Demonstration für das Streikrecht

15.05.2015, Lesezeit 5 Min.
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// TARIFEINHEIT: Am 18.April kamen bis zu 1.000 Menschen für die Verteidigung des Streikrechts zusammen. Der Protest muss fortgeführt und ausgeweitet werden, um den Angriff zurückzuschlagen. //

Einen Monat, nachdem „Blockupy“ Zehntausende gegen die durch die Europäische Zentralbank exekutierte Politik mobilisierte, fand am 18. April in Frankfurt am Main die nächste wichtige Demonstration statt. Es ging um einen der größten Angriffe auf unsere Rechte als ArbeiterInnen: den Angriff auf das Streikrecht durch das „Tarifeinheitsgesetz“ von Arbeitsministerin Nahles (SPD). Nachdem die Gesetzesvorlage am 6. Februar den Bundesrat ohne Einwände passiert hat, stehen nun Beratung und Beschluss durch den Bundestag auf der Tagesordnung. Wichtig und richtig war es deswegen, dass die Initiative „Hände weg vom Streikrecht“ und verschiedene Organisationen zu einer zentralen Demonstration aufriefen.

Die Demonstration war ein wichtiges Zeichen der gewerkschaftsübergreifenden Einheit. Basisgruppen und AktivistInnen aus ver.di, der GEW, der FAU und der GDL sowie verschiedene linke Organisationen waren vertreten. Sie war ein erster Schritt, um Protest gegen das „Tarifeinheitsgesetz“ zu organisieren. Er muss uns Mahnung und Ansporn sein, verstärkt, ausgeweitet und fortgeführt zu werden.

Denn leider fanden nur annähernd tausend Menschen den Weg nach Frankfurt. Das ist ein beschämendes Ergebnis für die deutschen ArbeiterInnenorganisationen. Wir von RIO übernehmen die Mitverantwortung für die schlechte Mobilisierung. Wir hätten mit unseren Gruppierungen in den Betrieben, Schulen und Universitäten, an denen wir strukturiert sind, besser mobilisieren können. Wir haben zwar den Aufruf unterstützt, haben aber zu wenig Druck zur Mobilisierung gemacht.

In diesem Rahmen wollen wir auch andere Gruppen fragen: Was war los, dass ihr in Frankfurt nicht oder kaum vertreten gewesen seid? Was ist Euch der Kampf um das Streikrecht wert? Diese Frage stellen wir zuallererst den Gewerkschaftsgliederungen und Gewerkschaftsführungen, die sich schriftlich gegen das Nahlesgesetz stellen. Die GEW, NGG und ver.di sammelten zwar mehrere zehntausend Unterschriften. Doch das allein wird die KapitalistInnen und ihre Regierung kaum beeindrucken. Besonders auch die GenossInnen der Linkspartei müssen sich der Frage stellen, wie sie das „Tarifeinheitsgesetz“ schlagen wollen: Deren Führungsfiguren stellen sich inhaltlich gegen die Gesetzespläne, aber weder im Bundesrat noch jetzt in Frankfurt auf der Straße werfen sie ihnen Widerstand entgegen. Diese Frage stellen wir aber auch den GenossInnen der SAV, der GAM und Revo, den GenossInnen von Marx21 und der interventionistischen Linken. Gemeinsam müssen wir diskutieren, wie wir größeren Druck aufbauen können.

Die Gewerkschaften als unsere Massenorganisationen haben natürlich die Hauptverantwortung für das Ob und Wie des Widerstands gegen die Attacken auf das Streikrecht. Das bisherige Verhalten derjenigen Gewerkschaften – ob DGB oder dbb –, die sich gegen das Gesetz positioniert haben, ist bestenfalls praktisches Kapitulantentum.

Dagegen ist das Verhalten der Führungen von DGB, IG Metall, IG BCE, IG BAU, und EVG (sowie der sowieso indiskutablen GdP) nichts anderes als Verrat. Diese SpitzenfunktionärInnen – gestützt auf eine Armee betrieblicher BürokratInnen, die sich wie sie ein gutes Auskommen mit dem Verkauf der Interessen der KollegInnen verdienen – stellen sich auf die Seite der Regierung und der Arbeitgeberverbände. Die Führung der IG Metall ging sogar soweit und wollte den Mitgliedern verbieten, sich gegen das Nahlesgesetz zu stellen. Einige Teile der IG Metall wenden sich z.B. mit einem offenen Brief gegen den Pakt ihrer Führung mit „Arbeitgebern“ und Regierung.

In dem Verhalten all dieser Gewerkschaftsführungen – von der GDL über ver.di zur IG Metall – zeigt sich aber, dass die bürokratische Struktur zur jetzigen Unfähigkeit der Interessenverteidigung geführt hat. Nicht nur mobilisiert sie nicht, nicht nur informiert sie die Basis oft nicht: Die Gewerkschaftsbürokratie erzog und erzieht durch ihre Stellvertretungspolitik, ihre routinierte Gremienpolitik, durch ihr ganzes Auftreten eine Mehrheit der Mitgliedschaft dazu, sich nicht einmal selbst mehr als GewerkschafterInnen zu begreifen, sondern diese Rolle den FunktionsträgerInnen zu überlassen. Auch die Gewerkschaftslinke ist zu großen Teilen in diesem Sinne erzogen und steht nun selbst in FunktionärInnenklamotten ziemlich ohne eine betriebliche Basis dar, die viel mehr als eine WählerInnenbasis wäre. So ist nun der Entrüstungssturm einerseits, sowie der Rechtfertigungsdruck andererseits nicht besonders groß. Im Zusammenhang mit dem Nahlesgesetz offenbart sich ein weiteres Mal die Notwendigkeit des Aufbaus einer klassenkämpferischen Basisbewegung, die nicht nur unsere Gewerkschaften von den ArbeiterverräterInnen zurückerobert, sondern dabei die bürokratische Funktionsweise zerschlägt.

Die Tarifeinheit ist ein Angriff auf die ganze Klasse – und muss von ihr zurückgeschlagen werden. Daher müssen die Proteste zur Verteidigung des Streikrechts weitergeführt werden, um eine Antwort der ArbeiterInnen auf die Pläne der KapitalistInnen und ihrer Regierung und die Kollaboration der Gewerkschaftsbürokratie zu geben.

Alle, die etwas auf demokratische Rechte für unsere Klasse halten, müssen auf der Straße sein.

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