Einrichtungen ohne Personalmangel sind die Ausnahme

15.02.2022, Lesezeit 3 Min.
Gastbeitrag

Der Durchseuchungskurs der Regierung treibt Beschäftigte an Kitas und Eltern an ihre Grenzen. Wir haben ein Interview mit einem Erzieher-Azubi über die aktuelle Lage in den Kitas geführt.

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Bild: Ballygally View Images/ Shutterstock.com

Wie ist die aktuelle Situation in deiner Kita bezüglich der Corona-Pandemie?

Zum einen kommt es durch Corona vermehrt zu Personalausfällen, gleichzeitig wächst die zusätzliche Belastung auf das Personal durch wöchentlich neue Coronafälle oder positive Tests bei den Kindern. Aufgrund des Personalmangels kommt es oft dazu, dass ein:e Erzieher:in, beziehungsweise ich als Azubi eine ganze Gruppe alleine betreuen muss. Dadurch ist es nahezu unmöglich dem pädagogischen Auftrag nachzukommen und den Kindern eine qualitative Erziehung zu ermöglichen. Bei uns kam es bisher zum Glück noch nicht zu einer Gruppenschießung, anscheinend sind aber allein in München mindestens 200 Einrichtungen davon betroffen. Außerdem werden an Grundschulen bei Coronafällen keine Kontaktpersonen mehr ermittelt, wodurch auch das Infektionsrisiko im Hort und im Tagesheim steigt, wo sich die Klassen mischen. Der Durchseuchung wird also freier Lauf gelassen.

Wie wird unter deinen Kolleg:innen über die Politik der Regierung diskutiert? Welche Stimmung gibt es?

Es gibt beim Personal kein Verständnis für die Maßnahmen der Regierung und die Vorgaben für den Kita-Alltag, da sie wöchentlich geändert werden und es keine Klarheit darüber gibt, welche Regelungen gerade gültig sind. Wir haben das Gefühl, mit den Problemen und Aufgaben allein gelassen zu werden, während die Durchseuchung weiter fortschreitet. Und das alles auf Kosten der Beschäftigten, der Familien und der Kinder.

Die Situation in Kitas war auch schon vor der Pandemie teilweise katastrophal, sowohl was die Arbeitsbelastung als auch die Entlohnung angeht. Was denkst du dazu?

Der Sektor der Erziehung ist schon lange unterfinanziert und totgespart, das ist allgemein bekannt. Einrichtungen ohne Personalmangel sind eher die Ausnahme. Außerdem wäre die Situation in den Kitas ohne uns Azubis nicht tragbar, auch schon vor der Pandemie. Wir müssen teilweise die Arbeit leisten, die ausgebildete Beschäftigte leisten und werden dafür mager bezahlt. Das Gehalt ist im Vergleich zu anderen Ausbildungen zwar höher, trotzdem gehören wir Azubis zum Niedriglohnsektor und der Lohn reicht lange nicht für den Lebensunterhalt in der Stadt. Auch die Qualität der Ausbildung leidet unter den Umständen, die in den Kitas herrschen, da wir gerade so die Betreuung gewährleisten können, während pädagogische Inhalte in der Praxis hinten wegfallen. Gleichzeitig zeigt sich der krasse Personalmangel und andere Probleme auch an unserer Fachschule, die aktuell auf dem Kopf steht.

Was wäre nötig, um heute in den Kitas eine Situation herzustellen, die für Beschäftigte, Kinder und Eltern besser funktionieren würde?

Die Durchseuchungspolitik der Regierung muss enden. Positiv Getestete und Kontaktpersonen müssen unter Lohnfortzahlung freigestellt werden. Unter den aktuellen Bedingungen leiden nicht nur die Beschäftigten an den Kitas, sondern auch die Eltern, die durch die Pandemie zusätzlich mit der Kinderbetreuung belastet sind, wenn ihr Kind nicht in die Kita kann. Es braucht in erster Linie mehr Personal. Anders können die aktuellen Probleme nicht gelöst werden. Es braucht höhere Löhne für Beschäftigte und Azubis, um den Personalmangel auszugleichen.

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