit abwählbar sein. Sie müssen das Gleiche verdienen wie die Menschen, die sie vertreten.

Es geht aber nicht nur um die Form der Organisation, entscheidend ist die politische Linie: Wir brauchen eine Alternative zu den Plänen der KapitalistInnen und zur Sozialpartnerschaft der Gewerkschaftsführungen, die bei ihrer Durchsetzung hilft. Nötig ist deshalb eine klassenkämpferische Strömung in den Gewerkschaften, die gegen die Kollaboration mit dem Kapital konsequent die Interessen der ArbeiterInnen vertritt. Vor allem brauchen wir eine revolutionäre Partei, die im Bündnis mit allen Unterdrückten weltweit für den Sozialismus kämpft.

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