Frankfurt: Polizei schikaniert zwei 15-Jährige

15.03.2023, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

Dass der Staat durch die Polizei mit erhöhter Gewalt gegen migrantische Menschen, Queere, Jugendliche und viele andere Unterdrückte vorgeht, ist uns nicht fremd. Jule (15), Schülerin in Hessen, und eine Bekannte (15) wurden vor drei Wochen Opfer dieser repressiven, unmenschlichen und feigen Behörde. Ein Erfahrungsbericht.

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Kurz vor ein Uhr morgens des 24. Februars saßen ich und eine Bekannte am Bahnhof des Flughafens Frankfurt am Main und warteten auf den kommenden Zug. Aus der Ferne sah ich vier Gestalten, dachte aber zu ihnen nichts Konkretes. Erst wo sie immer näher kamen, merkte ich auch, dass alle vier von ihnen Polizisten waren. Sie steuerten auf uns zu. Gleich bekam ich es mit der Angst zu tun. Ich hatte schon in der Vergangenheit sehr einschüchternde und unangenehme Erlebnisse mit Bundespolizist:innen gehabt. So wusste ich schon gleich, dass wir auch dieses Mal wahrscheinlich die Miese gezogen haben.

Bei uns angekommen, fragten sie nach unserer Identität und Alter. Ich griff nach meinem Ausweis in der Tasche, merkte aber, dass er dort nicht war. Auch meine Begleiter:in konnte sich nicht ausweisen. Wir gaben an, beide 15 Jahre alt zu sein. Bei dieser Bemerkung reagierten die Beamt:innen scharf. Sie forderten uns auf, sie zur Polizeiwache am Flughafen zu begleiten, mit dem Vorwand des im Bundespolizeigesetzes verordneten Paragrafen 39 Gewahrsam, Absatz 3 (2). Wir wären nämlich viel zu jung, um ohne einen Sorgeberechtigten um diese Uhrzeit herumzuirren. Der Zug, auf den wir warteten, war aber der, mit dem wir heimfahren wollten.

Trotz dieses Arguments bestanden sie auf ihr Recht. Wir mussten also mit zur Wache, ob wir es wollten oder nicht. Ich merkte, dass ihr Ton deutlich aggressiver geworden war. Mir war auch bewusst, dass, wenn wir uns ihnen widersetzten, sie uns mit Gewalt zur Wache bringen würden. Dass zwei 15-Jährige gegen vier Polizeibeamte keine Chance haben, war uns sofort klar. So blieb uns nicht viel übrig und wir gingen mit ihnen, wenn auch widerwillig, zur Wache. Auf dem Weg dorthin hatten sie uns auch Gewalt angedroht, falls uns einfiel, wegzulaufen. Auch bei der fehlerhaften Benennung unserer Pronomen versuchten wir sie zu korrigieren – vergebens. Das Resultat daraus war, dass sie bis zur Wache pausenlos queer- und transfeindliche Kommentare von sich gaben.

An der Wache angekommen, mussten wir unsere Taschen leeren. Dabei entzogen sie uns die Tabaktasche meiner Begleitung. Später war davon im Protokoll nichts zu finden. Anschließend kam eine körperliche Durchsuchung, wobei wir an eine Wand gedrückt wurden. Der Beamte, der mich untersuchte, berührte mich oft aggressiv im Intimbereich. Wir wurden auch mit Gewaltandrohung dazu aufgefordert, unsere Fingerabdrücke scannen zu lassen. Nebenbei wurden durchgehend herabwürdige, transphobe und sexistische Kommentare gegeben. Außerdem seien wir wirklich ekelhafte Menschen, da wir schmutzig sind und nicht auf unsere Hygiene achten würden.

Meine Begleitperson wurde in einen getrennten Raum gebracht. Unter Nachfrage, was mit ihr passiere, wurden mir keine Informationen mitgeteilt. Nach einiger Zeit brachte man sie zurück. Ihr Zustand schien mir noch aufgewühlter als zuvor. Unter Vorwand, dass sie unsere Erzieher:innen kontaktieren wollten, beschlagnahmten sie unsere Handys. Ich war wütend und aufgebracht. „Warum tun Sie uns das an? Warum lassen Sie uns nicht einfach in Ruhe?“ Die Beamten brachten auf, dass wir uns nicht an die Gesetzesvorlagen halten würden und dass sie ja nur ihren Job der Gewahrsamnahme machten. Sie beschuldigten uns des Schwarzfahrens. Bei der Taschenkontrolle sahen sie, dass auf meinem Ticket auf einem freien Fleck „ACAB“ geschrieben war. Nach ihrer Angabe wäre das sogar Dokumentenfälschung. Bis zu unserem Heim Escort wurden wir weiterhin verbal provoziert und belästigt. Auch viele Tage später fühlte ich mich weiterhin wie betäubt von diesem Ereignis. Ähnlich schlecht erging es auch der anderen Person. Die Bullen haben mich auf multiplen Weisen schikaniert und bloßgestellt. Am liebsten würde ich das alles vergessen.

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