Brutale Gewalt gegen Geflüchtete

03.11.2015, Lesezeit 5 Min.
1

// Am vergangenen Wochenende fanden zwei grausame Angriffe gegen syrische Geflüchtete statt. Gemeinsam mit aufsteigenden rechten Parteien, großen fremdenfeindlichen Demonstrationen, nationalistischen Maßnahmen der Regierung ist dies Folge eines politischen und sozialen Klimas der reaktionären Polarisation. //

Der größte Angriff fand in Magdeburg statt. 30 mit Baseballschlägern bewaffnete Männer griffen drei syrische Geflüchtete an und schlugen sie krankenhausreif. Dabei wurden sie zwar von Zivilpolizist*innen beobachtet, doch konnte nur einer festgenommen werden, der nur wenig später aufgrund „fehlender Beweislast“ freigelassen wurde.

Das ist die „Willkommenskultur“ des deutschen Staates – die brutale Gewalt schreitet im ganzen Land voran und die Polizei schaut nur zu. Die Straffreiheit für Rassist*innen ist grenzenlos, während die Grenzen immer stärker geschützt werden. Der Soziologe Uwe-Karsten Heye der Initiative „Gesicht zeigen!“ dazu: „Wer rechtsextremistisch denkt und disponiert ist in Deutschland, muss die wenigste Befürchtung vor der Polizei haben“.

Besonders in Sachsen-Anhalt besitzen rechte Gruppen teilweise tiefe Verankerungen in Städten und Dörfern, die ihnen ein ungefährdetes Auftreten gewähren. Schon vor der „Flüchtlingskrise“ waren Angriffe auf Geflüchtete, Migrant*innen oder LGBT, aber auch Parteien wie die Grünen und die Linkspartei, üblich. Das verschärfte sich in den letzten Wochen enorm: Alleine an diesem Wochenende wurden in mehreren Städten verletzte Geflüchtete und Zwischenfälle von fremdenfeindlichen Parolen grölenden Menschen gemeldet.

Auch in Mecklenburg-Vorpommern fand ein ähnlich menschenverachtender Angriff statt: mehrere vermummte Männer griffen, ebenfalls mit Baseballschlägern und anderen Waffen, zwei syrische Geflüchtete vor einer Notunterkunft in einer Sporthalle an. Auch diese mussten im Krankenhaus behandelt werden. Keiner der Täter konnte gefasst werden, auch wenn es gerade solche Notunterkünfte sind, die ständig Ziel rassistischer Gewalt werden. Und noch dazu rund um die Uhr von privatem Sicherheitspersonal überwacht werden.

Ein deutsches Problem

Mecklenburg-Vorpommern ist das einzige Bundesland, in der die NPD mit sechs Prozent in den Landtag einziehen konnte und damit eine einflussvolle politische Kraft ist. Wie schon die rassistischen Ausschreitungen in Heidenau zeigten, agiert sie als Organisatorin des fremdenfeindlichen Hasses und beteiligt sich direkt und indirekt an den Übergriffen.

Auch Sachsen wurde wieder einmal Tatort reaktionärer Proteste. Am Sonntag versammelten sich 200 Menschen in Meerane, um die Weiterfahrt in Bussen von 700 Geflüchteten, die mit dem Zug aus Bayern kamen, zu verhindern. Auch hier machte die Polizei nur durch Nichtstun auf sich aufmerksam. Schon eine Woche zuvor wurde ein Zug von Geflüchteten durch Rassist*innen im sächsischen Freiberg angegriffen.

In Sachsen selbst hatte die Pegida-Bewegung ihren Ursprung und konnte in den letzten Wochen wieder Tausende auf die Straßen Dresdens bringen. Auch die Alternative für Deutschland (AfD) konnte bei den Landtagswahlen im vergangenen Jahr mit zehn Prozent besonders gut abschneiden.

Die besondere Verankerung und Stärke der extremen Rechten in diesen Bundesländern lässt sich durch ein strukturelles und ein konjunkturelles Element erklären. Auf der einen Seite hat die Deindustrialisierung nach dem Fall der Mauer zu einer großen Arbeitslosigkeit geführt. Verbunden mit fehlenden Perspektiven und der kontinuierlichen Ignoranz durch die bürgerlichen Politiker*innen suchte sich eine ganze Generation neue Perspektiven, die sie in einer aggressiven Rechten mit radikal scheinenden Vorschlägen fand. Doch finden xenophobe Angriffe wie diese nicht nur in Ost- sondern auch in Westdeutschland statt. Es handelt sich also um ein gesamtdeutsches Problem, da es die sog. strukturschwachen Regionen auch im Ruhrgebiet z.B. gibt.

Im Unterschied zu den westdeutschen Ländern jedoch, gab und gibt es in ostdeutschen Bundesländern wie Brandenburg oder Thüringen Regierungen mit Beteiligungen der Linkspartei. Aber auch sie vermochte trotz ihrer Regierungsbeteiligung nicht, die faschistischen Mobilisierungen zu stoppen. In diesem Sinne scheiterte sie nicht nur bei dieser Aufgabe, sondern diskreditierte sich auch. Alles in allem stellt auch sie keine Alternative dar.

Auf der anderen Seite führte die „Flüchtlingskrise“ durch den Rechtskurs der Regierung zu einem Aufstieg fremdenfeindlicher Parteien und Bewegungen, die dem aktuellen politischen Klima ihren Stempel aufdrücken.

Der extremste Ausdruck dessen sind die sich häufenden rassistischen Angriffe gegen Geflüchtete, von denen mehr als zwei jeden Tag (!) stattfinden. Für die linken und gewerkschaftlichen Organisationen ist es Zeit, Aufklärung und eine gerechte Strafe für die Täter*innen zu fordern. Gleichzeitig muss jetzt die Selbstverteidigung aller Geflüchteten von den Gewerkschaften und linken Organisationen organisiert werden. Eine kämpferische antirassistische Bewegung, dessen Ausgangspunkt der Refugee Schul- und Unistreik am 19. November in Berlin und anderen Städten sein kann, muss sich sowohl gegen die rassistische Gewalt, als auch gegen die Bundesregierung richten, die immer härter abschiebt.

Mehr zum Thema