Bayern: Stellen sich die Grünen unter Söders Fuchtel?

07.05.2018, Lesezeit 4 Min.
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In Bayern gehen zur Zeit Zehntausende gegen das geplante Polizeiaufgabengesetz auf die Straße – mit angeführt von den Grünen. Gleichzeitig sprechen Grüne-Spitzen davon, „Regierungsverantwortung“ zu übernehmen, also mit der CSU zu koalieren.

Am 14. Oktober wird sich entscheiden, ob es mit der Alleinherrschaft der CSU in Bayern zu Ende geht. Damit es nicht so weit kommt, setzt Ministerpräsident Markus Söder auf eine ganze Reihe von Maßnahmen, die der größten Konkurrenz, der AfD, das Wasser abgraben sollen: Kreuzerlass für bayerische Behörden, neues Polizeiaufgabengesetz (PAG), Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz, oder die bereits in Bayern bestehenden „Ankerzentren“, also Lagerhaft von Geflüchteten. Diese sollen laut Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf ganz Deutschland ausgeweitet werden. Allesamt Maßnahmen, um Geflüchtete noch weiter zu terrorisieren.

Bayerische Grünen-Spitze will Koalition mit CSU

Laut den letzten Umfragen liegt die CSU bei 41 Prozent. Sollte sich das nicht bedeutend ändern, wird sie in der nächsten Legislaturperiode auf eine Koalition angewiesen sein. Die Grünen lehnen die Maßnahmen der CSU ab: Gegen den Kreuzerlass argumentierten sie im Bayerischen Landtag, und gegen das PAG gehen sie in ganz Bayern auf die Straße. In vielen Städten wäre eine Mobilisierung ohne die Grünen kaum möglich. In dieser Situation gab nun Sigi Hagl, Landesvorsitzende der Grünen, ein Interview mit radioWelt, in der sie in Hinblick auf mögliche Koalitionsverhandlungen sagte: „Wir werden mit allen reden, nur nicht mit der AfD.“

Nun macht aber die CSU genau die rassistische Politik, die die AfD fordert. Trotzdem seien die Grünen laut Hagl „so bereit wie nie, Regierungsverantwortung in Bayern zu übernehmen“. Also eine Schwarz-Grüne Regierung in Bayern? Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckart, hatte das vorerst ausgeschlossen. Doch darauf twitterte der bayerische Landtags-Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann: „Nichts für ungut, aber das entscheiden wir schon selbst.“ Während sich die Bundespartei gerne von der CSU distanzieren würde, um sich für die nächsten Bundestagswahlen 2021 nicht zu diskreditieren, will die bayerische Parteispitze mit in die Ministerien, um „unsere Inhalte und um Bayern voranzubringen“, so Hagl.

Aber würden sich die Grünen nicht der Agenda der CSU weitgehend unterordnen? Ein Blick nach Baden-Württemberg zeigt, wie konservativ und repressiv die Grünen in der Regierung handeln – obwohl sie dort mit Winfried Kretschmann den Ministerpräsidenten stellen und die CDU nur Juniorpartnerin ist. Den Großeinsatz der Polizei in Ellwangen, zur Durchsetzung einer Abschiebung, lobte Kretschmann. Die Widersprüchlichkeit der Grünen tritt beim Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer noch offensichtlicher zu Tage. Offen rassistisch äußerte er sich über einen vermeintlich rowdyhaften Fahrradfahrer: „So etwas gehört sich für niemand und für einen Asylbewerber gleich dreimal nicht.“

Grüne müssen sich entscheiden

Es ist gut, dass sich die Grünen aktuell gegen das PAG stellen. Sie haben gute Verbindungen zu migrantischen Vereinen, antirassistischen und feministischen Initiativen und NGOs. Mit ihrer Verankerung können sie einen wichtigen Beitrag gegen den Rechtsruck leisten. Ein Großteil der Grünen-Basis und Wähler*innenschaft sowie der vielen Aktivist*innen, die ihre Freizeit für Infostände und Bündnistreffen aufwenden, wünschen sich eine weltoffene Ausrichtung der Partei. In Solidarität mit Geflüchteten und für gleiche Rechte für alle.

Aber die Andeutungen der Parteiführung mit Söder zu koalieren, stellen diese Positionierung in Frage. Mit dem rechtesten Ministerpräsidenten der Republik wird keine fortschrittliche Politik zu machen sein. Möglich, dass er ein paar kleine Zugeständnisse gewähren würde. Aber um den Preis, den Kern seiner harten Rechtsaußenpolitik mitzutragen und den Widerstand dagegen einzustellen. Aus der Opposition heraus können die Grünen dagegen an der Seite der Gewerkschaften, linken Parteien, Studierenden, Schüler*innen und Geflüchtetenbewegung stehen und die CSU stoppen. Die bisherigen Mobilisierungen gegen das PAG haben gezeigt, dass mit einer konsequenten Politik gegen die CSU große Teile der Bevölkerung ansprechbar sind. Dieser Weg sollte fortgesetzt werden.

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