Der Staat & die kapitalistische Wirtschaft – Einführung in den Marxismus 2

12.05.2023, Lesezeit 20 Min.
1

Wir leben in Zeiten der Krise: Klima, Kriege und Inflation. Trotz technologischen Fortschritts steigt die soziale Ungleichheit. Das ist kein Zufall, sondern ein Produkt der kapitalistischen Gesellschaft. Um diese Welt verändern zu können, müssen wir sie verstehen. Vortragsreihe der Revolutionären Internationalistischen Organisation

Dies ist der zweite Teil der “Einführung in den Marxismus” – Vortragsreihe. In dieser Episode werden wir uns eingehend mit dem Staat befassen und untersuchen, wie er sich entwickelt hat. Anschließend werden wir auf die grundlegenden Funktionsweisen der kapitalistischen Produktion eingehen.

Hier kannst du dir die Folge auf Youtube und Spotify ansehen oder anhören, oder das Transkript des Vortrags nachlesen.

Wir beschäftigen uns damit, was ein Staat eigentlich ist und wie er sich im Laufe der Geschichte entwickelt hat. Das Wissen über das Wesen des Staates kann uns dabei helfen, zu erkennen, welche Rolle er in einer kapitalistischen Wirtschaft einnimmt.

Der Staat ist keineswegs etwas, das die menschliche Geschichte durchzieht. Primitive Gesellschaften hatten eine gemeinschaftlich organisiertes Gemeinwesen, doch ein Staat konnte sich erst dann herausbilden, sobald die Funktionen zum Vorrecht einer besonderen Gruppe ausgeübt wurden. Diese Entwicklung hängt eng zusammen mit der Entstehung gesellschaftlichen Mehrproduktes. Wenn nicht genügend vorhanden ist, ist die Teilnahme jedes Einzelnen notwendig, um die Existenz der Gemeinschaft zu sichern. Dadurch dass man in der Lage war mehr zu produzieren, wurde es möglich, für Teile der Gesellschaft für Anhäufung der Produktion und deren Verwaltung zu sorgen, aber auch andere Mitglieder der Gemeinschaft, von den politischen Funktionen auszuschließen.

Marx hat es wie folgt im ersten Band des Kapitals formuliert:

“Braucht der Produzent alle seine Zeit, um die zur Erhaltung seiner selbst und seiner Rasse nötigen Lebensmittel zu produzieren, so bleibt ihm keine Zeit, um unentgeltlich für dritte Personen zu arbeiten. Ohne einen gewissen Produktivitätsgrad der Arbeit keine solche verfügbare Zeit für den Arbeiter, ohne solche überschüssige Zeit keine Mehrarbeit und daher keine Kapitalisten, aber auch keine Sklavenhalter, keine Feudalbarone, in einem Wort keine Großbesitzerklasse.”

Eine Klasse wird immer danach bestimmt, welche Stellung sie im Produktionsprozess einnimmt. Die herrschende Klasse sorgt dafür, dass diejenigen, die produktiv sind, getrennt werden von den Funktionen, die über ihre Produktion bestimmen. Heutzutage gibt es eine produzierende Klasse, die Arbeiter:innen und jene Klasse, die die Bedingungen grundlegend kontrollieren, die Kapitalist:innen.

Hier wird klar, dass es im Staat nicht nur um die Verwaltung und Organisation einer Gesellschaft geht, sondern um dessen Rolle, die Herrschaft einer Klasse über eine andere, zu gewährleisten. Um dies sicherzustellen, braucht es das Gewaltmonopol in den Händen des Staates. Engels nennt deshalb auch den Staat eine “besondere Formationen bewaffneter Menschen”. Es gibt zwar andere Funktionen, die ein Staat erfüllt, aber grundlegend für seine Existenz ist die Unterdrückung eines Teils der Gesellschaft durch einen anderen.
Dafür benötigt es öffentliche Gewalt, in deren Dienste Armee, Polizei, Bürokratie, Geistlichkeit oder Richter sind, die im Kapitalismus den Zweck haben, das Funktionieren der Geschäfte für die Kapitalist:innen zu garantieren. Für eine längere Ausführung über diese Organe, insbesondere die Polizei, haben wir hier keine Zeit. Doch lässt sich feststellen: Die Form der Polizei änderte sich im Laufe der Jahrzehnte und passte sich an die politischen Situationen an, ob wie in ihren Anfängen als staatliche Antwort auf die erstarkende Arbeiter:innenbewegung in Preußen, zur Disziplinierung Deutscher Kolonien, bis heute, wo Demonstrant:innen angegriffen werden, um die Kohle von RWE oder Eigentum und Produktionsabläufe anderen Unternehmen zu verteidigen. Vom Deutschen Reich, über die Weimarer Republik, den Faschismus und die deutsche Bundesrepublik heute. Die Funktion der Polizei bleibt im Kern die gleiche: die Aufrechterhaltung der herrschenden kapitalistischen Ordnung, die Niederschlagung und Erstickung der Arbeiter:innenbewegung und die Repression gegen die unterdrückten und ärmsten Teile der Gesellschaft.

Doch keine Herrschaft kann lange durch reine Repression an der Macht bleiben. Wie die Geschichte zeigt, sind das sehr instabile Gebilde. So muss der Staat auch eine ideologische Rolle erfüllen, damit die ausgebeuteten Teile der Gesellschaft das System als unausweichlich und alternativlos ansehen, so wie das auch heute geschieht. So bekommt man ständig zu hören, dass der Kapitalismus halt die natürliche Ordnung sei, die Natur des Menschen egoistisch, oder dass ein anderes System nicht möglich wäre.

In jeder Klassengesellschaft sind die Ideen, die der herrschenden Klasse und fallen nicht einfach vom Himmel. Die Produktion von Medien, Kunst und Kultur stehen zu gewissen Grad in materieller Abhängigkeit zu den Besitzenden und sind selbst der Marktlogik unterworfen. Springer, Bauer, Burda und Bertelsmann und Co. – insgesamt gibt es 11 große Medienkonzerne in Deutschland. Sie liegen in den Händen von Milliardären und teilen den Pressemarkt in Deutschland unter sich auf. Staatliche Institutionen wie Schulen oder Universitäten leisten ebenfalls einen erheblichen Beitrag zur Reproduktion von bürgerlicher Ideologie. Es gibt auch weitere Mittel, wie die politische Einbindung der Zivilgesellschaft, die Schaffung von Privilegien für bestimmte Gruppen oder die Vermittlung der politischen und gewerkschaftlichen Bürokratien der Massenorganisationen, tragen dazu bei. Als Beispiel ist hier die konzertierte Aktion zu nennen. Bei der sich Gewerkschaftsführungen, mit Unternehmen und Regierung an einen Tisch gesetzt haben, um Protest und Arbeitskämpfe gegen Preissteigerungen abzumildern. All diese Dinge tragen zur bürgerlichen Hegemonie bei.

Ein Grundprinzip der bürgerlichen Demokratie ist die Trennung der Massen von der Regierung des Staates. Diese Trennung kommt durch mehrere Mechanismen zustande: Zum einen sind jetzt die Massen nicht an der direkten Verwaltung der gesellschaftlichen Einrichtungen der Produktion und Reproduktion, wie Fabriken, Unternehmen, Produktionsstätten, Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen etc. beteiligt, in denen sie arbeiten; zum anderen beschränkt der bürgerliche Parlamentarismus die Machtausübung der Bevölkerung auf nur wenige repräsentative Wahlen – wie bei uns alle vier Jahre. Dadurch wird die Arbeiter:innenklasse von ihrer eigenen Macht, die aus ihrer Stellung in der Produktion erwächst, entfremdet, individualisiert und zu abstrakten „Bürger:innen“ gemacht – eine Vertuschung der Existenz unterschiedlicher Klassen also.

Darüber hinaus zeichnet sich die bürgerliche Gesellschaft durch eine Trennung der exekutiven (Regierung), legislativen (Gesetzgebung) und judikativen (Justiz) Funktionen aus, die dazu führt, dass die Bevölkerung keine demokratische Kontrolle über Staatsbeamt:innen, Richter:innen und die politische Kaste des bürgerlichen Staates hat.

Herrschaft wird also nicht nur mit strikten Zwangsmaßnahmen durchgesetzt, die von den Massen offensichtlich als repressiv und autoritär wahrgenommen werden. Eine Kombination aus Zwang und Konsens ist dagegen eher geeignet, die Illusionen in die bürgerliche Demokratie aufrechtzuerhalten, sodass sie den Kampf „freiwillig“ aufgeben oder ihn gar nicht erst aufnehmen. Die Teile, die trotzdem kämpfen, können auch in der bürgerlichen Demokratie durch Zwangsmaßnahmen diszipliniert werden. Je nach Lage des Klassenkampfes und den Gefahren für ihre Herrschaft kann die Bourgeoisie es als nötig ansehen, eine andere Regierungsform aufzubauen, bis hin zur repressivsten, dem Faschismus, wo wir in den späteren Sitzungen nochmal stärker darauf eingehen werden.

Der kapitalistische Staat hat nicht nur eine ideologische und repressive Rolle, sondern dient auch dazu, den Ablauf der kapitalistischen Produktion zu sichern, also mit Gesetzen, zum Beispiel wenn wir jetzt alle anfangen würden uns zu töten, wäre die Stabilität unserer Gesellschaft nicht gewahrt und damit auch nicht die kapitalistische Produktion. Ähnliches konnten wir in den Anfängen der Covid Pandemie beobachten. Zwar waren Schutzmaßnahmen für die Unternehmen nicht vorteilhaft. Dennoch gab es zeitweise Lockdowns und Schutzmaßnahmen, die zwar vollkommen unzureichend waren, jedoch gab es sie. Schließlich hätte ein Zusammenbrechen der Gesundheitsversorgung noch weitaus größere Schwierigkeiten bedeuten können.

Die Bereitstellung von Infrastruktur ist genauso Aufgabe des Staates und ist notwendig, um einen nationalen Binnenmarkt zu formen. Aber auch Währungssysteme, Konjunkturprogramme und Freihandelsabkommen sind dazu zu zählen. Hier sieht man, dass man das allgemeine Interesse des Bürgertums nicht mit den individuellen Interessen eines Kapitalisten gleichsetzen kann. So gibt es verschiedene Kapitalfraktionen, die sich durch politische Kämpfe innerhalb der Regierung ausdrücken können, beispielsweise in der Frage, wie sich unsere Handelspolitik mit China entwickeln soll oder wie oder ob die Energiewende und Strukturwandel vonstattengehen soll. Deshalb ergibt es Sinn, den Staat auch als “ideellen Gesamtkapitalist” zu begreifen.

In Zeiten der relativen Stabilität sind Konflikte des Klassenkampfes begrenzt und die Produktionsverhältnisse werden nicht infrage gestellt. Doch dies kann sich schnell ändern in Zeiten der Krisen. Was jedoch nicht bedeutet, dass besonders schlechte Bedingungen zwangsläufig zu einem Aufstieg im Klassenkampf führen müssen. Es ist immer eine Frage der objektiven Faktoren, also der ökonomischen Lage, Regierungspolitik, die Faktoren, die unsere Umstände bestimmen und der subjektiven Faktoren, also dem Bewusstsein, dem Kräfteverhältnisse im Klassenkampf und dem Entwicklungsstand einer revolutionären Partei, die die Kämpfe anführen kann. Diese Bedingungen kann man natürlich nicht starr voneinander trennen, sondern haben Wechselwirkungen aufeinander.

Wenn also der Widerspruch zwischen Produktion und gesellschaftlicher Organisation der Produktionsverhältnisse zu groß wird, kommt es zu sozialen Revolutionen. Die Herrschaft einer Klasse wird durch die andere ersetzt. Deshalb nennen Marx und Engels die kapitalistische Herrschaftsform eine „Diktatur der Bourgeoisie“ und wollen dieser durch einen revolutionären Umsturz eine Diktatur des Proletariats entgegensetzen, die notwendig ist für den Erhalt einer sozialistischen Gesellschaft, mit dem Ziel den Staat als Klassenunterdrückungsinstrument absterben zu lassen – was nicht gleichbedeutend ist mit Organisation und Planung des Gemeinwesens, ganz im Gegenteil!

Von der einfachen Warenproduktion zur kapitalistischen Produktionsweise

Im nächsten Teil möchten wir einen Überblick über die Entwicklung der einfachen Warenproduktion bis zur kapitalistischen Produktionsweise geben. Zusätzlich ist es unser Ziel, ein Verständnis für die grundlegende Funktionsweise des Kapitalismus zu vermitteln.

Ernest Mandel beschreibt in seinem Buch “Einführung in den Marxismus” die primitiven Gesellschaften. Dort besteht ein einfacher Gütertausch zur Befriedigung der Bedürfnisse ohne Anhäufung eines Mehrprodukts. Daraus folgt, dass die dafür aufgewendete Arbeit unmittelbar gesellschaftliche Arbeit ist. Die Produktion von Überschüssen und die fortschreitende Arbeitsteilung führen zu einem privaten Charakter von Arbeit und dem Privateigentum an Produkten. So beginnt man, die Arbeitserzeugnisse zu tauschen, statt die Verteilung der Ressourcen zu planen. Dieser Austausch von Waren und Verteilung von Produktivkräften kann mit dem Wertgesetz beschrieben werden. Der Wert einer Ware wird bestimmt durch die durchschnittlich notwendige gesellschaftliche Arbeit für ihre Herstellung.

Für den Tausch entstand auch schnell ein Tauschmittel in der einfachen Warenproduktion. Daraus konnte sich wiederum Kapital entwickeln. Kapital ist die spezifische gesellschaftliche Beziehung, die einem Kapitalbesitzer erlaubt, sich einen von anderen erzeugten Mehrwert anzueignen. Doch Kapital macht noch keinen Kapitalismus. Kapital brauchte erst die politische Rahmung, um in Mengen akkumuliert zu werden und in die Produktionssphäre einzudringen. Durch diese politische Entwicklung wird der Kapitalbesitzer zum Kapitalisten, demjenigen, der nicht nur Kapital besitzt, sondern die Produktionsmittel und andere den Mehrwert im Produktionsprozess für sich erzeugen lässt. Von Kapitalismus sprechen wir, weil dieses Produktionsverhältnis zwischen Kapitalist:innen und Arbeitenden die dominierende Produktionsform ist, auch wenn es heute noch Subsistenzwirtschaft gibt.

Auch in vorkapitalistischen Gesellschaften, wie dem Feudalismus, wurde die Arbeit von Menschen in einen Teil aufgeteilt, den sie selbst konsumierten, und sie produzierten darüber hinaus einen Teil, den sie an die Herrschenden abgeben mussten. Heute werden wir immer noch ausgebeutet und müssen einen Teil unserer Arbeit abgeben – an den Kapitalisten. Diese Differenz ist der Mehrwert.

Der Wert einer Ware entspricht vielmehr den Werten, die einerseits aus den Produktionsmitteln und den vorigen Produktionsschritten stammen und andererseits dem Wert, den Arbeitende der Ware zusetzt. Die Arbeiterin bekommt für ihre Arbeit also einen Lohn, aber nie so viel, wie sie in der Arbeitszeit tatsächlich an Wert schafft. Das heißt, die Arbeitenden arbeiten immer einen Teil des Tages unbezahlt. Was sie in dieser Zeit schaffen, ist der Mehrwert, den sich Kapitalist:innen als Profit in die Tasche stecken. Am Ende geht es also um eine Aushandlung: Wie viel Zeit des Tages arbeiten die Arbeiter:innen unbezahlt? Oder: Wie viel vom Wert einer Ware stecken sie die Kapitalist:innen ein und wie viel bekommen die Arbeiter:innen?

Die ganze Diskussion um eine Lohn-Preis-Spirale ist Ausdruck dieses Kampfes. Die Kapitalist:innen haben natürlich ein Interesse daran, dass sie in dieser Aufteilung des geschaffenen Werts zwischen Kapital und Arbeit selbst einen immer größeren Teil bekommen. Wenn sich Kapitalist:innen gegen Lohnforderungen verteidigen, dann einfach, weil sie ihre Profite im Sinn haben. Das Märchen von der Lohn-Preis-Spirale (LPS) dient nun schlicht dazu, den Arbeiter:innen auch noch vorzugaukeln, dass es in ihrem eigenen Interesse sei, wenn sie bei den Lohnforderungen Zurückhaltung üben.

Auch heute gibt es wieder Linke oder auch Gewerkschaftsfunktionäre, die mit der Gefahr einer LPS rechtfertigen, dass man keine zu hohen Lohnforderungen stellen dürfe. Oder andersherum loben manche Kommentator:innen die Gewerkschaften auch dafür, dass sie keine zu ambitionierten Tarifabschlüsse erkämpft haben. Was sie komplett außer Acht lassen, sind jedoch die Profite der Kapitalist:innen. Dass diese Zurückhaltung uns nichts nützt, ist hoffentlich einigermaßen klar geworden.

Der Mehrwert besteht also aus unserer unbezahlten Mehrarbeit. Es ist die Arbeit, die den Wert den Waren hinzufügt. Sie ist der Ursprung des Profits der Kapitalisten. Wenn der Arbeitstag verlängert wird oder die Produktivität gesteigert wird, so wächst auch der Mehrwert.

Entstehung des Kapitalismus lässt sich also so zusammenfassen:

  1. Trennung der Produzenten von den Produktionsmitteln
  2. Bildung gesellschaftlichen Klasse, die Monopol an Produktionsmitteln hat: die Bourgeoise
  3. Die Arbeitskraft hat sich in Ware verwandelt

Die kapitalistische Wirtschaft

Gehen wir nun auf die Grundzüge der kapitalistischen Wirtschaft ein. Die Produktion findet unter den Bedingungen des Privateigentums statt. Also die Verfügungsgewalt über Produktionsmittel haben die Unternehmen und Investitionen werden je nach Konjunktur getätigt. Ohne den Verkauf der Ware auf dem Markt kann auch kein Profit aus dem Mehrwert geschlagen werden. Die Produktion wird durch die Zwänge der Konkurrenz bestimmt, wer sich nicht durchsetzen kann, geht bankrott oder wird aufgekauft. Das bedeutet, das Streben nach maximalem Profit, um Kapital zu akkumulieren, ist notwendig, um sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Dafür wird weiter investiert und versucht, die Produktionskosten zu senken, meist durch die Anschaffung von Maschinen, die die Produktivität erhöhen.

Eben jene Regeln bzw. Zwänge der kapitalistischen Produktion haben zum Ausbau von Produktivkräften und der Arbeitsproduktivität geführt. Hieran liegt eben die historisch fortschrittliche Funktion des Kapitalismus. Doch diese können nicht entfaltet werden, durch die Unterordnung der Arbeiter:innen unter die Maschine und durch die Unterwerfung der beschriebenen Marktgesetze. Es kommt zur Entfremdung der Arbeiter:innen von ihren Arbeitsinstrumenten, Arbeitsprodukt, Arbeitsbedingungen und allgemeinen Lebensbedingung, also nicht nur von unserem Arbeitsleben, sondern auch von unserer Freizeit. Unser gesamtes Leben wird den kapitalistischen Spielregeln unterworfen.

Um den Profit, also den Mehrwert zu erhöhen, gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Verlängerung des Arbeitstages oder 2. die Arbeitsproduktivität erhöhen. Dies wird mit rigorosen Mitteln versucht. Dazu zählt, das Aushöhlen der Vierzigstundenwoche oder Überwachungsmethoden, durch Zeitstopps bei Pinkelpausen. Der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne stellt deshalb ein immer konstantes Problem im Kapitalismus dar und wird grundlegend vom Kräfteverhältnis der Arbeitenden zum Kapital bestimmt. Dinge, wie die Vierzigstundenwoche wurden hart erkämpft und sind Errungenschaften aus dem Klassenkampf, auch wenn sie immer wieder angegriffen werden.

Solange dieses Produktionsverhältnis aufrecht bleibt, gibt es immer eine Tendenz zur relativen Verarmung, also obwohl der neu geschaffene Wert größer wird, wird unser Anteil daran kleiner. Dass Löhne der Ausdruck des Kräfteverhältnisses zwischen Kapital und Arbeit sind, ist jetzt gerade in Zeiten der Inflation zu sehen, wo zwar Nominallohnsteigerungen verhandelt werden, aber Reallohnsenkungen die Konsequenz ist. Die Löhne sind aber auch ein Ausdruck Marktpreis der Arbeitskraft, da diese schließlich eine Ware ist. Sie wird durch die Fluktuation der industriellen Reservearmee mitbestimmt, also der Arbeitslosigkeit. Entscheidend dafür ist die Konjunktur.

Die Reserve an Arbeitenden ist nicht abhängig von Migration und Demografie, sondern von der kapitalistischen Logik, Krisen und den Maschinen, die Arbeiter:innen vom Markt drängen. So entscheiden sie über die Entlohnung von Arbeitskraft, zusätzlich zum Klassenkampf – Klassenbewusstsein, Kampfbereitschaft und Organisationsgrad der Arbeitenden.

Zu den kapitalistischen Bewegungsgesetzen zählt also, dass nur Arbeit Wert schafft und so den Mehrwert, der verantwortlich ist für die Profite. Demnach sind für den maximalen Profit die Erhöhung der Mehrwertrate, das Drücken der Produktionskosten und das Steigern der Produktivität zentral. Der Ausbau der Produktionsmittel an Maschinen erhöht dabei massiv die Produktivität und wird notwendig durch die Konkurrenz. Marx nennt das, das konstante Kapital. Das Verhältnis des konstanten Kapitals steigt also im Vergleich zu dem variablen Kapital, also der Arbeitskraft, der Faktor der verantwortlich ist für die Profite.

Aus dem Fakt, dass Profite aus Mehrwert, also Arbeit entstehen, und dem ständigen Ausbau des konstanten Kapitals, entsteht der tendenzielle Fall der Profitrate. Die Profitrate ist das Verhältnis des Mehrwerts zum vorgeschossenen Gesamtkapital. Also nicht die Masse an Profit, sondern das Verhältnis. Dadurch dass die organische Zusammensetzung des Kapitals sich verändert, also der Anteil an Investitionen in Maschinen wächst – im Gegensatz zum variablen Kapital, also den Investitionen in Arbeitskraft, der Teil der den Mehrwert und die Profite erzeugt – sorgt das für einen tendenziellen Fall der Profitrate. Dadurch lohnen sich Investitionen immer weniger. Es handelt sich hier um eine Tendenz, da es nicht nur abwärts geht, sondern auch Gegentendenzen existieren, wie durch die Steigerung der Ausbeutungsrate. Im Endeffekt kann diese Tendenz jedoch nicht neutralisiert werden.

Das zeigt sich am Beispiel der Phase des Neoliberalismus, wo durch Produktivitätssteigerung: Dereguliert, Flexibilisiert, Arbeitsrechte ausgeholt und so Konzernen ermöglicht wird, Profite zu steigern. Die Produktivität kann nicht unendlich gesteigert werden, wie wir in den nachfolgenden Krisen bemerken konnten.

Krisentheorie

Krisen kommen in unserem System periodisch immer wieder und wieder. Selbst die besten Konjunkturpakete und die härtesten Arbeitsmarktregulierungen konnten das nicht verhindern. Krisen ändern sich zwar, aber ihre Kernursache bleibt gleich. Das Grundproblem ist in den eben erklärten sinkenden Profitrate zu finden. Wie Marx zutreffend formuliert:

“Die Profitrate ist die treibende Macht in der kapitalistischen Produktion, und es wird nur produziert, was und soweit es mit Profit produziert werden kann.”

Der Akkumulationsprozess besteht aus periodischen Zyklen. Zeiten des Booms (also des Wachstumes und der Akkumulation) und Zeiten der Krise (Zusammenbruch der Märkte, Banken oder Finanzblasen). Jene Instabilität der Wirtschaft macht sich auch in der Frage des Geldwertes in Form von Preissteigerungen bemerkbar.

Das Versagen der kapitalistischen Produktion, genug Angebot zu liefern, liegt nicht am Krieg oder Covid. Hier ist es besonders wichtig zu betonen, dass der Grund im Absinken der Produktivität und Profitraten liegt, was zur jetzigen Angebotsknappheit und hoher Inflation beigetragen hat. COVID und Krieg, auch wenn sie selbst Ausdruck des Kapitalismus sind, waren also nicht Auslöser, sondern Katalysatoren für die jetzige Krise.

Krisen führen jedoch nicht zum automatischen Untergang des Systems, sondern benötigen die bewusste Aktion der arbeitenden Klasse, um es zu überwinden. Wichtig ist, in solchen Zeiten mit einem Programm zu intervenieren, welches Antworten auf diese Probleme geben kann.

Wir schlagen Forderungen nicht vor, um damit die Inflation zu bekämpfen, die Währung zu stabilisieren oder Wirtschaftskrisen abzumildern. Sondern wir fordern das, was nötig ist, um die Lebensbedingungen der Mehrheit im Land zu bewahren und wollen so aufzeigen, wie eine Brücke dazu geschlagen werden kann, eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen.

1. Wir zahlen nicht für eure Profite: Streiks gegen Inflation und Krieg zusammenführen

2. Kein Cent, kein Mensch für die Bundeswehr: Geld für Klima & Soziales statt für Aufrüstung

3. Weder Putin noch NATO: Krieg beenden, Aufrüstung stoppen

4. Offene Grenzen für Menschen statt für Waffen

5. Gegen Imperialismus und Krieg, hoch die internationale Solidarität

Unser gesamtes Notfallprogramm findet ihr hier.

Mehr zum Thema