Erdogan fordert die Türk*innen auf, Lira zu kaufen

13.08.2018, Lesezeit 5 Min.
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Inmitten der Kursänderung, die die Lira in diesem Jahr bisher um 75% abgewertet hat, bat Erdogan die türkische Bevölkerung, ihre Dollar und ihr Gold zu verkaufen. Trump kündigte Zölle auf Aluminium und Stahl an.

Die wirtschaftliche Lage in der Türkei, die sich infolge der Abwertung verschlechtert, hat an diesem Freitag zwei neue schlechte Nachrichten erhalten. Auf der einen Seite forderte Präsident Erdogan die Bevölkerung auf, ihre Devisen zu verkaufen, um die türkische Lira zu retten, was wie ein schlechter Witz schien, während Trump neue Zölle auf Aluminium ankündigte, die einen Schock auslösten.

Das Szenario scheint komplex zu sein. Die türkische Währung, die Lira, wurde in diesem Jahr bereits um 75 Prozent abgewertet. Allein in diesem Monat waren es um die 25 Prozent.
An diesem Freitag sank die Lira um 14%, weshalb Präsident Tayyip Erdogan in einem Zustand der Verzweiflung an den Nationalismus appellierte, um die zunehmende Abwertung der Lira zu beenden. In einer Rede vor seinen Anhänger*innen bat der Präsident die Bevölkerung, Gold, Dollar und Euro gegen Lira einzutauschen.

„Wenn jemand Dollar oder Gold unter der Matratze hat, sollte er sie in unseren Banken gegen Lira eintauschen. Dies ist eine nationale Schlacht“, sagte Erdogan einer Menge in der nordöstlichen Stadt Bayburt. Weiter sagte er:“Dies wird die Antwort meines Volkes gegen diejenigen sein, die einen Wirtschaftskrieg gegen uns geführt haben“.
Der Präsident appellierte damit an den Patriotismus der türkischen Bevölkerung, während er gleichzeitig behauptete dass eine düstere „Zinslobby“ und westliche Rating-Agenturen versuchen würden die türkische Wirtschaft zu sabotieren.

Um deutlich zu machen, dass sein „Kampf“ um die Lira einfacher Nationalismus ist, verglich Erdogan den Kampf gegen die Abwertung der Lira mit dem Krieg gegen seine Gegner und verglich die Niederlage des Putschversuchs vom Juli 2016, mit der Niederlage, den er nun den Spekulant*innen beibringen möchte: „Sie scheiterten mit dem Putsch vom 15. Juli. Sie werden wieder verlieren wie zuvor“, sagte er.

Schlimmer noch, er verglich es mit den angeblichen Terror-Organisationen in der Türkei, womit er die gesamte Opposition meint: „Wir haben den Islamischen Staat und die YPG in Syrien getroffen, die PKK im Irak, und wir haben den von FETÖ organisierten Putsch beendet, jetzt kommen sie zu uns mit einem Dollarkurs, aber wir werden auch diesen Plan durchkreuzen“.

Trotz der Bemühungen von Erdogan setzte der Lira-Kurs jedoch seinen Fall fort. Dieser wurde durch die Ankündigung der USA vorangetrieben, die Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium aus türkischer Produktion zu erhöhen.

Donald Trump sagte am Freitag, dass er eine Erhöhung der Zölle auf Einfuhren aus der Türkei genehmigt habe. Die Zölle sollen auf 20 Prozent für Aluminium und 50 Prozent für Stahl festlegt werden.

In einer provokanten Botschaft wies Trump auf Twitter darauf hin, dass die Lira „schnell gegen die große Stärke unseres Dollars fällt!“ Er schrieb in einem weiteren Tweet, dass „unsere Beziehungen zur Türkei im Moment nicht gut sind“.

Trump scheint also den Mechanismus für den Umgang mit seinen Konkurrent*innen oder Gegner*innen weiter zu verfeinern. Der Handelskrieg und das Verhängen von Zöllen haben ihm mitten im Wahlkampf zu den Halbzeitwahlen ein günstiges wirtschaftliches Szenario beschert, doch ohne das damit die Kampfbereitschaft der anderen Mächte sprunghaft ansteigen würde, welche er auf einem Gipfel nach dem anderen vorführt.
Die Krise breitete sich auch außerhalb der Türkei aus. So verkaufen Investor*innen Anteile von europäischen Banken, die viel in der türkischen Wirtschaft mitmischen.

Der neue Finanzminister Berat Albayrak – Erdogans Schwiegersohn – erkannte an, wie unerlässlich eine unabhängige Zentralbank für die Wirtschaft unerlässlich ist. Er versprach eine größere Haushaltsdisziplin und den Strukturreformen Vorrang zu geben.

Die Abwertung der Lira hat die Besorgnisse über Inventionen in der Türkei verstärkt. Insbesondere fragt man sich , ob überschuldete Unternehmen in der Lage sind, aufgenommene Kredite, die den Bauboom unter Erdogan finanzieren, in Euro und Dollar zurückzuzahlen.

Erdogans trotziger und wenig glaubwürdige Ton verstärkt angesichts der Krise die Nervosität unter den Anleger*innen.

Die Lira, die in diesem Jahr ein Drittel ihres Wertes verloren hat, belief sich bei rund 6,05 Lira pro Dollar. Das sind fast 9 Prozent weniger war als am Vortag.

Der Artikel auf La Izquierda Diario.

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