Bremens direkte Mitschuld am Genozid in Gaza

29.04.2024, Lesezeit 10 Min.
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Foto: Ricarda Julia

Als Waffen der Kritik nahmen auch wir an dem bundesweiten Aktionstag gegen die Waffenlieferungen nach Israel in Bremen teil. Wir berichten von der kämpferischen Demonstration, die mit der Parole „From the River to Sea, Palestine will be free“ durch die Straßen der Hansestadt zog.

Aufgerufen zu der Demonstration hat die neu gegründete Gruppe „Seeds for Palestine“.  Unter dem Titel „Bremen verdient am Völkermord“ lag der Schwerpunkt auf der einflussreichen Bremer Rüstungsindustrie, die den Genozid in Gaza maßgeblich unterstützt. Im Zusammenschluss mit dem „Bremer Friedensforum“ und der Gruppe “Fight for Falastin’’ wurden die Zusammenhänge und Information über die Rüstungshochburg gesammelt.

Einige zu nennende Großunternehmen sind Rheinmetall, Airbus, OHB, Lürssen, BLG und Atlas Eletronik, welche sich alle aktiv am Genozid beteiligen. Sie stellen Wissen, Militärtechnik, Tragflächen und die Logistik für die Kriegsmaschinerie bereit.

Die Stadt Bremen besitzt über 50 Prozent der Anteile an dem Bremer Logistikunternehmen BLG und profitiert somit aktiv von der Förderung des Genozids in Gaza. Ganze sieben Prozent des Umsatzes der deutschen Rüstungsindustrie werden in der Hansestadt generiert.

Trotz der tausenden toten Menschen und den uns täglich erreichenden Berichten von der Auslöschung palästinensischer Existenz, setzt die Bremer Regierung ihre Scheuklappen auf. Sie lechzt nach den Profiten der Bremer Rüstungshochburg und stürzen sich entgegen ihrem Selbstverständnis auf die Seite der Profiteure.

Doch wie die kämpferische Demonstration beweist, stellen sich eine Reihe Palästina solidarischer Stimmen gegen den imperialistischen Wohlstand der durch die Rüstungshochburg Bremen generiert wird. Die moralische Fassade des deutschen Staates beginnt zu bröckeln und der Protest gegendie dauerhafte Beteiligung der Bremer Rüstungsunternehmen am am Genozid wird lauter. 

Es ist eine dreiste Lüge, es sei ruhig vor dem 7. Oktober gewesen. Die „Ruhe“ bedeutete ein  jahrzehntelanges Leiden der Palästinenser:innen unter israelischer Apartheid,besonders wenn Gaza als das größte Freiluftgefängnis der Welt gilt

Diese Abschottung sieht man auch klar durch die humanitäre Krise, die sich im Laufe des Konflikts entwickelt hat.

 Hilfsgüter können keineswegs nach Gaza geliefert werden, da Israel alle Grenzausgänge kontrolliert. Gaza wird systematisch ausgehungert und Deutschland liefert auf der einen Seite massenhaft Rüstungsgüter und auf der anderen Seite ein paar Brotkrümel.

Um das Leitbild der deutschen Regierung aufrechtzuerhalten, werden pro-palästinensische Demonstrationen und Aktionen kriminalisiert und repressiv bekämpft. Ein Beispiel der Kriminalisierung und Repression ist das Verbot der Parolen „From the river to sea, Palestine will be free“ und „Kindermörder Israel“, die als antisemitische Sprüche diffamiert werden.

Juristischer Erfolg für Bremer Palästina Demos

Die Demonstration „Bremen verdient am Völkermord“ startete mit einem juristischen Erfolg. Ein Mitglied von Seeds of Palestine klagte im Vorhinein rechtlich gegen dieses Verbot, damit die Parolen erstmals erlaubt werden können, mit der Begründung, dass keiner dieser Sprüche verfassungsfeindlicher Organisationen zu Grunde liegen. Dieses Verbot bezog sich besonders auf die Parole  „From the River to Sea, Palestine will be free“ und „Israel, Kindermörder!“

Jedoch wiegen die Grundrechte zur Meinungsfreiheit der Antragstellerin laut dem Gericht schwerer als die Gefahren für die Öffentlichkeit und die Versammlung . Die vorher verbotenen Parolen geben kein Grund zum Anlass, dass jüdisches Leben gefährdet sei und die oftmals erwähnte Ein-Staaten-Lösung ist laut dem Bremer Verwaltungsgericht unproblematisch.

Im Vergleich zu den letzten Monaten ist dies ein großer Erfolg und die Akzeptanz einer anderen Perspektive für das palästinensische Volk scheint bestehend zu sein. Die Kernkritik in diesen Parolen bezieht sich auf die Unterdrückung der Palästinenser:innen durch die israelische Regierung und ihre genozidalen Absichten und spricht keineswegs jüdisches Leben ab. 

Der Eilantrag hat dazu geführt, dass diese Parolen auch auf zukünftigen Kundgebungen benutzt werden dürfen und die Ein-Staaten Lösung näher in den öffentlichen Diskurs rückt, ohne rechtlich als hetzerisch abgestempelt zu werden. Darüber hinaus durften Abbildungen des israelischen Staatsgebietes mit den palästinensischen Flaggen illustriert werden. 

Redebeiträge auf der Demonstration

Der Schwerpunkt der Demonstration auf der Rüstungsindustrie innerhalb von Bremen und deren Mitbeteiligung am Genozid lag, spiegelte sich auch den Redebeiträgen wieder. 

Eine Rede wurde von Dr. Heiner Pfechner von der Uni Bremen gehalten. Er vertrat die Gruppe IALANA, eine Vereinigung von Juristi:innen gegen die atomare und generelle Aufrüstung. Er plädierte dafür, dass wir als Menschen, um in einer Gemeinschaft leben zu können, uns auf den Frieden verpflichten müssen. Das internationale Recht sei unser Friedensrichter und im Krieg ist das Erste, was an Wert verliert, unser Frieden. Im Krieg gäbe es keine Garantie für die Einhaltung dieser Rechte, besonders nicht des Völkerrechts, welches die nationale Selbstbestimmung eines Volkes erhalten soll. 

Im Laufe der Rede wurde zudem die Wichtigkeit der Zivilklausel erklärt und ihr Ursprung. Mit der Zivilklausel verpflichten sich Universitäten dazu, auf jegliche Beteiligung von Wissenschaft und Forschung an militärischem Nutzen zu verzichten. So darf die Forschung nicht auf wirtschaftlichen Interessen basieren, sondern muss der Gesellschaft von langwierigen sozialen Nutzen sein. 

Obwohl sich die Universität Bremen bereits seit 1986 einer Zivilklausel unterstellt hat, werden in ihr generierte wissenschaftliche Erkenntnisse nicht nur für zivile Zwecke genutzt, sondern auch an Unternehmen mit militärischem Hintergrund weitergegeben oder sie sogar zusammen mit ihnen erarbeitet, wie in der langwierigen Kooperation mit der OHB. Mit diesen Kooperationen umgeht die Universität Bremen somit ihre Verpflichtungen der Zivilklausel. 

Die anderen Wortbeiträge  beschäftigten sich mit familiärer Geschichte zur Befreiung Palästinas und eigenen Erfahrungen mit dem Krieg. Des Weiteren verwies die Demonstration auf die Zerstörung in Gaza und die Beteiligung Bremens an dem Genozid.

Es ist äußerst wichtig, dauerhaft über den stattfindenden Genozid zu sprechen und für die Befreiung Palästinas zu garantieren. Es ist unsere Aufgabe als palästinasolidarische Menschen aufzuklären und uns wirksam gegen den Zionismus zu stellen. 

Besonders hier in Bremen, wo ein großer Teil der Rüstungsgüter produziert wird und die Marionetten des westlichen Imperialismus an den Fronten beliefert werden. Deutschland ist der zweitgrößte Zulieferer, der tödliche Kriegsmaschinerie zur Auslöschung der Palästinenser:innen an Israel liefert und die Staatsräson ganz klar für seine kapitalistischen Interessen ausnutzt. 

Auch Petra vom Bremer Friedensforum verwies in dem Redebeitrag auf die Rüstungshochburg Bremen und betonte dabei die militärische Unterstützung Israels als hanseatische Tradition, die weit über den 7.Oktober 2023 hinausreicht. So wurden bereits gegen Ende des Jahres 2022 drei U-Boote von Bremen nach Israel geliefert. Auch 20.000 Tonnen Munition fanden ihren Weg im Jahr 2020 über Bremen in das Kriegsgebiet. 

Doch wurde die Rüstungsindustrie früher in Bremen mit einem eher kritischen Auge betrachtet, so lässt sich heute wiederum eine Verherrlichung der Rüstungsindustrie beobachten, die der Erzählung folgt, sie würde Konflikte lösen und Menschenleben retten. 

Die Abschlusskundgebung brachte die Demonstration zu einem kämpferischen Ende. So klagte Zora von Seeds of Palestine die Repression der deutschen Behörden und die stetige Kriminalisierung der Palästinasolidarität an, sowie ihre Instrumentalisierung des Antisemitismus für eben diese. Die Demonstration stand in Solidarität gegen das Verbot des Palästina-Kongresses und mit den von Repression betroffenen Aktivist:innen. 

Die Repression des deutschen Staates

Die Demonstration mobilisierte sich in einer Zeit, in der die moralische Fassade bröckelt. Der deutschen Bundesregierung geht es nicht um die Aufarbeitung der schrecklichen Vergangenheit und auch nicht um historische Verantwortung. Um die kapitalistischen Interessen Deutschlands weiter rechtfertigen zu können, dient Israel nur als Mittel zum Zweck und der Krieg in Gaza wird weiter dazu genutzt, um aufzurüsten. 

Es ging auch nie um den Schutz des jüdischen Lebens oder um die Meinungsfreiheit jüdischer Aktivisti. Zum Schutz der deutschen Staatsraison, wird diese auf Teile der jüdischen Bevölkerung projiziert, die mit ihr einverstanden sind. Auf der anderen Seite werden antizionistische Jüd:innen die sich gegen diese Staatsraison stellen als antisemitisch betitelt und erfahren heftigste Repressionen.

Diese widerliche Maske des repressiven Staates zeigte sich eindeutig beim Palästina Kongress, um den es schon im Voraus eine unglaubliche Mobilisierung von Bullen und antimuslimische Hetze gab. Der Höhepunkt mündete in diesem Fall in der Absage beziehungsweise dem gewaltsamen Eindringen in den Kongress, um den Strom auszustellen und verhaftete Menschen, auch jüdischen Glaubens.

Die Aufdeckung der rechten Staatsraison und einhergehende Doppelstandards durch die Palästina Solidarität, ist dem deutschen Staat ein Dorn im Auge. Sobald die Widersprüche des deutschen Staates angesprochen werden, wird repressiv durch die deutschen Staatsorgane und Behörden mit Einschränkungen gedroht und Gewalt durch die deutsche Polizei auf den Straßen angewendet.

Unsere vollste Solidarität mit den Aktivisti und Betroffenen, die diese Staatsgewalt verbal und körperlich erleben müssen, obwohl sie nur Gebrauch von ihrer Meinungsfreiheit machen. Wobei man von Meinungsfreiheit im Bezug auf Palästina größtenteils nur sprechen kann, wenn man den Freifahrtsschein für den Genozid am palästinensischen Volk schlichtweg akzeptiert. Die politische Legitimation des Bundestags und jeder Partei, nur um an dem Leid des palästinensischen Volkes zu verdienen, ist ein Tiefpunkt in der deutschen Politik des 21. Jahrhunderts

Damit das System am Laufen bleibt, wird unterdrückt, gemordet und ausgebeutet. Zudem werden bestimmte Gruppen in der Gesellschaft als Sündenbock ausgesucht und Hetze ist somit nicht weit entfernt. Besonders Muslim:innen und antizionistische Jüd:innen, die Demonstrationen für Palästina organisieren, leiden unter rassistischer und antisemitischer Hetze.

Bremen bleibt laut gegen Genozid 

In unserem Fall haben wir gegen ihre Methoden und Strategien polemisiert und argumentieren, dass der einzige wirkliche Ausweg, um die Selbstbestimmung des palästinensischen Volkes zu erreichen, der Kampf für ein freies, säkulares und sozialistisches Palästina der Arbeiter:innen ist, in dem Araber und Juden im Rahmen einer Föderation der Sozialistischen Republiken des Nahen Ostens in Frieden zusammenleben können.

Die Demonstrierenden plädieren dafür, weiter auf die Straße zu gehen und die Waffenfirmen, die an diesem Konflikt verdienen, zur Rechenschaft zu ziehen und zu boykottieren. Zudem wurde im Laufe der Demonstration immer wieder erwähnt, dass wir einen dauerhaften Widerstand gegen die deutsche Staatsräson leisten müssen, um ein freies Palästina bald verwirklichen zu können. Ein freies Palästina wäre ein sozialistisches, sakkuläres und multiethnisches Palästina, welches durch die Arbeiter.innenklasse bestimmt wird und einen langfristigen Frieden im Nahen Osten garantiert.

Wenn wir den Zustand weiterhin so akzeptieren wie er in den imperialistischen Zentren verherrlicht wird, bleibt die israelische Apartheid ein unzerstörtes und tödliches Phanömen

Wir werden uns der deutschen Kriegstreiberei und ihrer Rüstungsindustrie in den Weg stellen, auf der Straße, aber auch in den Universitäten, Schulen und Betrieben… 

Stoppt den Völkermord!

Stoppt die Waffenlieferungen!

Viva la Palestina! 

Als marxistische Hochschulgruppe Waffen der Kritik kämpfen wir für eine Zeitenwende in unserem Sinne gegen die Kapitalist:innen und ihre Regierungen. Anhand der marxistischen Theorie und den Erfahrungen der Arbeiter:innenklasse wollen wir als Studierende einen Beitrag im Klassenkampf leisten. Wir haben eine Welt zu gewinnen – ohne Klassen und Staat, eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Wir sind aktiv in Berlin, Bremen, Kassel, Leipzig, Münster, München und haben Genoss:innen in verschiedenen weiteren Städten. Schreibe uns, wenn du dich in Waffen der Kritik organisieren willst, per Mail oder auf Instagram. Hier kannst du mehr über uns erfahren.

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