Eskalation an der HU: Uni-Leitung sperrt studentische Selbstverwaltung aus

01.03.2017, Lesezeit 3 Min.
Gastbeitrag

Knapp einen Monat lang fand in den Räumen des Instituts für Sozialwissenschaften (ISW) der Humboldt-Universität studentische Selbstverwaltung und Vernetzung mit stadtpolitischen Initiativen statt. Dem wurde Anfang der Woche seitens der Leitung der Universität buchstäblich ein Riegel vorgeschoben: Schließzylinder wurden ausgetauscht und studentische Vertreter*innen ausgesperrt.

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Transparente «Holm geht - wir bleiben!» und «Institut besetzt - Holm bleibt» hängen am 20.01.2017 in Berlin an einem Instituts-Gebäude der Humboldt-Universität. Studenten halten das Gebäude seit der Kündigung des stasibelasteten ehemaligen Staatssekretärs und wissenschaftlichen Mitarbeiters Holm besetzt. Foto: Paul Zinken/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit

Zum Abschluss des Besetzung des ISW hatten die Besetzer*innen einen Raum unter permanente studentische Selbstverwaltung gestellt. Doch in der Nacht zum Montag tauschte die Universitätsleitung das Schloss zu dem Raum, der als selbstverwalteter Ort der politischen Arbeit – auch über die Uni hinaus – weiterbestehen sollte, aus.

Doch nicht nur das: Gleiches mit dem Schloss zu dem seit Jahren bestehenden Raum der Fachschaft. Begründet „mit einem de facto Generalverdacht gegen den Fachschaftsrat bzw. dessen Mitglieder für verschiedenste vermeintliche Straftatbestände“ stellt dies einen dreisten Angriff auf ein demokratisch legitimiertes hochschulpolitisches Gremium dar, das die Interessen der Studierenden am ISW vertritt.

In der Stellungnahme der SoWi-Fachschaft heißt es:

Wir verurteilen dieses maßlos überzogene Vorgehen gegen ein legitimiertes Gremium der verfassten Studierendenschaft sowie die Folgen für alle aufs Schärfste. Uns als Fachschaft wird so, ohne hinreichende Begründung, eine wesentliche Grundlage unserer Arbeit genommen. Statt die Demonstration offener studentischer Selbstorganisation durch die Besetzer*innen von #iswbesetzt zu begrüßen, bekämpft die Universitätsleitung damit studentische Mitbestimmung selbst dort, wo sie bereits seit Jahrzehnten etabliert ist. Sie legt damit abermals eine feindliche Haltung gegenüber studentischer Mitbestimmung an den Tag und eskaliert die Situation unnötig. Die krampfhafte Suche nach „Schuldigen“ unterläuft so auch den am ISW zu hörenden Wunsch nach einer „Rückkehr zu Normalität“. Hat etwa unliebsame Fachschaftsarbeit keinen Platz in dieser Normalität?

Zusätzlich zweifeln wir die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen massiv an. Der Fachschaftsraum wurde durch eine Überlassungsvereinbarung dem Fachschaftsrat zur Nutzung und Verwaltung überantwortet. Eine solche Vereinbarung kann nicht ohne Weiteres mit Verweis auf das Hausrecht übergangen werden. Zuletzt möchten wir auch noch auf unsere im Berliner Hochschulgesetz (§18 Abs. 2) verankerten Aufgaben hinweisen, deren Erfüllung uns durch die Maßnahmen der Universitätsleitung zur Zeit unmöglich gemacht wird.

Die Universitätsleitung um Sabine Kunst zeigt damit, dass die Kritik an dem undemokratischen Umgang mit studentischen Interessen, die von Studierenden von Anfang an formuliert wurde, stets berechtigt war.

Die Repressionsmaßnahmen sollen nun alleine dazu dienen, weitere studentische Proteste einzudämmen und die Studierenden einzuschüchtern:

Eine erneute Besetzung des Instituts oder einzelner Räume wird die Universitätsleitung nicht dulden.

Dabei zeigt sich ganz klar die Absurdität der Maßnahmen der Universitätsleitung: Der Zustand der Räume als nicht benutzbar für Studierende wurde von ihr erst in Kraft gesetzt. Die Studierenden und Beschäftigten am Institut sollten nur gegeneinander ausgespielt werden. Ein wirkliches Interesse daran, dass die Räume zum Arbeiten genutzt werden, war bei Sabine Kunst nie vorhanden. Sie verharrt weiter auf ihrem „Hygiene“-Standpunkt, der in ihrer Universität keine abweichende Meinung dulden kann, wenn sie aufhört, Meinung zu sein und beginnt, praktisch zu werden.

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