Castro umarmt Obama nicht – dafür umarmt er den Kapitalismus

31.03.2016, Lesezeit 3 Min.
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Die Bilder der missglückten Umarmung der beiden Staatschefs gingen um die Welt. Stalinistische Gruppen wie die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) feiern sie, da sich „Cuba nicht verarschen" ließe. Doch was passiert wirklich auf der karibischen Insel?

Was ist nur los mit Barack Obamas Hand? Nach der gemeinsamen Pressekonferenz versucht der große US-Präsident den kleinen Raúl Castro zu umarmen. Doch der alte Kubaner schiebt dessen Arm mürrisch von sich weg und hebt ihn, samt der baumelnden Hand, in die Luft.

Die SDAJ lobt Castro dafür und titelt in einem Meme auf Facebook: „Imperialisten umarmt man nicht!“ Doch die fehlgeschlagene Umarmung war nicht die einzige peinliche Szene für Obama während seines dreitägigen Aufenthalts auf der Insel. Schon bei seiner Ankunft wurde er von Castro im wahrsten Sinne des Wortes im Regen stehen gelassen – dessen Abwesenheit wurde von vielen als Demütigung gewertet.

Nichtsdestotrotz konnte der Staatschef der größten imperialistischen Macht mit einem guten Gefühl von der Insel abreisen. Denn hinter den antiimperialistisch anmutenden Gesten verbirgt sich ein tiefgreifender Reformprozess auf Kuba. Wo früher Staatsbetriebe kostenloses Mittagessen ausgaben, verdienen heute private Unternehmen. Schon 20 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung sind im privaten Sektor beschäftigt. Immer mehr Kleinstunternehmer*innen haben ihre eigenen Werkstätten, Restaurants oder Taxis.

Mit 200 dieser cuentapropistas trafen sich US-Unternehmer*innen, die Obama in seiner riesigen Delegation mitgebracht hatte. Diese entstehende Mittelschicht soll eine soziale Basis für die Ausdehnung des Marktes auf Kosten der immer noch dominierenden Planwirtschaft werden. Die Staats- und Militärbürokratie holt immer mehr multinationale Konzerne ins Land. Beispielhaft für diesen Prozess ist der riesige Mariel-Hafen; die Rechte für dieses Mega-Projekt konnte sich der brasilianische Oderbecht-Konzern sichern.

Damit so etwas nicht wieder passiert, will Obama die Investitionshürden für US-amerikanische Konzerne senken, die mit dem Embargo verbunden sind. Deshalb befanden sich in der 1200 Menschen starken Delegation vor allem Firmen aus der Tourismusbranche: Airbnb, Booking.com und Carnival Corporation konnten sich Deals sichern. Auch ein Baseball-Team war dabei – bei der kapitalistischen Restauration soll dieser bei Kubaner*innen besonders beliebte Sport nicht fehlen.

Diese Ergebnisse stimmten jedoch nicht nur Obama froh, sondern auch Castro, der als stärkster Verfechter des Öffnungsprozesses gilt und dem chinesischen Vorbild folgen will: Die KP bleibt an der Macht, während der Kapitalismus wieder eingeführt wird. Dieser Weg wird jedoch mehr als steinig: Die schon jetzt harten Einschnitte im Gesundheits- und Bildungsbereich werden immer größeren Unmut unter der kubanischen Bevölkerung hervorrufen.

Die Arbeiter*innen Kubas werden sich nicht so leicht durch abgewehrte Umarmungen beruhigen lassen wie die Genoss*innen der SDAJ. Mit ihrem Jubel für Castro behaupten sie, das kostenlose Bildungs- und Gesundheitssystem zu verteidigen. Aber in Wirklichkeit verteidigen sie jene Regierung, die diese Errungenschaften der Revolution abschaffen will. Ihre „Kuba-Solidarität“ ist in Wirklichkeit Solidarität mit der Restauration des Kapitalismus. Dieser Kurs kann nur von den Arbeiter*innen und Massen Kubas abgewehrt werden, die durch eine politische Revolution die Bürokratie verjagen müssen und die Errungenschaften der Revolution von 1959 verteidigen und ausbauen können.

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