Autonome Ästhetik: G20 als Holi-Festival?

11.08.2017, Lesezeit 2 Min.
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#KGKcamp: "Colour the Red Zone" hieß es in einem Aufruf der Interventionistischen Linken (IL) zu den G20-Protesten. Mit verschiedenfarbigen "Fingern", also Demonstrationszügen, die in blauen, roten, grünen oder lilanen Klamotten liefen, sollte das Sperrgebiet, die Rote Zone Hamburgs, durchbrochen werden. Von seiner Ästhetik her erinnert das an ein Holi-Festival. Die Demonstration als große Party. Diese Ästhetik wurde auf einem Workshop auf dem Sommercamp von Klasse Gegen Klasse kritisiert.

Diese Aufmachung ist nicht nur reine Taktik, etwa um die „Finger“ besser koordinieren zu können. Auf einem Workshop beim Sommercamp von Klasse gegen Klasse sprach  Marco Blechschmidt über die Hintergründe von autonomer Ästhetik. Anhand von Videos und Bildern hoben er ihre zentrale These hervor: Da sich autonome Strömungen nicht auf die Arbeiter*innenklasse als revolutionäres Subjekt beziehen, setzen sie auf eine gesichtslose Masse als kämpferische Akteur*innen.

Egal ob Arbeiter*in oder nicht, während der politischen Aktion werden sie zur „Multitude“, zum politischen Subjekt von Toni Negri und Michael Hardt – eine Strategie, die letztlich darauf verzichtet, Arbeiter*innen in ihren Betrieben zu organisieren.

Auf einem Video zur Hafenblockade des Ums-Ganze-Bündnis bei G20 läuft ein Demonstrationszug an einem LKW vorbei und der Fahrer grüßt solidarisch mit der Faust. Aber in der anonymen Masse der Demonstration gibt es keine Bezugsperson, der sich der LKW-Fahrer anschließen könnte.

In der autonomen Ästhetik steht nicht eine Klasse im Mittelpunkt, sondern alles kann anonymisiert Teil einer Aktion sein. Entsprechend werden Referenzen auf die Arbeiter*innenbewegung ironisiert und verfremdet, um eine Distanz aufzubauen. Auf einem Bild zur Münchner Räterepublik sind Barrikaden zu sehen. Wo sind die Menschen dahinter? So wird die Inszenierung selbst zum Zweck, zum „Statthalter einer besseren Praxis“ (Adorno), ohne die Verhältnisse dahinter mit einzubeziehen.

Die Aktionen, zu denen die IL mit „Colour the Red Zone“ aufrief, erreichten das Sperrgebiet. Dort wurden sie mit massiver Polizeigewalt zurückgedrängt. Hier zeigte sich, dass ihre Demos keine Partys, sondern wichtige politische Aktionen waren.

Um gegen die Repression und die G20 effektiver vorzugehen, müssen wir die organisierte Arbeiter*innenklasse einbeziehen. Den Kapitalismus werden wir nicht mit einem Holi-Festival, sondern mit einem Aufstand stürzen.

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