Berlin: 10.000 bei der internationalistischen Pride-Demonstration
Am vergangenen Wochenende sind in Berlin bis zu 10.000 Menschen zu einer antirassistischen und internationalistischen Pride-Demonstration zusammengekommen. Das starke politische Symbol konnte auch durch Polizeirepression und antideutsche Provokationen nicht geschmälert werden.

“We are here and we are queer — in every shade, size, and shape! We are so much more than the limited imaginations of cis, white, state-sponsored pinkwashing parades and rainbow capitalism.” Unter diesem Slogan versammelten sich am vergangenen Samstag 10.000 Menschen am Hermannplatz in Neukölln.
Während einige Stunden zuvor 80.000 Menschen in Berlin den alljährlichen Mainstream-CSD feierten, ging es bei der Internationalistischen Pride vor allem darum, die radikalen, queeren, antikolonialen und antirassistischen Communities in Berlin zusammenzubringen und das weiße, kapitalistische Patriarchat herauszufordern.
Im Gegensatz zum Mainstream-CSD positionierte sich diese Demonstration gegen Pinkwashing und die Vereinnahmung der queeren Bewegung durch kapitalistische Unternehmen. Die Unterdrückung queeren Lebens ist in die herrschenden Verhältnisse eingeschrieben, was bedeutet, dass formale Zugeständnisse für einige wenige, verhältnismäßig privilegierte Menschen keine grundlegende Veränderung der Verhältnisse nach sich zieht. Die Vereinnahmung von kapitalistischen und (homo-)nationalistischen Strömungen des CSD bedeutet faktisch einen Ausschluss vieler Menschen von den Forderungen nach Freiheit und Gerechtigkeit. Das Ziel dieser Demo war es, genau dem eine revolutionäre Pride mit einer klassenkämpferischen Perspektive für die Befreiung aller entgegenzustellen.
🏳️🌈 #B2407 massive participation at the first Internationalistist Queer Pride in #berlin@QuarcBerlin#queerpride #csdberlin #csd #queer #pride #csd2021 #lgbtiq #iqp2021 pic.twitter.com/gXGgYVn2vc
— Montecruz Foto (@Montecruzfoto) July 24, 2021
Auf der Demonstration kam es zu Repression, darunter Festnahmen und Polizeigewalt, aber auch Provokationen durch rechte Antideutsche und Foto-Aktivist:innen. Da einige von ihnen bereits für hetzerische Berichterstattung über pro-palästinensische Demos und Aktionen bekannt waren, wurden sie von Demo-Ordner:innen aufgefordert, das Fotografieren und insbesondere Nahaufnahmen zu unterlassen. Anstatt dieser Aufforderung zu folgen, holten sie sich Hilfe von der Polizei, um unter Geleitschutz weiter fotografieren zu können. Zum Ziel antideutscher Berichterstattung wurde die internationalistische Pride-Demonstration, weil sie maßgeblich von palästinasolidarischen Gruppen mitorganisiert worden ist, darunter Migrantifa Berlin, Jewish Bund und Palästina Spricht.
Nicht nur in antideutschen Szenemedien, sondern auch in der bürgerlichen Presse wurde die auf der Demonstration gezeigte Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf als Antisemitismus diffamiert. Der Gebrauch solcher fingierter Antisemitismusvorwürfe dient gleichzeitig dazu, rassistische Ressentiments gegen die maßgeblich von migrantischen Gruppen getragene Demonstration zu schüren.
Dear comrades, queers* & allies 🌹
Yesterday we made history as 10,000 of us took to the streets for Berlin’s first anti-racist, anti-colonial Pride march, on the same day as the mainstream CSD.
Berlin’s energy is shifting as the counter-movement to pinkwashing grows. (1/12)— QuARC Berlin (@QuarcBerlin) July 25, 2021
Wir solidarisieren uns mit den von Repressionen Betroffenen und verurteilen die Polizeigewalt sowie die verleumderische Berichterstattung der bürgerlichen Medien. Für einen antikapitalistischen, antirassistischen und queeren Befreiungskampf!
Korrektur: In der ursprünglichen Version des Artikels war die Rede davon, dass Jörg Reichel, Berliner Landesvorsitzender der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union persönlich aufgefordert worden sei, keine Nahaufnahmen von Demonstrant:innen zu machen und sich darüber hinweggesetzt habe. Wir haben diesen Teil entfernt, da er sich nicht überprüfen ließ. Richtig ist, dass Reichel vor Ort war und zwischen Polizei und den unerwünschten Fotograf:innen vermittelt hat.
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