Der AfD die Bühne nehmen

02.12.2017, Lesezeit 8 Min.
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Flyer von Waffen der Kritik Berlin zum Bundesparteitag der AfD in Hannover Der herrschende Rassismus hat mit dem Einzug der AfD in den Bundestag eine neue Qualität erreicht. Egal ob Gauland, Weidel oder Höcke: Alle äußern offen ihre rassistischen Positionen gegenüber Migrant*innen und bekommen dafür in den bürgerlichen Medien immer wieder eine Bühne. Nun schaut ganz Deutschland auf den Bundesparteitag der AfD.

Während nach der Bundestagswahl vor allem die internen Streitigkeiten innerhalb der Partei dominierten, bietet das Wochenende in Hannover für die AfD die Möglichkeit, sich öffentlichkeitswirksam als einzige Oppositionsalternative zu den herrschenden Parteien zu profilieren. Doch was die AfD vertritt, ist alles andere als oppositionell. Genau wie die Bundesregierungen der letzten Jahre steht auch die AfD für mehr Abschiebungen, Sozialabbau und Privatisierungen.

Eine arbeiter*innenfeindliche Partei

Zuletzt versuchte der Thüringer Fraktionschef Björn Höcke, sich beim Streik der Siemens-Kolleg*innen demonstrativ auf die Seite der Beschäftigten zu stellen. Mit dem sehr positiven Ergebnis, dass der Rassist von den Kolleg*innen aus der Demonstration geschmissen wurde. Ähnlich erfolglos war auch der Versuch der AfD, sich mit den Streiks des Bodenpersonals an Flughäfen in Berlin zu solidarisieren. Die Versuche, sich als eine Art nationalistische Arbeiter*innenpartei zu inszenieren, stoßen bei kämpferischen Beschäftigten bisher auf Ablehnung. Und doch stärkt der voranschreitende Sozialabbau, die Ausweitung von Leiharbeit und Zeitarbeit die Anziehungskraft der AfD unter abgehängten weißen Arbeiter*innen, die von der herrschenden Politik enttäuscht sind. Damit profiliert sich die Partei nicht nur im Bundestag als Alternative zum Establishment, sondern versucht das mittlerweile auch in den Betrieben.

Dabei steht die AfD keinesfalls für ein Programm im Sinne der Arbeiter*innen. So fordert die AfD unter anderem eine Ausweitung von Privatisierungen, Einsparung bei der Unterstützung von Erwerbslosen und eine Erhöhung des Renteneintrittsalters. Für Reiche und mittelständische Unternehmen fordern sie wiederum steuerliche Entlastungen. Die AfD beantwortet die soziale Frage nicht mit dem Kampf gegen das Kapital, sondern mit rassistischer Hetze gegen migrantische Kolleg*innen.

Die AfD ist rassistisch

Zur rassistischen Normalität in Deutschland gehört nicht erst seit gestern, dass Hetze gegen Migrant*innen und Geflüchtete für Rechte ohne Konsequenzen bleibt. „Die gefährliche Willkommenskultur gefährdet unsere Sicherheit, das Leben und setzt unseren Frieden aufs Spiel. Wir müssen endlich zu einer Kontrolle unserer Grenzen zurückkehren und sämtliche islamistischen Gefährder unverzüglich abschieben.“, schrieb Alice Weidel – mögliche Kandidatin für den neuen Parteivorsitz – erst kürzlich auf ihrer Website. Damit fasst Weidel die Politik der AfD ganz treffend zusammen: Schuld an den politischen und sozialen Problemen in unser Gesellschaft sei nicht etwa der Kapitalismus, nicht etwa der Staat oder die Polizei, sondern – der „Flüchtling“.

Damit steht die AfD jedoch nicht so alleine da, wie sie sich gerne selbst präsentiert. Der geschäftsführende Entwicklungsminister der CSU, Gerd Müller, offenbarte im Sommer dieses Jahres sein kolonialrassistisches Weltbild. Sicher, die meisten führenden Politiker*innen der Regierungsparteien stellen ihren Rassismus weitaus seltener unverhohlen zur Schau. Dennoch ist die jetzige Stärke der AfD im Bundestag nur der offensichtlichste Ausdruck des Rechtsrucks, den alle etablierten Parteien in den letzten Jahren vollzogen haben. So wurden in den letzten Jahren Abschiebungen beschleunigt, die Polizei aufgerüstet und die Diskriminierung von Migrant*innen durch rassistische Gesetze weiter vorangetrieben.

Sexistisch, homo- und transfeindlich

Die AfD versucht  immer wieder, ihre rassistische Politik antisexistisch zu verpacken. Besonders die Ereignisse der Silvesternacht in Köln vor knapp zwei Jahren nutzt die Partei bis heute, um schärfere Maßnahmen gegen „kriminelle Ausländer“ zu fordern – zum Schutz „deutscher Frauen“. Auch hier trifft die Partei auf fruchtbaren Boden in deutschen Ministerien. So nutzte die Bundesregierung die Verschärfung des Sexualstrafrechts vor allem dazu, Geflüchtete noch schneller abschieben zu können. Der AfD geht es dabei allerdings nicht im Geringsten um Frauenrechte. Unter den Zehntausenden Geflüchteten sind zu großen Teilen Frauen, und auch der Familiennachzug, den die AfD – wie auch Union und FDP – ablehnt, betrifft vor allem Frauen und Kinder.

Auch darüber hinaus hetzt die AfD gegen Frauen, Homosexuelle, Trans- und Intermenschen. Erst vor einigen Monaten haben sie sich gegen die „Ehe für alle“ ausgesprochen und schon mehrfach Anträge gegen Gleichstellung von nicht-heterosexuellen Partnerschaften eingebracht. Führende Mitglieder beteiligten sich in den vergangenen Jahren auch immer wieder an reaktionären Aufmärschen der „Besorgten Eltern“ oder dem „Marsch für das Leben“, bei denen gegen das Recht auf Abtreibung gehetzt, die „Frühsexualisierung“ von Kindern oder der „Genderismus“ angegriffen wurde.

Die AfD aus der Uni werfen

Das rassistische und frauen-, homo- und transfeindliche Bild der AfD übersetzt sich auch in ein elitäres Bildungsverständnis. Sie will härtere Zugangsregeln für Universitäten und Hochschulen, Aufnahmetests und rassistische und sexistische Auslese. Zugleich versucht die AfD immer stärker, die Universitäten als Orte reaktionärer Ideologiebildung zu nutzen. Immer mehr Professor*innen outen sich als AfD-Mitglieder oder -Sympathisant*innen und verbreiten ihre reaktionären Thesen. Jüngstes Beispiel ist Jura-Professor Rauscher von der Universität Leipzig, der mit rassistischen Tweets und Vorlesungen aufgefallen ist. Ein breites Bündnis von Leipziger Studierenden mobilisiert seit Wochen gegen Rauscher und fordert seinen Rauswurf. Das ist genau der richtige Weg, um der AfD die Präsenz an der Universität streitig zu machen. In den nächsten Jahren wird diese zweifelsohne weiter ansteigen – auch dadurch, dass die AfD über kurz oder lang eine eigene Studienstiftung bekommen wird und immer mehr „Junge Alternative“ Gruppen an den Uni aus dem Boden sprießen werden.

Eine Aktionseinheit gegen Rechts aufbauen

Die AfD ist nicht im Bundestag groß geworden. Sie hat sich in den letzten Jahren auf den Straßen etabliert und damit den rassistischen Ausnahmezustand zur Normalität gemacht. Tausende Angriffe auf Migrant*innen und Unterkünfte Geflüchteter sind nur eins der zahlreichen Beispiele für diese Normalisierung. Deshalb ist es einerseits zentral, der AfD durch Demonstrationen und Massenblockaden die Bühne zu nehmen, wo auch immer sie auftaucht. Denn die rassistische und sexistische Hetze der AfD ist kein demokratisches Recht, sondern der Nährboden für die Diskriminierung von hunderttausenden Geflüchteten, Frauen und LGBTI*, die Zehntausenden jährlich auf der Flucht durch patriarchale Gewalt und illegalisierte Abtreibungen das Leben kostet.

Gleichzeitig müssen wir aber auch den Rechtsruck in der gesamten Gesellschaft bekämpfen, der sich leider nicht nur auf die AfD beschränkt. Die Spaltung von Beschäftigten in Leiharbeiter*innen und Vollzeitangestellten geht oft einher mit der Spaltung in Kolleg*innen mit und ohne deutschen Pass. Vor allem migrantische Kolleg*innen werden vom deutschen Staat als Lohndrücker*innen in unsichere Arbeitsverhältnisse getrieben. Damit schüren sie die ohnehin schon vorhandene Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt weiter und laden sie rassistisch auf. Die Angst vor Abschiebungen schwebt dabei zusätzlich wie ein Damoklesschwert über geflüchteten Kolleg*innen und setzt sie zusätzlicher Repression aus.

Doch diese reaktionäre Spaltung, die von der AfD weiter geschürt wird, lenkt von den eigentlichen Aufgaben im Kampf gegen Sozialabbau, Privatisierungen usw. ab und richtet den Blick weg von den verantwortlichen Bossen und Regierenden, um sie gegen Migrant*innnen und Geflüchtete zu richten – und so aus Verbündeten Feind*innen zu machen. Diese Verfeindungen innerhalb unserer Klasse müssen wir in gemeinsamen Kämpfen überwinden.

Kämpfe, die nicht mit, sondern nur gegen diese Regierung geführt werden können. Denn Rassismus und Sexismus nützen dem Kapital und dem Staat, um ihre eigenen Profite und die Stabilität zu sichern und die Beschäftigten in ihren Kämpfen zu spalten.

Gerade deshalb ist es zentral, dass Gewerkschaften den gemeinsamen Kampf aller Kolleg*innen gegen Sozialabbau, Privatisierung, aber eben auch Abschiebungen und das restriktive Abtreibungsrecht in Deutschland aufnehmen. Rassistische und sexistische Hetze schwächen die Kämpfe von Beschäftigten um bessere Arbeitsbedingungen.

Was wir brauchen, sind gemeinsame Fronten gegen Rassismus und Sozialabbau von der Linkspartei über Gewerkschaften bis hin zur radikalen Linken. Eine solche Front muss auch die Basis der SPD einschließen, die sich entsprechend den eigentlichen Interessen ihrer arbeitenden Massenbasis gegen die neoliberalen Angriffe und die Abschiebepolitik der SPD-Spitze stellen muss. Sowohl im Bundestag als auch außerparlamentarisch braucht es Protestaktionen und Streiks gegen die herrschende Politik von AfD und Regierung. Die einzige Alternative für die Arbeiter*innen und die Jugend ist der Aufbau unabhängiger Strukturen in Betrieben, in Universitäten und in Schulen. Lasst uns Komitees gegen Rechtsruck und Prekarisierung überall dort aufbauen, wo wir uns tagtäglich bewegen, und uns an jedem Ort der AfD und allen anderen Varianten des Rechtsrucks die Stirn bieten!

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