FU Berlin: „Die Arbeiter*innen- und Frauenbewegung dürfen nicht getrennt sein.“

18.10.2016, Lesezeit 3 Min.
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Im Rahmen der Kritischen Orientierungswochen an der Freien Universität Berlin diskutierten 15 Personen über klassenkämpferischen Feminismus.

An einem nebligen Nachmittag trafen zu Beginn des Wintersemesters an der Freien Universität (FU) 15 Personen zusammen, um über Feminismus und Klassenkampf zu sprechen. Zuerst wurden verschiedene Formen von geschlechtlicher Unterdrückung benannt: niedrigere Löhne, unbezahlte Hausarbeit und sexualisierte Gewalt sind nur einige der genannten Aspekte. Danach begann die Referentin Lilly Freytag mit einem Input zur Geschichte des proletarischen Feminismus.

Mit der ersten Welle, unter Revolutionärinnen wie Clara Zetkin, wurde unter anderem für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Hausmädchen, sowie für das Wahlrecht für alle gekämpft. Hierbei sah man auch wichtige Differenzen zum bürgerlichen Feminismus. Die Frauen der Bourgeoisie waren für die Beibehaltung des Ständewahlrechts und gegen höhere Löhne für Hausangestellte.

In den 70er-Jahren, mit der zweiten Welle des Feminismus, wurde die unbezahlte Hausarbeit/ Reproduktionsarbeit thematisiert. Auch wurde das Konzept der bürgerlichen Familie infrage gestellt. Diese fungiert als Reproduktionszelle der kapitalistischen Gesellschaft. Die Teilnehmer*innen erkannten, dass sich das Patriarchat und der Kapitalismus gegenseitig stützen. Dennoch ist ersteres schon viel länger existent, seit der Herausbildung der Klassengesellschaft und der daraus hervorgehenden Arbeitsteilung.

Nach diesem historischem und theoretischem Teil diskutierten die Teilnehmer*innen über die Notwendigkeit eines proletarischen Feminismus heute. Die meisten Besucher*innen schienen sich einig zu sein, dass auch innerhalb des kapitalistischen Systems Verbesserungen von Frauenrechten zu erkämpfen sind. Dabei spielen auch weitere Faktoren wie zusätzliche Formen der Unterdrückung durch Rassismus oder Ausbeutung eine wichtige Rolle. Jedoch sei eine endgültige Aufhebung des Sexismus nur in einer klassenlosen Gesellschaft möglich.

Weil nur die Arbeiter*innenklasse den Kapitalismus stürzen kann und dieser das Patriarchat reproduziert, müssen Frauen- und Arbeiter*innen Seite an Seite kämpfen. Hierbei stellt sich auch die Frage der Rolle von Männern in diesem Kampf: Wenn Frauen, wie beim nationalen Frauentreffen in Argentinien, auf Plena und Demos gehen, sollten sich Männer um Kinderbetreuung und Reproduktionsarbeit kümmern. Doch auch in anderen Kontexten ist dies enorm wichtig: Sexismus spaltet die Arbeiter*innenklasse, und um eine Welt ohne Unterdrückung und Ausbeutung zu erkämpfen, ist es notwendig, zusammenzuarbeiten.

Am Ende der Veranstaltung sendeten einige der Teilnehmer*innen eine Solidaritätsbotschaft an die angeklagten Arbeiter*innen von Goodyear in Frankreich, die als Teil einer Repressionskampagne der Regierung für ihren Kampf verurteilt werden sollen.

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