Britisches Parlament stimmt über Entkriminalisierung von Abtreibungen ab

24.02.2024, Lesezeit 4 Min.
1
Foto: Frauenkampftag 2021 in Kassel / Simon Zinnstein

In Großbritannien stimmen die Abgeordneten im Unterhaus im März über die Entkriminalisierung von Abtreibungen nach der 24. Schwangerschaftswoche in England und Wales ab. In den letzten Jahren wurden vermehrt Frauen aufgrund des Vorwurfs illegaler Abtreibungen von der Polizei verfolgt, zwei wurden sogar zu Haftstrafen verurteilt.

Über 100 Frauen in Großbritannien wurden seit 2019 polizeilich verfolgt wegen des Vorwurfs illegaler Abtreibungen. Zwei Frauen wurden allein in den letzten zwei Jahren sogar zu Haftstrafen verurteilt, sechs weitere stehen zurzeit vor Gericht. Damit erlebt die Kriminalisierung von Frauen einen starken Aufschwung in Großbritannien. Zum Vergleich: Zwischen 1861 und 2022 wurden insgesamt drei Frauen wegen illegalisierter Abtreibung strafrechtlich verurteilt.

In Großbritannien sind Schwangerschaftsabbrüche aktuell bis zur 24. Schwangerschaftswoche legal. Voraussetzung ist, dass die Abtreibung ab der 10. Schwangerschaftswoche in einer professionellen Klinik durchgeführt wird und zwei Ärzt:innen ihr Einverständnis gegeben haben. Danach gelten Abbrüche nur unter strengen Voraussetzung als legal, beispielsweise wenn das Leben der Mutter gefährdet ist. Im Zuge der Corona-Pandemie hat das Parlament zudem ein Gesetz gebilligt, was die Verschreibung der Pille danach per Post nach einer Remote-Beratung ermöglicht, sodass die Abtreibung auch zu Hause möglich sein sollte. 

Haftstrafen für Frauen

Für landesweite Empörung sorgte der Fall von Carla Foster, die im Jahr 2020 nach einer Remote-Beratung aufgrund der Corona-Pandemie die Pille danach verschrieben bekam – obwohl sie bereits über die 24. Schwangerschaftswoche hinaus war. Ihr wurde von der Polizei vorgeworfen, gegenüber den Britischen Beratungsstelle für Schwangere (BPAS) über die Dauer ihrer Schwangerschaft gelogen zu haben. Im Juni 2023 wurde sie deshalb zu einer Haftstrafe von 28 Monaten verurteilt, von denen sie 14 Monate tatsächlich im Gefängnis verbringen sollte. Ein Berufungsgericht senkte die Strafe im Juli 2023 auf 14 Monate auf Bewährung. Tausende Menschen protestieren daraufhin in London gegen die Verurteilung und für die Entkriminalisierung von Abtreibungen in Großbritannien. 

In einem anderen Fall steht aktuell eine junge Frau vor Gericht. Auch ihr droht eine Haftstrafe. Sie nahm fälschlicherweise an, erst in der siebten Schwangerschaftswoche zu sein und bekam auf dieser Grundlage ebenfalls nach einer Remote-Beratung die Pille danach verschrieben. Erst nach der stillen Geburt kam sie in ein Krankenhaus, wo festgestellt wurde, dass sie bereits mehr als 24 Wochen schwanger war. Das Krankenpersonal rief daraufhin die Polizei, die sie festnahm. 

Im März soll das Parlament nun über die endgültige Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen abstimmen. Nach ersten Einschätzungen scheint es dafür auch eine Mehrheit zu geben. Den Parlamentarier:innen wird es freigestellt, frei nach ihrem Gewissen zu entscheiden und sich keiner Parteidisziplin unterordnen zu müssen. 

Für legale und sichere Abtreibungen weltweit

Weltweit hat die Frauenbewegung in den letzten Jahren in verschiedenen Ländern die teilweise Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen erkämpft. 2018 in Irland, 2019 in Nordirland und 2020 in Argentinien. Eine vollständige Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Großbritannien wäre ein weiterer Erfolg für die Frauenbewegung. In Deutschland wurde die Abschaffung des Paragraph 219a Strafgesetzbuch erkämpft, der das Werben für Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellte. Allerdings steht der Schwangerschaftsabbruch selbst bis heute noch unter Strafe – auch wenn unter bestimmten Voraussetzungen Straffreiheit gewährt wird. 

Diese Beispiele zeigen wichtige Fortschritte, aber eben auch, dass der Weg zu einer Welt, in der legale und sichere Abtreibungen ermöglicht werden, immer noch lang ist. Die zunehmende Kriminalisierung von Frauen in Großbritannien in den letzten Jahren zeigt zudem, dass der Staat mit seinen Gerichten und der Polizei kein Verbündeter im Kampf für Abtreibungsrechte ist. Und auch in Deutschland kämpfen wir weiterhin für die vollständige Abschaffung des Paragraphen 218 Strafgesetzbuch. Deshalb rufen wir dazu auf, euch am 8. März, dem internationalen Frauenkampftag, an Demonstrationen und Aktionen zu beteiligen.

Mehr zum Thema