Frontex-Grenzkontrolle: „Ich habe keinen Funken Menschlichkeit mehr in mir gespürt“

28.08.2023, Lesezeit 3 Min.
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Symbolfoto eines Grenzpolizist, Foto: Belish / shutterstock.com

Einer unserer Genossen musste heute eine schreckliche Frontex-Kontrolle an der bulgarisch-serbischen Grenze ertragen. Wir veröffentlichen seinen Bericht.

Im Folgenden veröffentlichen wir einen Erlebnisbericht einer rassistischen Grenzkontrolle, die unser Genosse ertragen musste. Wir solidarisieren uns ausdrücklich mit ihm und wünschen ihm nicht nur viel Kraft, sondern wollen auch betonen, dass wir weiterhin gegen die rassistische, imperialistische Politik der EU und das Frontex-Grenzregime kämpfen werden.

Auf der Rückreise aus der Türkei mit dem Reisebus musste ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Frontex-Kontrolle am eigenen Leib erfahren.

Ich wurde zwei Stunden in einer Kontrollkabine einer Leibesvisitation wegen des Verdachts auf Drogen unterzogen. Die Grenzpolizei Frontex kontrollierte meinen Rucksack, meine Jacke, Hose, Schuhe und Bauchtasche. Danach musste ich meinen Koffer aus dem Bus holen und auch dieser wurde komplett geleert, jedes Kleidungsstück und jede Verpackung einzeln kontrolliert. Dabei wurde mein iPad fallen gelassen und der Bildschirm zerstört. Ich sollte ihn liegen lassen, bis die Kontrolle zu Ende war. Dann wurde ein Spürhund dazugeholt, der alles nochmal kontrollierte. Doch scheinbar reichte auch das nicht. Obwohl der Hund auf nichts reagiert hat, wurde ich aufgefordert, meine Klamotten auszuziehen, komplett alles. Mein Mund wurde an den Backen und unter der Zunge abgetastet. Danach musste ich mich sogar umdrehen und vorbeugen, damit sie auch „dort“ nachsehen konnten. Obwohl ich schon einmal eine Leibesvisitation durchmachen musste, war es diesmal besonders entwürdigend, weil sechs Männer um mich rumstanden, ein Hund an mir gerochen hat dabei und die Kabine nicht geschlossen wurde, so dass vermutlich andere Fahrgäste aus dem Reisebus, mit dem ich unterwegs war, und andere Autofahrer:innen an der Grenzkontrolle mich unter Umständen sehen konnten. Ich habe keinen Funken Menschlichkeit mehr in mir gespürt, ich habe mich gefühlt wie ein Stück Dreck, das gerade vor den Augen von tausenden Reisenden zur Schau gestellt wird. Diese Machtdemonstration der Grenzpolizei wird mir nie wieder aus dem Kopf gehen, ich werde mich nie wieder problemlos in einem Bus ins Ausland trauen. Die Grenzpolizisten sprachen Türkisch und Englisch mit mir, nannten mich unter sich „Gevur“ (herablassendes türkisches Wort für Ausländer) und „Çingene“ (türkisch für „Z*geuner“). Vermutlich lag es an dem Kopftuch, das ich trug und den Tätowierungen.

Der Bus hatte aufgrund dessen fast drei Stunden Verspätung, ich wurde von den Fahrgästen misstrauisch, verurteilend und teilweise meinem Gefühl nach auch „mit den Augen auslachend“ angesehen. Mir standen noch fast 30 Stunden Fahrtweg bevor. Ich konnte weder meine Wut, noch meinen Frust und meine Tränen im Bus zurückhalten.

Einer der Fahrgäste meinte, derartige Kontrollen würden bei türkischen oder kurdischen und syrischen Fahrgästen mit türkischem Pass immer gemacht, weil es einen Generalverdacht für Drogenschmuggel gäbe. Eine Leibesvisitation sei aber auch für diese Verhältnisse ungewöhnlich.

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