Brasilien ohne Streikrecht: Richter erklärt Streik der Ölarbeiter*innen für illegal

19.02.2020, Lesezeit 5 Min.
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Eine autoritäre Maßnahme zur Beendigung des längsten Streiks in diesem Sektor seit 1995. Die Arbeiter*innen wehren sich gegen Entlassungen und die Privatisierungsmaßnahmen von Bolsonaro.

Der Richter am brasilianischen Obersten Arbeitsgericht (TST), Ives Gandra, entschied gestern, dass der Streik der Ölarbeiter*innen sofort beendet werden müsse. Dazu verhängte er eine Geldstrafe, falls der Streik fortgesetzt würde, und ermächtigte das Unternehmen, administrative Maßnahmen zu ergreifen, um die Streikenden zu bestrafen.

Das Urteil ist ein gewaltsamer Angriff auf das grundlegende demokratische Streikrecht. Die Antwort muss die Verstärkung des Streiks durch die Basis und eine volle Unterstützung der Streikenden sein, insbesondere durch die Gewerkschaftsdachverbände, die politischen Parteien wie PT, PCdoB und die linken Organisationen.

Die Entscheidung von Richter Gandra, der sich dem Amtsantritt des ultrarechten Präsidenten Bolsonaro als sein Handlanger erweist, ist monokratisch, d.h. nur von einem einzelnen Richter ohne demokratische Legitimation entschieden, was den diktatorischen und letztlich prokapitalistischen Charakter des Richters zeigt, der das Streikrecht einschränken will.

Gandra will auf Geheiß der Ölgesellschaft Petrobras und Bolsonaros den Arbeiter*innen Angst einjagen und bedroht sie mit Sanktionen, damit sie nicht weiter gegen Entlassungen, Privatisierungen und das Verscherbeln des nationalen Reichtums kämpfen.

Alle Gewerkschaften, linken Organisationen, Anwält*innen und Verteidiger*innen staatsbürgerlicher Rechte, einschließlich des Streikrechts, müssen diese autoritäre Entscheidung unverzüglich zurückweisen.

Die undemokratische Entscheidung fand am 17. Tag des Streiks statt. Sie kam zu einem Zeitpunkt, als die Kraft des Streiks das mediale Schweigen zu durchbrechen vermochte und bereits deutliche Auswirkungen auf die Produktion und die Unternehmensgewinne hatte. Petrobras versuchte, die Entschlossenheit der Streikenden zur Verteidigung ihrer Arbeitsplätze zu durchbrechen. Der Konzern forderte dazu Bußgelder gegen die Gewerkschaften und schikanierte die Streikenden mit Lohnkürzungen, Aussetzung der Urlaubstage, eine Genehmigung zur Einstellung von Streikbrecher*innen von außen und gab finanzielle Zuwendungen an Streikbrecher*innen im Betrieb.

Das neue autoritäre Gerichtsurteil zeigt die Stärke des Streiks und die Chancen auf seinen Sieg. Die Ölarbeiter*innen können immer noch gewinnen, diese autoritären Maßnahmen überwinden und noch mehr zu einem Symbol für das ganze Land werden. Dazu müssen sie ihr Selbstvertrauen und ihre Organisation vom Norden bis zum Süden des Landes verdoppeln und ihre Aktionen koordinieren.

Die CUT (Central Unica de Trabajadores), der größte Gewerkschaftsdachverband des Landes unter Führung der PT, der Tausende von Gewerkschaften und die meisten Ölarbeiter*innen organisiert, muss unverzüglich Solidaritätsaktionen im ganzen Land organisieren. Die CTB (Central de Trabajadores de Brasil) und die UNE (União Nacional de Estudantes), die von der PCdoB geleitet werden, müssen unverzüglich Aktionen in die gleiche Richtung organisieren.

Es ist notwendig, in jeder größeren Stadt Veranstaltungen zu organisieren, Plakate zur Unterstützung des Streiks zu verbreiten und alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um den ersten großen Streik gegen Bolsonaro mit Solidarität zu umgeben.

Es muss die Einheit der verschiedenen mit der CUT und der CTB verbundenen Sektoren aufgebaut werden, um zu verhindern, dass die Ölarbeiter*innen von den für März geplanten Protestaktionen isoliert werden. Alle Gewerkschaftszentren müssen solidarisch handeln, denn wenn die Ölarbeiter*innen Bolsonaro schlagen, wird die gesamte Arbeiter*innenklasse siegen.

Es ist notwendig, dass die Kundgebung zur Unterstützung des Kampfes der Ölarbeiter*innen, die für diesen Dienstag in Rio de Janeiro organisiert wurde, eine sehr starke Demonstration dieser Solidarität und Unterstützung wird.

Die Organisationen der Linken, vor allem diejenigen, die sich als sozialistisch bezeichnen, wie die Parlamentarier*innen der PSOL, sollten alle Mittel zur Verfügung stellen, um die Ölarbeiter*innen gegen den Autoritarismus der Justiz zu stärken.

Die Ölarbeiter*innen sind stark, ihr Kampf hat es gezeigt und sie können gewinnen. Wir brauchen Einheit von der Basis aus, um den Streik demokratisch zu koordinieren, um die Streikposten zu stärken und zu koordinieren, um gemeinsam auf das Unternehmen, Bolsonaro und die Justiz zu reagieren.

Leandro Lanfredi, ein Mitarbeiter von Petrobras und Herausgeber von Esquerda Diário, wurde von La Izquierda Diario interviewt und sagte: „Von unserer Zeitung aus haben wir von Anfang an alle unsere Ressourcen zur Unterstützung des Streiks eingesetzt. Wir forderten auch den Aufbau eines nationalen Streikkomitees mit Vertreter*innenn aus jedem Betrieb, das die in verschiedenen Gewerkschaften organisierten Arbeiter*innen zusammenführt. Die Notwendigkeit der Einheit ist noch entscheidender, um auf diesen Angriff ohne Spaltung zu reagieren.“

Lanfredi fügte hinzu: „Die Ölarbeiter*innen können gewinnen. Wir brauchen Einheit, Entschlossenheit und die Unterstützung aller Arbeiter*innen und der Jugend des Landes, um Bolsonaro zu besiegen“.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Spanisch bei La Izquierda Diario.

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