Flüchtlingsghetto auf dem Tempelhofer Feld

04.02.2016, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

Der Berliner Senat plant auf dem Tempelhofer Feld ein Massenlager für 7.000 Geflüchtete. Damit setzen CDU und SPD einen weiteren Meilenstein in der katastrophalen Behandlung von Refugees.

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Das Tempelhofer Feld ist nach 2014 wieder Parkett für stadtpolitische Konflikte: Damals sprachen sich 64% der Berliner*innen gegen eine vom Senat geplante Randbebauung aus. Bei dem Volksentscheid ging nicht es nur nicht darum, eine Grünfläche für Freizeitaktivitäten zu erhalten, sondern auch um Misstrauen gegenüber Großprojekten des Senats. Für den Senat ging es nicht darum, den dringend benötigten bezahlbaren Wohnraum in Berlin zu schaffen.

Jetzt lädt sich dieser Konflikt erneut auf. Das Feld wird Austragungsort für die Flüchtlings- und Lagerpolitik des Senats. Seit Herbst sind in den Hangars des ehemaligen Flughafens 2.000 Geflüchtete untergebracht. Wie am Berliner LaGeSo herrschen in dieser riesigen Notunterkunft katastrophale Zustände: Die Geflüchteten sind auf engstem Raum, ohne Privatsphäre, untergebracht. Vergangenen Donnerstag beschloss die Koalition aus SPD und CDU, diese Unterbringung auszuweiten und dafür das Gesetz zur Nicht-Bebauung des Tempelhofer Feldes, das auf dem Volksentscheid basiert, zu ändern.

Der permanente Ausnahmezustand

Der Senat plant nun ein riesiges Lager für den permanenten Ausnahmezustand: eine Notunterkunft für 7.000 Geflüchtete, die nicht nur Unterkunft, sondern auch Lebenszentrum für die Menschen werden soll. Diese soll mit einer Großküche, einer Schule, Sporthallen und sogar einem Job-Center ausgestattet sein. Das nimmt den Geflüchteten nicht nur das Recht auf selbstbestimmtes Kochen oder Wohnraum von mehr als zwei Quadratmeter, sondern zeigt vor allem eines: dass die Unterkunft keine Übergangslösung für die Geflüchteten wird, sondern eine längerfristige Bleibe.

Notunterkünfte sollten ursprünglich eine Zwischenstation sein, von der aus die Geflüchteten nach ein paar Tagen in weitergeleitet werden. Bisher ist aber noch keine Person aus den Hangars in einer Wohnung untergebracht worden. In diesem Lager wird Geflüchteten eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verwehrt. Sie werden davon abgehalten, sich in selbstgewählten Strukturen zu bewegen – gerade Schulen und Sport wären die besten Möglichkeiten, mit anderen in Kontakt zu kommen oder Deutsch zu lernen.

Mit dieser politisch gewollten Isolation und Abschreckung übertrifft der Senat sich in seiner rassistischen Politik mal wieder selbst. Jedoch sind auch die Zustände in anderen Unterkünften miserabel. Es gibt genug Containersiedlungen in Industrievierteln, aus denen die Geflüchteten nur schwer weg kommen. Deswegen muss betont werden: Geflüchtete sollen Zugang zu Wohnraum erhalten!

100% falsche Wohnungspolitik

Die Grünfläche des Feldes soll laut Senatsplänen nicht angetastet werden, die Unterkunft wird auf den betonierten Flächen neben dem Flughafengebäude entstehen und „lediglich“ bis Ende 2019 bestehen. Die Initiative 100% Tempelhofer Feld befürchtet jedoch, dass der Senat damit Türen für eine weitere Bebauung eröffnet hat. Schon im Sommer, bevor Geflüchtete in den Hangars untergebracht wurden, meinte Bürgermeister Müller, dass man erneut über die Bebauung des Feldes diskutieren solle.

Wie auch schon in der Debatte um den Volksentscheid, rechtfertigt der Senat die Pläne mit der angespannten Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Diese Regierung hat mittels Privatisierungen genau diese Lage herbeigeführt. Durch den vermeintlichen Wohnungsmangel werden Geflüchtete und Berliner*innen mit geringem Einkommen gegeneinander ausgespielt. Doch Geflüchteten Zugang zu Wohnraum zu geben, muss nicht bedeuten, dass Menschen weiter verdrängt werden und auch nicht, dass das Tempelhofer Feld bebaut werden muss. Der Flüchtlingsrat Berlin hat einen Alternativplan zu Massenlagern vorgelegt, in der verfügbarer Wohnraum in Berlin aufgezeigt wird. Dazu gehören circa 10.000 illegale Ferienwohnungen, die ab sofort verfügbar wären. Noch größer wird der Leerstand aus spekulativen Grünen geschätzt. Ein Problem ist jedoch, dass Eigentum vom bürgerlichen Staat geschützt wird. Um mehr Wohnraum zu schaffen, gäbe es dagegen viele Möglichkeiten: Leerstand sanktionieren, zwangsvermieten, beschlagnahmen, enteignen.

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