Erdogan lässt linke Studierende in Istanbul verhaften

26.03.2018, Lesezeit 3 Min.
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Student*innen der Universität Boğaziçi in Istanbul protestierten gegen eine Aktion islamistischer Studierender zur Unterstützung des Krieges der türkischen Armee in Afrin. Jetzt wurden die Demonstrant*innen von der Polizei verhaftet. Der türkische Präsident hat geschworen sie auszuweisen, weil sie "Terroristen" sind.

„Das sind terroristische Jugendliche!“ Das sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan über linke Student*innen an der renommierten Universität Boğaziçi in Istanbul. Er sprach am Samstag auf einem Kongress seiner regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP).

Am vergangenen Montag versammelten sich rund 20 islamistische Student*innen an der Universität Boğaziçi, um den Sieg der türkischen Armee in der syrischen Provinz Afrin zu feiern. Sie verteilten Süßigkeiten (Lokum, auch bekannt als „Turkish delight „) an Passant*innen.

Linke Schüler*innen und Kriegsgegner*innen organisierten einen Gegenprotest. Etwa 25 von ihnen hielten ein Banner mit der Aufschrift: „Es gibt nichts zu feiern an Krieg und Besatzung!“ Es war ein friedlicher Protest.

Sofort begann in den sozialen Medien eine Hetzjagd gegen die Aktivist*innen, die bald von den Massenmedien aufgegriffen wurde. Der Universitätsdirektor verteidigte die „Redefreiheit“ der islamistischen Student*innen während er die Anti-Kriegsaktivist*innen „Terroristen“ nannte – ohne irgendeine weitere Erklärung. Das ist typisch für die Türkei Erdogans: Jedwede Opposition gegen die Regierung wird als „terroristisch“ bezeichnet. Die AKP versucht das Universitätsgesetz zu ändern, um den Ausschluss von Student*innen aus der Universität zu erleichtern und so die Kritik zum Schweigen zu bringen.

Am Donnerstagmorgen wurden sechs Student*innen von der Polizei in ihren Häusern verhaftet. Bis zum Mittag des selben Tages hatten sich Student*innen an der Universität Boğaziçi versammelt, um gegen die Repression zu protestieren. Vor Ort wurden sieben weitere Personen von der Polizei festgenommen. Von den 13 am Donnerstag Verhafteten, wurden sieben am selben Tag und drei weitere am Freitag wieder freigelassen. Noch ein*e weitere*r Aktivist*in wurde am Freitag festgenommen. So verbleiben im Moment vier Student*innen im Gefängnis.

Die meisten Aktivist*innen kommen von der Marksist Fikir Toplulukları (Gemeinschaft für Marxistische Ideen, MFT) und der Sosyalist Emekçiler Partisi (Sozialistische Arbeiter*innenpartei, SEP), trotzkistische Organisationen mit einer langen Tradition an der Istanbuler Universität.

Der Präsident hat die verhafteten Studenten persönlich verurteilt. „Die gottesfürchtige, nationale und lokale Jugend verbreitete Turkish delight für Afrin“, sagte Erdogan auf dem AKP-Kongress in Samsun, laut der Nachrichtenseite Ahval. Dann „versuchten diese kommunistischen, landesverräterischen Jugendlichen, den Stand zu zerstören. Sie sind terroristische Jugendliche.“ Erdogan versprach, linke Student*innen aus der Universität auszuschliessen. „Wir werden ihnen nicht das Recht geben, zu studieren. Universitäten dürfen keine terroristischen Jugendlichen erziehen.

Erdogan hatte zuvor erklärt, dass die Universität Boğaziçi keine „türkischen Werte“ repräsentiere. Trotz zunehmender Repressionen der Erdogan-Regierung gegen die akademischen Freiheiten, gibt es immer noch eine starke linke Bewegung in Boğaziçi. Erdogan versucht nun mit Kriegspropaganda und polizeilicher Repression, die Studierendenbewegung dort zu brechen.

Wir bekunden unsere uneingeschränkte Solidarität mit den verhafteten Student*innen und fordern ihre sofortige Freilassung. Wir unterstützen ihren Kampf gegen Erdogans autoritäre Regierung und den Krieg gegen die Kurd*innen und andere Völker in Afrin.

Der Artikel im englischen Original auf unser US-amerikanischen Schwesterseite Left Voice.

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