#DayWithoutLatinos: 10.000 Migrant*innen streiken in Milwaukee

16.02.2017, Lesezeit 4 Min.
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Was würde passieren, wenn Trumps Regierung wirklich Millionen undokumentierter Arbeiter*innen abschiebt? Milwaukee in Wisconsin gab am Montag einen kleinen Vorgeschmack am #DayWithoutLatinos. Mehr als 10.000 Menschen streikten.

Die Sonne fällt auf Milwaukee, das am kalten Ufer des Lake Michigan liegt. Die Straßen sind voller Demonstrant*innen. Denn mehr als 150 Geschäfte schlossen ihre Türen am Montag im Zuge des #DayWithoutLatinos. Die NGO Voces de la Frontera aus Winsconsin hatte den gemeinsamen Protest muslimischer und antirassistischer Organisationen auf die Beine gestellt. Undokumentierte migrantische Arbeiter*innen spielen eine große Rolle in der Wirtschaft des Bundesstaats, besonders im Molkereisektor.

Die Protestierenden verlassen also ihre Arbeitsplätze, Schulen und Bauernhöfe, um an diesem Tag auf die Straße zu gehen. Schüler*innen werden mit Erlaubnis der Eltern freigestellt. Busse kommen aus mehr als 25 Städten aus dem ganzen Bundesstaat an. Die Streikenden treffen sich um 11 Uhr morgens und ziehen durchs Stadtzentrum, vor das Milwaukee County Courthouse. Sie skandieren: „Si se puede!“ (etwa „Yes, we can”) und „El pueblo unido jamás será vencido!” („Das vereinte Volk wird nie besiegt”).

„We are workers, not criminals” steht auf einem Frontbanner der Demonstration („Wir sind Arbeiter*innen, keine Kriminellen“). Während einige US-Gewerkschaften auf Trumps chauvinistische Standortlogik hereinfallen, die „illegale Einwander*innen“ aus dem Land halten soll, angeblich um Jobs zu schützen, sehen andere die Notwendigkeit zur Einheit der Lohnabhängigen mit und ohne Papieren. Die Milwaukee Teachers’ Education Association gehört zu den Gewerkschaften, die den Protest unterstützen.

Rassistischer Sheriff Clarke

Auch #StopClarke ist ein wichtiger Slogan: Milwaukees Sheriff David Clarke möchte seine Dienststelle ins „287(g)“-Programm der Einwanderungsbehörde ICE aufnehmen lassen. Im Auftrag der ICE zu arbeiten würde seinen Beamt*innen größere Repressionsrechte verschaffen, wie die Verhaftung und Internierung undokumentierter Menschen. In einem Facebook-Beitrag rechtfertigte Sheriff Clarke eine Razzia mit rassistischen Lügen, zum Beispiel um „der Verbreitung infektiöser Seuchen wie der H1N1-Gruppe oder Ebola vorzubeugen“, außerdem kündigte er an, Geflüchtete aufzuhalten, die „Amerikas begrenzte Sozialsysteme überlaufen“. Er rief zu einer „Null Toleranz“-Politik auf.

Clarke, dessen Pose mit einem völlig überdimensionierten Coyboyhut vor dem Trump Tower die Runde machte, ist einer von etwa drei Schwarzen, die den neuen US-Präsident unterstützen. Er bekam bundesweite Aufmerksamkeit für eine atemberaubend rassistische Rede vor der Republican National Convention, in der er besonders die Bewegung Black Lives Matter als „Hass-Gruppe“ angriff, die „den IS-Kräften beitreten“ würde.

Strategie der Angst

Interessanterweise hat sich sogar die Polizei von Milwaukee gegen diesen Sheriff positioniert, ebenso die county supervisors. Trumps Plan zur Steigerung der Abschiebungen – trotz über 2,4 Millionen abgeschobenen Menschen während Obamas Amtszeiten – spaltet den US-Staatsapparat auf allen Ebenen. Das Problem des Kapitals dabei ist, dass die US-Wirtschaft abhängig von der Arbeitskraft undokumentierter Arbeiter*innen ist. Sogar die rassistischsten Gesetzesvorstöße sollen nicht alle migrantischen Arbeiter*innen abschieben, sondern sie eher in andauernde Angst versetzen, sodass sie höhere Ausbeutungsraten akzeptieren.

Der Protest von Milwaukee zeigt die Perspektive eines effektiven Kampfs gegen Trump: Arbeiter*innen entziehen der Wirtschaft ihre Arbeitskraft und legen sie somit kollektiv lahm. Die Bewegung der Linken und Arbeiter*innen – mit allen migrantischen Arbeiter*innen – braucht dringend eine Diskussion über die Erweiterung dieses Ansatzes, hin zu einem bundesweiten Generalstreik.

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