Das PAG und die weltweite Krise des Neoliberalismus

09.05.2018, Lesezeit 3 Min.
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Es geht nicht wirklich um den "Kampf gegen den Terror" oder die sogenannte "Geflüchtetenkrise".

Das bayerische PAG soll ein bundesweites Vorbild werden, schon mehrere andere Bundesländer kündigen eigene Verschärfungen im Sicherheitsapparat an. Die Hintergründe gehen aber weit über das Bundesgebiet hinaus: Das PAG ist ein Ausdruck des internationalen Rechtsrucks. Dazu zählen zum Beispiel harte Angriffe auf demokratische Rechte in Polen und Ungarn, die Verschärfung des Geheimdienstrechts in den Niederlanden oder die Umwandlung des Ausnahmezustands in einen Dauerzustand durch das Antiterrorgesetz in Frankreich, die Schaffung eines Präsidialsystems in der Türkei oder Repression gegen das Referendum im Spanischen Staat. Der Begriff der „Sicherheit“ beherrscht den Diskurs nicht nur in Bayern, sondern international. Spätestens seit Beginn der nie zu Ende gegangenen Wirtschaftskrise vor zehn Jahren ist wieder klar, dass damit keineswegs soziale Sicherheit gemeint ist, sondern polizeiliche.

Die immer weitergehende Verschärfung wird allerorten begründet mit der Gefahr durch den Terror und der notwendigen Beherrschung der Migration. Tatsächlich aber sind sowohl der Terror als auch die sogenannte „Geflüchtetenkrise“ eben Ausdruck einer tiefen Krise der weltweiten imperialistischen Ordnung, insbesondere im Nahen Osten, die auf die Zentren zurückschlägt: Nach Jahrzehnten der Waffenexporte, der Besatzung und des Krieges ist die Region destabilisiert, in Syrien, Libyen oder Jemen laufen Stellvertreterkriege ab. Gerade am Beispiel Syrien zeigt sich die Verschärfung internationaler Spannungen.

Aber auch eine Reduktion auf diplomatische, „außenpolitische“ Fragen würde zu kurz greifen. Tatsächlich befindet sich der Neoliberalismus selbst in der Krise. Die Hegemonie dieses auf dem ungehinderten Markt basierenden Akkumulationsmodells des Kapitalismus ist durch seine eigene Krise von 2008 und die darauf folgenden vielfältigen Massenbewegungen, von den Platzbesetzungen im Spanischen Staat bis zum Arabischen Frühling und Massenstreiks in Frankreich und Griechenland in Frage gestellt. Zwar blieb Deutschland noch weitgehend verschont, konnte des deutsche Kapital sogar aus der Krise profitieren, besonders durch die Unterwerfung Griechenlands.

Der „Exportweltmeister“, dessen Kapital auf der Agenda-Politik seinen jüngsten Erfolg gründet, kann nicht ewig so weitermachen. Trump ist sicherlich der offenste politische Ausdruck der weltweiten Krise des Neoliberalismus. Er stellt multilaterale System radikal infrage, der letzte Ausdruck davon ist die aktuelle Zollkrise.

Die deutschen Regierungen antworten auf die neoliberale Dauerkrise an der sozialen Front mit der Prekarisierung breiter Teile der Arbeiter*innenklasse, durch Leiharbeit, Outsourcing, Aufstocker-Jobs und Mindestlohn-Ausnahmen. Die Spaltung der lohnabhängig Beschäftigten verläuft zwischen prekär und traditionell Beschäftigten, wobei ersteres Frauen und Migrant*innen besonders, illegalisierte, von Abschiebung bedrohte Geflüchtete am härtesten trifft. Beides gehört zusammen: Prekarisierung und Demokratieabbau.
Und beides trifft auch Geflüchtete am härtesten. Für sie ist heute schon Realität, dass Einrichtungen wie Gefängnisse geführt werden.

Eine internationalistische Perspektive hilft, um den Zusammenhang des PAG zu verstehen. Sie hilft auch, um eine Solidaritätsbewegung aufzubauen, die über die Provinz Bayern weit hinausgeht: Unsere Verbündeten im Kampf gegen das PAG sind in unseren Schulen und Unis, Betrieben und Gewerkschaften – in München, Bochum und Berlin, aber auch in Paris und Barcelona, in Afrin und Teheran.

von Aurélie, Max und Marco

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