Berlin: TVöD/TVL für alle am 16. November!

08.11.2018, Lesezeit 6 Min.
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Am 16. November planen prekär Beschäftigte aus Berlin eine Kundgebung vor dem SPD-Landesparteitag. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem der Kampf der Kolleg*innen an den Krankenhäusern.

Zwei Jahre ist der jetzige rot-rot-grüne Senat mittlerweile im Amt. Damals hatte die Koalition festgesetzt, dass Landes- und Tochterunternehmen in Tarifverbünde zurückgeführt werden sollen. Doch was die Beschäftigten seitdem lernen mussten, ist vor allem eins: Von selbst passiert das nicht. Bei der Charité Facility Management (CFM) brauchte es mehrwöchige Streik, um die mittlerweile beschlossene Kommunalisierung des Unternehmens ab 2019 zu erwirken. Auch die Vivantes Service GmbH (VSG) kann davon ein Lied singen. Haben die Kolleg*innen diesen Sommer doch über 50 Tage für die Angleichung der Löhne an den TVöD gestreikt. Erreicht haben sie das zwar leider nicht – jedoch wurden bedeutende Verbesserung in den Arbeitsbedingungen erwirkt. Diese Woche traten auch die Therapeut*innen der hundertprozentigen Charité-Tochter CPPZ in ihren ersten Warnstreik. Eine Mehrheit der Beschäftigten dort hat sich auch prompt daran beteiligt.

Die Forderungen gleichen sich in fast allen ausgegliederten Unternehmen. Rückführung in den TVL bzw. TVöD sowie ein Ende von sachgrundlosen Befristungen. Um diese Forderungen zusammenzuführen, planen die Beschäftigten am 16. November eine Kundgebung vor dem SPD-Landesparteitag.

Im April hat der Senat beschlossen, dass künftig im „öffentlichen Dienst des Landes Berlin grundsätzlich keine Arbeitsverträge mehr ohne sachlichen Grund befristet werden“. Doch was tun, wenn sich die Geschäftsführungen einfach nicht daran halten? Im Aufruf zur Demonstration heißt es dazu:

Nicht zuletzt stellt sich die Frage, wie der Beschluss des Abgeordnetenhauses umgesetzt wird, sachgrundlose Befristungen zu beenden. Vor Ort erleben wir zu häufig, dass die Geschäftsführungen in outgesourcten Betrieben sich weigern, sachgrundlose Befristungen abzuschaffen, bzw. diese  durch künstliche „Sachgründe“ ersetzen. (…) Die Erfahrungen im letzten Jahr sind, dass trotz aller Versprechungen nur durch massive Streiks, bzw. langwierige Kämpfe, erste Schritte umgesetzt wurden.

Auch wenn der Senat gerne große Töne spuckt: Bewegen tut er sich doch erst, wenn der Druck von Seiten der Beschäftigten steigt. Neben zahlreichen Kundgebungen vor SPD-Parteitagen und Veranstaltung bleiben doch in erster Linie die beeindruckenden Streiks der CFM und der VSG im Gedächtnis.

Zur Kundgebung

Dementsprechend ist die Kundgebung vor dem SPD-Parteitag ein wichtiges Signal. Nicht nur aufgrund des aktuellen Tarifkampfes bei der CPPZ, sondern auch im Sinne des vereinigten Kampfes aller Belegschaften ausgegliederter Betriebe. Denn besonders in den Berliner Krankenhäusern Vivantes und der Charitè existieren mehr als ein Dutzend Tochterunternehmen, mit denen die Geschäftsführungen die geltenden Tarifverträge umgehen. Besonders junge Beschäftigte kennen mittlerweile fast nur noch befriste Beschäftigung. Das ist nicht nur ein Problem für das Bestreiten des Lebensunterhaltes bei den rasant steigenden Mieten, sondern es schwebt auch wie ein Damoklesschwert über den Kolleg*innen, die sich am Streik beteiligen. Kann die Geschäftsführung unliebsame Beschäftigte doch einfach nicht verlängern, wenn der Vertrag ausläuft. Umso beeindruckender ist, dass sie viele von ihnen dennoch am Warnstreik bei der CPPZ beteiligt haben.

Im Mai zeigten die studentischen Beschäftigten und die Kolleg*innen der VSG bereits eindrücklich, welches Mobilisierungspotential ein gemeinsamer Kampf für Tariflöhne haben kann, als am 17. Mai 1500 Menschen durch Berlin zogen. Auch sonst vergeht kaum ein Streik in Berlins Krankenhäusern ohne gegenseitige Solidaritätsbekundungen aus anderen Tochterunternehmen. Die bisherige Weigerung des ver.di-Bundesvorstands, die Zersplitterung der Charité und von Vivantes durch gemeinsame Streiks aller Beschäftigten – egal ob Tochter oder Mutter – zu bekämpfen, spielt dabei leider nur den Geschäftsführungen in die Karten, da die Streiks trotz relativ hoher Beteiligung absolut klein bleiben. Dementsprechend löst diese Weigerung auch an der kämpferischen Basis für Unverständnis. Ein Streik, der Berlins Krankenhäuser komplett lahm legt, wäre ein machtvolles Mittel, um die Rückführung aller Tochterunternehmen und ein Ende von sachgrundlosen Befristungen zu erwirken.

Die SPD im freien Fall

Die Quittung für die leeren Versprechungen des Senats bekommt die SPD aktuell auf den Tisch geknallt. Bundesweit steckt die Partei ohnehin in einer Repräsentationskrise in der Arbeiter*innenklasse. Aber auch in Berlin kämpft die Partei laut aktuellen Umfragen mit der CDU und der AfD längst nur noch um den dritten Platz hinter den Grünen und der Linkspartei. Besonders in den Arbeiter*innenbezirken Berlins hat die SPD viel Vertrauen eingebüßt, was Teile der Klasse zur AfD treibt – ob nun aus Protest oder nicht. Nach der CDU kamen bei den Abgeordnetenhauswahlen 2016 die meisten Stimmen für die AfD von Menschen, die vorher SPD gewählt hatten. Auch in Krankenhäusern berichten Kolleg*innen mittlerweile davon, dass viele Kolleg*innen AfD wählen, um dem Senat eins auszuwischen. Eine Wut, die die SPD sowohl bundes- als auch berlinweit durch Hartz IV, explodierende Mietpreise und daraus resultierender Altersarmut selbst zu verantworten hat.

Die Alternative für die Kolleg*innen kann jedoch nur darin liegen, sich selbst zu organisieren und gegen die Politik des Senats in den Betrieben zu kämpfen. Insbesondere die Kolleg*innen am Botanischen Garten haben bewiesen, dass sich kämpfen doch lohnt – und auch bei der CFM und der VSG wurden erste Schritte erkämpft, um die Rückführung in den TVL bzw. den TVöD zu erreichen. Nicht durch warten und hoffen, dass der Senat irgendwann seine Versprechen einlöst, sondern durch ausdauernde Streiks und gegenseitige Solidaritätsaktionen und gemeinsame Demonstrationen. In dem Sinne kann auch die Demonstration am 16. November nur ein weiterer Schritt sein, die Zusammenführung der Kämpfe aller Bereiche der Berliner Krankenhäuser durchzusetzen.

Demonstration am 16. November: TVöD/TVL für alle!

Auftakt: 15 Uhr, Charité-Platz, 10117 Berlin
Kundgebung: 16 Uhr Stauffenbergstraße 26, 10785 Berlin
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