Beschäftigte auf Kinderstation stellt klar: „Das Personal befindet sich in einer Abwärtsspirale“

03.09.2021, Lesezeit 3 Min.
Gastbeitrag

Aktuell gibt es für Pflegekräfte weder das anerkennende Klatschen, noch Verpflegung während der Arbeitszeit oder Bonuszahlungen. Perspektive einer bayerischen Krankenhausarbeiterin auf Kinderstation.

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Der naive Gedanke, dass sich durch die Pandemie nachhaltig etwas Positives verändern könnte, hat sich inzwischen auch bei den optimistischsten Pflegekräften erledigt.

In dem Bereich der Kinderbetreuung ist das Arbeitspensum deutlich gestiegen, denn über die komplette Pandemiezeit gab es massive Einschränkungen der Fördermaßnahmen. Einige Kinder, die Zuhause missbraucht werden, wären vor der Pandemie von den Schulen früher gemeldet worden und hätten Hilfe bekommen. Per Onlineunterricht jedoch lassen sich Vernachlässigungen, Missbrauch oder häusliche Gewalt selten ausmachen. Somit sind einige der Kinder, die wir aktuell betreuen, sehr bedürftig und brauchen natürlich viel mehr Personal als von den Chefs eigentlich vorgesehen ist.

Das Personal unserer Klinik befindet sich in einer Abwärtsspirale. Durch Corona-Erkrankungen fallen immer wieder Mitarbeiter:innen aus. Auch mit der höheren Arbeitsbelastung der Kolleg:innen steigt der Stresspegel, sodass es nicht verwunderlich ist, dass sich dann noch mehr und mehr Personal krank meldet. Die Letzten, die versuchen, den Betrieb noch irgendwie aufrecht zu erhalten, stehen kurz vor dem oder auch schon mitten im Burnout. Das eigentliche Ziel, qualitativ hochwertige Förderung von Kindern und Eltern anzubieten, scheint zweitrangig. Wir Mitarbeiter:innen müssen miterleben, wie wir Kindern und Eltern durch Personalmangel nicht helfen können, Erfolgserlebnisse auf beiden Seiten bleiben aus und die Frustration steigt. Quantität statt Qualität ist gerade die Devise der Chefs.

Tief traurig stimmt mich, dass viele Pflegekräfte – manchmal direkt nach der Ausbildung, oder nach nur ein paar Jahren – entscheiden, nicht mehr mit Menschen arbeiten zu wollen. Verständlich bei der Ausbeutung. Ständiges Einspringen, zehn Dienste am Stück, täglich bis zu zehn Stunden Arbeit, meist ohne Pause den kompletten Tag FFP2-Maske tragen, nichts Trinken oder Essen geschweige denn eine Toilettenpause. Wenn dann noch die kleinen Erfolgserlebnisse mit den Kinder ausbleiben, muss auch ich darüber nachdenken, wie lange ich noch in einem Krankenhaus arbeiten will und kann! Bis jetzt verlaufen alle Bemühungen meinerseits, etwas bei den Chefs zu verändern, im Sande. Es scheint nur wichtig zu sein, dass genug Geld fließt, damit sich die Vorgesetzten am Ende des Jahres Bonis ausschütten können.

Das Hauptproblem liegt darin, dass die Klinik ein profitorientiertes Unternehmen ist!

Deswegen fordere ich einen besseren Betreuungsschlüssel sowie angemessene Bezahlung, Wertschätzung und bezahlte Fortbildungen.

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