Brasilien: Zika-Epidemie und Wirtschaftskrise

24.02.2016, Lesezeit 3 Min.
1
Brasília - A presidenta Dilma Rousseff em entrevista coletiva após reunião sobre ações de combate ao mosquito Aedes aegypti, na Sala Nacional de Coordenação e Controle da Dengue (Marcelo Camargo/Agência Brasil)

Der Zika-Virus ist die neueste Krise, die Brasilien erschüttert. Das Land droht in seinen politischen und sozialen Krisen zu ersticken.

Der Riese des Subkontinents kam in den vergangenen Wochen durch zwei Meldungen in die Schlagzeilen der internationalen Presse: zum Einen die nicht enden wollende Wirtschaftskrise, die im vergangenen Jahr eine Million Arbeitsplätze kostete und die Weltwirtschaft negativ beeinflusst.

Zum anderen der Zika-Virus, der eine für schwangere Frauen und ihre Kinder gefährliche Krankheit transportiert und schon mehr als 500.000 Menschen infizierte. Die Infektion machte den verheerenden Zustand des brasilianischen Gesundheitswesens deutlich. Zudem wirft der Virus die Frage reproduktiver Rechte neu auf: Während in einigen lateinamerikanischen Ländern gefordert wird, dass Frauen bis 2018 nicht mehr schwanger werden sollten, haben Millionen Frauen keinen sicheren, legalen und kostenfreien Zugang zu Abtreibungen.

Währenddessen ist sich die politische Kaste weiterhin in Korruptionsskandale verwickelt, deren Schlinge sich immer enger um den Ex-Präsidenten Lula von der „Arbeiterpartei“ (PT) zieht – und damit um den engen Kreis der aktuellen Präsidentin Dilma Rousseff. Das nutzt die neoliberale Rechte der PSDB und ein Teil der mitregierenden PMDB aus, um dem Amtsenthebungsprozess neuen Antrieb zu verleihen. Doch auch sie ist in Schmiergeldaffären verwickelt. In dieser enormen Legitimationskrise wankt der politische Überbau und Risse entstehen zwischen den verschiedenen bürgerlichen Parteien.

Doch das Großkapital hat, genauso wie ihre politischen Vertreter*innen in der Parteienlandschaft, kein Interesse an einer Eskalation der politischen Krise. Im Gegenteil will es eine möglichst große Einheit herstellen, um die Kosten der Wirtschaftskrise auf die arbeitende Bevölkerung abzuschütteln. Und so beschloss die Dilma-Regierung im vergangenen Jahr in Einklang mit der rechten Opposition Gesetze zur Kurzarbeit oder Etatkürzungen im Gesundheits- und Bildungshaushalt. Aktuell wurden die Löhne der Beschäftigten im öffentlichen Dienst eingefroren – bei der zunehmenden Inflation ein direkter Angriff auf ihre Lebensbedingungen. Sowohl Regierung als auch Oppositionelle wollen im Rahmen der Krise die noch vorhandenen Staatsunternehmen, wie den Ölkonzern Petrobras, der im Mittelpunkt der Korruptionsskandale steht, zum besten Preis an die imperialistischen Multinationalen verkaufen. Uneinig sind sie nur über den Rhythmus dieser Abgabe der nationalen Souveränität.

Massenentlassungen und Kürzungen, sowie die Ausbreitung von Epidemien oder Naturkatastrophen wie der im Bundesstaat Minas Gerais, verschärfen das Elend der Massen. Doch es fanden im vergangenen Jahr auch zahlreiche große und wichtige Streiks statt, bei den Lehrer*innen, der Post und Petrobras, um nur einige zu nennen. Das Jahr endete mit einem großen Sieg der Schüler*innen aus São Paulo, die die Schließung von 200 Schulen verhindern konnten. Doch die großen Organisationen der Linken spielen keine zentrale Rolle in diesen Kämpfen, sondern ordnen sich unter die Regierung unter oder beschränken sich auf hohle Forderungen, ohne selbst den Widerstand zu organisieren.

Jeder Arbeitskampf muss durch die Unterstützung der revolutionären Linken in einen Ausgangspunkt für eine nationale Bewegung gegen Kürzungen und Entlassungen verwandelt werden, die gegen die Privilegien der politischen Kaste, für die Abwählbarkeit aller Funktionär*innen und eine verfassungsgebende Versammlung auf Grundlage der Mobilisierung eintritt. In dieser Perspektive gibt unsere Schwesterorganisation Movimento Revolucionário de Trabalhadores die Tageszeitung Esquerda Diário heraus und nimmt an allen Kämpfen der Ausgebeuteten und Unterdrückten teil.

Mehr zum Thema