Barcelona: Große Streiks während des Mobile World Congress

24.02.2016, Lesezeit 4 Min.
1

Eine Geschichte zweier Städte: In diesen Tagen treffen sich Konzerne aus aller Welt beim Mobile World Congress (MWC) in der katalanischen Hafenstadt. Die elitäre Metropole das Kapitals feiert sich selbst. Das proletarische Barcelona macht dieses Spektakel nicht mit. Beschäftigte des Mobilfunkanbieters MoviStar rufen zu einer Großdemo gegen Prekarisierung auf. Gleichzeitig streiken die U-Bahner*innen.

Seit Mai letzten Jahres hat Barcelona eine „Linksregierung“. Ada Colau, ehemals Sprecherin der Plattform gegen Zwangsräumungen, wurde als Spitzenkandidatin der Bürger*inneninitiative Barcelona em comú (Barcelona gemeinsam) auf Anhieb zur Bürgermeisterin der Stadt. Das linksalternative Bündnis bildete eine „Regierung des Wandels“ und versprach eine „Stadt im Interesse von allen“.

Seit Montag tagt der Mobile World Congress (MWC) in der Stadt. Dieser Gipfel der Konzerne wird jährlich mit bis zu 100 Millionen Euro subventioniert. Warum? Angeblich werden Arbeitsplätze geschaffen – so die Argumentation der alten Stadtverwaltung der korrupten und konservativen Partei CiU. In Wirklichkeit bekommen Arbeiter*innen auf diesem Kongress nur Verträge für ein bis zwei Wochen mit sehr niedrigen Löhnen. Die Profite bleiben bei der Hotelmafia.

Seit Jahren machen soziale Bewegungen gegen diesen Kongress mobil. Doch dieses Jahr ist Ada Colau nicht bei den Protesten, sondern bei der offiziellen Eröffnung dabei. „Sehr wichtig für die Wirtschaft der Stadt“ sei der MWC, sagt die Linksregierung – genauso wie ihre rechten Vorgänger*innen aus dem Rathaus.

Doch auch wenn Colau und ihre Mitstreiter*innen fehlen, sind sehr viele Arbeiter*innen auf der Straße. Beschäftigte von MoviStar rufen am Montag zu einer „blauen Welle“ gegen Prekarisierung auf, denn türkis ist die Farbe ihres Kampfes. Tausende Menschen füllen die Straßen der Stadt. Noch im Wahlkampf hatte Ada Colau den streikenden Arbeiter*innen von MoviStar Unterstützung in ihrem Kampf für feste Arbeitsplätze zugesagt. Heute verbringt die Lokalpolitikerin ihre Zeit nur noch mit den Ausbeuter*innen.

Ebenfalls Montag traten die U-Bahner*innen in den Streik. Seit vier Jahren hatten sie keine Lohnerhöhung bekommen. Viele haben nur Teilzeitverträge, die nur bis zum Ende des Jahres reichen. In einer Versammlung mit mehr als 1.000 Teilnehmer*innen forderte die Belegschaft eine echte Lohnerhöhung sowie die Festanstellung von 600 befristeten Kolleg*innen. Doch das städtische Unternehmen TMB bleibt stur.

Tagelang hatten Colau und ihre Mitarbeiter*innen versucht, den Streik abzuwenden – jedoch nicht, indem sie der Prekarisierung ein Ende setzten, sondern indem sie den Arbeitskampf als „unangemessen“ und „schädlich“ angriffen. Für die Kapitalist*innen beim MWC macht der Streik nichts aus: Sie werden eh mit Limousine hingebracht. Aber die Tausende prekarisierten Arbeiter*innen, die für niedrigen Löhne die Veranstaltung am Laufen halten, kommen teilweise nur verspätet zur Arbeit. Der Chef des Gipfels sprach von „Unbehagen und Entäuschung“.

Nicht nur die Kapitalseite ist enttäuscht. „Viele von uns hier haben dir geglaubt“ sagte ein U-Bahner zu Colau, „du kannst nicht mit uns reden im Stil der alten CiU“. Barcelona em comú hatte in ihrem Wahlprogramm gefordert, „sozial engagierte Unternehmen“ zu fördern und Aufträge zu vergeben, „wenn gerechte soziale und Umweltkriterien erfüllt werden (würdige Löhne, sichere Verträge, Arbeitsschutz, Mitbestimmung…)“.

Die „Regierung des Wandels“ verwaltet jetzt eine kapitalistischen Stadt und wandelt sehr wenig. Colau und ihre Leute sind schlicht von der einen in die andere Stadt gezogen – sie sind jetzt im Barcelona des Kapitals unterwegs. Die „alte Kaste“ der korrupten Politiker*innen wurde schlicht durch eine „neue Kaste“ ersetzt. Für das Barcelona des Proletariats gibt es weiterhin Arbeitslosigkeit, Prekarisierung und Zwangsräumungen. Das desillusioniert auch viele Arbeiter*innen, die vorher ihr Vertrauen in diese Projekte setzten, und nun auf der Suche nach Alternativen sind.

Für eine wirkliche Alternative müssen die Streiks verbunden und auf die Industrie ausgeweitet werden. Vor allem muss die Arbeiter*innenklasse ihre eigene Partei aufbauen, unabhängig von allen Flügeln der Bourgeoisie und ihren Insitutionen. Nicht auf eine „bürger*innennahe“ Stadtverwaltung, sondern allein auf ihre eigenen Kräfte können sich die Arbeiter*innen verlassen.

Die komplette Berichterstattung in spanischer Sprache gibt es auf IzquierdaDiario.Es

Mehr zum Thema