Dossier

Der deutsche Faschismus

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Heute vor 75 Jahren kapitulierte die Wehrmacht. Anlässlich der Niederlage des deutschen Faschismus ist der 8. Mai dieses Jahr in Deutschland ein Feiertag – und der Tag antirassistischer Mobilisierungen. Verschiedene Initiativen haben einen Tag des Zorns ausgerufen, um auf die Kontinuität der faschistischen Ideologie in Bezug des rassistischen Anschlags in Hanau aufmerksam zu machen.

Mit diesem Dossier wollen wir einen Beitrag dazu leisten, eine revolutionär-marxistische Sicht auf den Faschismus zu stärken, die als Werkzeug für die kommenden Kämpfe dienen kann.
Rechte Tendenzen sind seit Jahren auf dem Vormarsch
Die Welt befindet sich mit der COVID-19 Pandemie in einer noch nie zuvor gesehenen Krise. Alle Regierungen stellen hierbei die Profite der Unternehmen vor die Leben und Gesundheit der arbeitenden Bevölkerung. Die rechten Regierungen handeln besonders kriminell, leugnen das Virus und lassen Arbeiter*innen sterben, um Profite zu sichern. Die sozialen Folgen des Virus könnten somit einen Boden für eine Stärkung der rechten Demagogie werden.

Schon vor der raschen Verbreitung des Virus sahen wir über die letzten Jahren ein Aufkommen rechter Regierungen in vielen Regionen der Welt: In Ungarn und Polen regieren rechtskonservative, rassistische und antisemitische Kräfte, in Lateinamerika haben wir mit Brasiliens Bolsonaro ein Paradebeispiel für einen rassistischen Rechtsradikalen im Dienste des US-Imperialismus. Und dann wären da natürlich noch Donald Trump und sein “kleiner Bruder” Boris Johnson.

Und der Rechtsruck geht über die Regierungswechsel hinaus: auch in vielen anderen Ländern entstanden als Antwort auf die Folgen der der Finanzkrise von 2008 rassistische und rechtsradikale Parteien mit faschistischen Elementen, wie Rassemblement National in Frankreich, die Lega Nord in Italien – und hierzulande die AfD.
Der Faschismus in Zeiten von Corona
Seit der Ausbreitung der Pandemie erreichen uns erschreckende Nachrichten aus den USA: faschistische Milizen stürmten das Parlament in Michigan, um gegen die Quarantäne zu protestieren, in Denver stellten sich Pfleger*innen heroisch gegen rechtsradikale Demonstrationen.

Diese rechte Radikalisierung während der Pandemie ist kein Zufall, sondern Produkt der kapitalistischen Krise, die in den USA bereits 26 Millionen Arbeitsplätze kostete und Kleinunternehmer*innen die Existenzgrundlage entzieht. Zerfressen von Rassismus und Nationalismus, und ohne echtes Gegengewicht in der US-amerikanischen Arbeiter*innenbewegung, die zwar in den letzten Jahren grandiose Streiks durchführte, aber immer noch fest in der Hand der bürgerlichen Parteien (und deren linken Vermittler*innen wie Bernie Sanders oder AOC) ist, wendet sich das Kleinbürger*innentum gegen die rassistisch und sexistisch Unterdrückten und die Arbeiter*innen.

Dabei müsste die Arbeiter*innenklasse die berechtigte Wut der Bevölkerung gegen den Staat und das Großkapital kanalisieren, und dabei dem Rassismus und anderen verächtlichen Ideologien keinen Fußbreit geben. Nur so kann der Rechtsruck bekämpft und der Faschismus verhindert werden. Um das schaffen zu können, ist ein Programm der Arbeiter*innenklasse notwendig, für das die Gewerkschaften und andere Organisationen in den Kampf treten können, um den verarmten Massen zu zeigen, wer ihre Verbündete und wer ihre Feind*innen sind.
Faschismus in Deutschland
Aktuell haben wir in der BRD aufgrund der relativen Stabilität noch keine bewaffneten faschistischen Milizen auf der Straße. Das liegt jedoch in erster Linie daran, dass Deutschland nicht so stark von der Pandemie betroffen ist wie die USA. Die Arbeitslosigkeit steigt zwar, doch bei weitem nicht so rasant wie in den Vereinigten Staaten. Außerdem existieren Subventionen für kleine Unternehmen, die das Kleinbürgertum momentan noch ruhig stimmen können.

Dennoch hören die faschistischen Attentate und alltägliche rassistische Gewalt in Deutschland nicht auf. Der deutsche Staat definiert die faschistischen Attentate als Einzelfälle, doch besonders seit der kapitalistischen Krise 2007/08 gibt es allerdings einen Anstieg an rassistischen Gewalttaten, die die Verstrickung faschistischer Zellen in deutschen Behörden und Repressionsorganen an die Oberfläche bringen.

Die Gewalttaten, die Hetze von AfD und Co., sowie die rassistische Gesetzgebung fördern in der Öffentlichkeit das Bild, die Migration sei der Hauptfeind der “Deutschen”. Die Entrechtung von migrantischen und nicht-weißen Menschen sei also im Interesse deutscher Arbeiter*innen und die Kosten für die Krise der Kapitalist*innen sollten demnach die “Nicht-Deutschen” tragen.

Gegen dieses Bild möchten wir mit diesem Dossier eine Perspektive für einen proletarischen Antirassismus vorstellen, um den Rechtsruck in Deutschland zu bezwingen.