Blutbad in Paris. Hollande erklärt Ausnahmezustand

14.11.2015, Lesezeit 4 Min.
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// Über 120 Tote in Paris und über 10.000 bewaffnete Einheiten in der Hauptstadt // Erklärung der Revolutionär-Kommunistischen Strömung in der Neuen Antikapitalistischen Partei, Stand 14.11. um 1:00 Uhr //

Einhundert Tote gab es allein im Theater Bataclan – ein wahres Blutbad. Die Angriffe fanden fast gleichzeitig in fünf Stadtvierteln von Paris und in der Nähe des Stade de France in Saint-Denis statt. Die vorläufige Bilanz zählt 118 zufällige Tote – ohne die dutzenden Schwerverletzten zu zählen. Zehn Monate nach den Angriffen auf Charlie Hebdo und den Supermarkt in Vincennes, hätten Terrorist*innen (nach den Medienangaben islamistische Terrorist*innen) auf asymmetrische und barbarische Weise auf die barbarische imperialistische Intervention seit eineinhalb Jahren in Syrien und Irak im Namen der Menschenrechte und gegen den IS geantwortet. Diesen Abend hat Frankreich das erlebt, was Beirut am 12. November erlebt hat und was der tägliche Preis der Bevölkerung in Syrien, Irak und Jemen ist.

Synchronisierter totaler Terror kurz vor 21:30 Uhr: Schüsse in Cafés, Geiselnahme in einem der bekanntesten Theatersäle der Hauptstadt, dem Bataclan; Explosionen in der Nähe des Stade de France, wo das Fußballspiel Frankreich gegen Deutschland unter den Augen des französischen Präsidenten Hollande stattfand. Unter den Toten befinden sich nur ausschließlich anonyme, zufällig getötete Personen. Die Emotionen kochen über angesichts dieser Eskalationsstufe. Wir verurteilen die niederträchtigen Attentate scharf und wir solidarisieren uns mit den Opfern und ihren Angehörigen.

Von Seiten der Regierung ebenso wie von allen übrigen politischen Kräften ist die Krise komplett, auch wenn seine Minister*innen den Zustand mit der Ausrufung des Ausnahmezustandes beantworten wollen. Kurz vor Mitternacht kündigte der Präsident an, dass sich das Militär bereithalten würde, um die Spezialkräfte der Polizei zu unterstützen. Zum ersten Mal seit dem Ende des Algerien-Krieges ist der Notstand über ganz Frankreich verhängt worden – und das nicht nur wie 2005, als es zu Revolten in den Pariser Vororten kam, über die Region Ile-de-France. Das alles gibt den Präfekten und den Ordnungskräften besondere Vorrechte, um den Verkehr lahmzulegen, bestimmte Orte zu schließen, aber vor allem in der Pariser Region Hausdurchsuchungen ohne die gewöhnlichen juristischen Gepflogenheiten durchzuführen. Letztendlich wurden auch die Grenzen geschlossen.

Es ist wohl eine gewaltige reaktionäre Woge, die Hollande entwickelt, um den Staat durch die Schockstarre an sich zu reißen, die Vorrechte der Exekutive zu verstärken und eine bonapartistische Wende einzuleiten. Er weiß, dass er politisch durch Sarkozy und Le Pen bedrängt werden wird, die kurz vor den Regionalwahlen aus der Situation Kapital schlagen wollen, auch wenn einige politische Führungen das Ablassen von ihrem Wahlkampf angekündigt haben. Nach außen könnte man im Zuge eines allgemeinen Säbelrasselns eine Intensivierung der imperialistischen Interventionen gegen den Islamischen Staat erwarten. Das ist auch das, was aus der ersten Erklärung von Barack Obama zu hören ist.

Hollande beschwört wie im Januar die nationale Einheit und setzt auf das „Vertrauen in unsere Sicherheitskräfte“. Nicht nur, dass diese Kräfte der „Unsicherheit“ unfähig sind, diesen Angriffen vorzubeugen und dagegen ihren eigenen „Terror“ gegen die Arbeiter*innen und die Massen und die Migrant*innen verbreiten. Die imperialistischen Interventionen Frankreichs – zwei pro Jahr seit dem Machtantritt von Hollande – bilden den Boden des islamistischen Terrors, welcher der Feind der Befreiung der Völker vom Imperialismus und Zionismus und letzten Endes ein deformierter Reflex auf die kriegerische Barbarei des Westens ist.

All diesen Formen der sicherheitsrechtlichen, rassistischen und bonpartistischen Wende und all den Formen des Terrorismus muss Widerstand geleistet werden: angefangen mit den elementarsten Punkten, wie der Ablehnung des Rassismus und der Islamophobie, die ansteigen werden. Besonders muss die Hetze gegen die für die Terrorwelle in Europa von manchen Medien verantwortlich gemachten Geflüchteten zurückgeschlagen werden. Das muss dieses Mal bedeuten, dass unsere Organisationen der Arbeiter*innen und der Jugend, der „Nach-Charlie-Erpressung“ widerstehen müssen. Das ist die Bedingung, um einen möglichen Widerstand zu denken. Wir müssen jede Front oder jeden Block mit dieser Regierung und ihren Verbündeten ablehnen, welche verantwortlich sind für Krieg, Krise, Arbeitslosigkeit, Xenophobie und Ausbeutung.

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