Aufruf: Bauen wir eine Kampagne gegen Krieg und Aufrüstung auf!

07.03.2022, Lesezeit 10 Min.
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Am vergangenen Samstag kamen in Berlin mehrere Aktivist:innen, aber auch andere Gruppen bei einem KGK-Treffen gegen Krieg und Aufrüstung zusammen. Wir diskutierten über die Lage in der Ukraine, den Aufstieg des deutschen Militarismus und die Notwendigkeit einer Antikriegsbewegung. Hier sind die Ergebnisse des Treffens. Wir rufen alle linken und gewerkschaftlichen Gruppen dazu auf, sich an einer gemeinsamen Kampagne zu beteiligen.

Der Krieg in der Ukraine verschärft sich. Nachdem die russischen Truppen in das Land einmarschiert sind, sind nach unterschiedlichen Angaben bisher tausende Zivilist:innen ums Leben gekommen, mehrere Städte zerstört worden und 1,3 Millionen Menschen befinden sich unter Flucht. Die europäischen Staaten, die deutsche Bundesregierung und die USA antworten auf den reaktionären Einmarsch von Putin mit scharfen Sanktionen, die am Ende die arbeitenden Bevölkerung in Russland treffen, mit Waffenlieferungen in die Ukraine und mit einer beispiellosen Aufrüstung, wie im Falle Deutschlands mit dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro.

Am Samstag trafen sich rund 50 Menschen auf Einladung von Klasse Gegen Klasse und Brot und Rosen in Berlin, um über den Krieg und die Aufgaben der Linken in Deutschland zu diskutieren. Trotz kurzfristiger Einladung an andere Gruppen kamen Genoss:innen von Solid Nord Berlin, Gruppe Arbeiter:innenmacht, SAV Berlin, RSO Berlin, Linke.SDS.FU, Rot-Feministische Jugend und Einzelpersonen aus der antirassistischen Bewegung zusammen.

Die Diskussion begann mit einer Debatte über die Lage in der Ukraine und die internationale Situation. Die Invasion in der Ukraine durch die russische Armee und Putin ist auf Schärfste zu verurteilen und hat keinerlei Legitimation. Die russischen Truppen müssen sofort die Ukraine verlassen.

Währenddessen müssen die Arbeiter:innen, die Jugend und alle Kriegsgegner:innen in Deutschland sich mit aller Kraft gegen die Kriegsvorbereitungen von Seiten der NATO stellen. Die NATO und die westlichen imperialistischen Staaten sind keine Verbündeten im Kampf gegen die russische Invasion. Im Gegenteil wollen sie nur ihren Einfluss in der Region für ihre eigenen geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen verteidigen. Die ukrainischen und osteuropäischen Arbeiter:innen, die seit Jahren in Deutschland für Niedriglöhne arbeiten und aufgrund der neoliberalen Politik der EU keine Arbeit in ihrer Heimat finden, können ein Lied davon singen.

Maßnahmen, die von der EU und der USA getroffen werden, wie der Ausschluss von Swift-Transaktionen oder von den internationalen Finanzmärkten treffen unmittelbar die arbeitende Bevölkerung in Russland, aber auch in Europa und anderen Kontinenten, die die Kosten dieser Maßnahmen durch Kürzungen und Preiserhöhungen aus eigener Tasche zahlen müssen.

Im Gegenteil bräuchte es heute eine große Solidarität mit der arbeitenden Bevölkerung in Russland, die seit Wochen trotz der Repression gegen den Krieg auf die Straße geht, anstatt sie mit noch mehr Repression zu unterdrücken.

Gleichzeitig müssen die Positionen innerhalb der deutschen Linken kritisiert werden, die den russischen Einmarsch legitimieren, beschönigen, gar in einigen Fällen wie die DKP Brandenburg, als eine “friedenspolitische Maßnahme” definieren. Solche Positionen, die die Agenda von Putin unterstützen, sind reaktionär und haben mit einer antiimperialistischen Politik nichts zu tun, sondern dienen den Interessen russischen Oligarchen. Es war derselbe Putin, der die Niederschlagung der Arbeiter:innenstreiks in Kasachstan vor einigen Monaten anordnete, die von der russischen Armee zerschlagen worden sind. Eben jene Truppen, die von DKP als “Friedenstruppen” bezeichnet werden, die über 200 Arbeiter:innen massakriert haben.

Aufschwung des Militarismus in Deutschland und unsere Aufgaben

Im zweiten Teil der Diskussion ging es dann um die Lage in Deutschland, die chauvinistische Pro-Kriegs-Stimmung und die Aufgaben der Arbeiter:innenbewegung, der Jugend und Revolutionär:innen heute gegen den Krieg.

Die Bundesregierung nutzt den Ukraine-Krieg ihrerseits, um eine in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellose Aufrüstungskampagne zu starten. 100 Mrd. Euro zusätzlich zum jährlichen Rüstungsetat von bisher knapp 50 Mrd. Euro. Die Kosten für diese Aufrüstung sollen durch Kürzungen in Gesundheit, Bildung und Klima finanziert werden.

Die Bundesregierung hat ebenfalls entschieden, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern, obwohl sie das vor einigen Tagen ganz ausgeschlossen hatte.

Währenddessen werden immer mehr Stimmen laut, die für eine direkte NATO-Intervention plädieren, was de facto den Kriegseintritt Deutschlands bedeuten würde.

Wie wir an einer anderen Stelle erklären:

“Auch die Gewerkschaftsspitzen, die großen NGOs und sogar die linksreformistische Partei DIE LINKE stimmen in diesen Kriegschor ein. Sie setzen auf Sanktionen und in einigen Fällen sogar auf die Lieferung von Waffen. Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Werneke, forderte auf der Großdemonstration mit 500.000 Menschen am vergangenen Sonntag in Berlin schärfere Sanktionen gegen Russland, erwähnte aber weder die Waffenlieferungen noch die 100 Milliarden für die Aufrüstung. Das Kommuniqué des DGB vom vergangenen Mittwoch beglückwünscht die Bundesregierung, „zu Recht verteidigungspolitisch schnell auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine reagiert“ zu haben. Und sie weisen darauf hin, dass die „dauerhafte Aufstockung des Rüstungshaushalts zur Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels der NATO […] vom DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften weiterhin kritisch beurteilt“ wird – also nicht wie bisher abgelehnt wird. Sie mahnen lediglich, dass „dringend erforderlichen Zukunftsinvestitionen in die sozial-ökologische Transformation und in die Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaates“ sicher gestellt bleiben müssen. Reiner Chauvinismus. Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (DIE LINKE) forderte sogar die Stärkung der Bundeswehr und die Rückkehr zur Wehrpflicht.”

Ebenfalls ist eine pro-Kriegsstimmung in Teilen der Klimabewegung zu spüren, mit dem Beispiel, dass Ferat Ali Kocak nicht auf der Bühne von FFF Berlin reden konnte, weil er sich nicht nur gegen die russische Invasion stellt, sondern auch gegen die NATO. Auch Thema auf dem Treffen war die Lage der Kriegsflüchtenden aus der Ukraine, die einerseits an den Grenzen rassistisch selektiert werden, andererseits in unzureichenden Unterkünften untergebracht werden.

Demgegenüber zeigt die Resolution der ver.di-Mitgliederversammlung der Berliner Krankenhausbewegung, mit der sich ca. 230 Kolleg:innen gegen den Krieg, Aufrüstung und Waffenlieferungen in Kriesegebieten ausgesprochen haben, dass eine Alternative der Arbeiter:innen zu diesem Krieg aufgebaut werden kann. Bei dem Treffen wurde deshalb auch über die Initiative der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) diskutiert, die in DGB und Betriebsgruppen ähnliche Resolutionen und Diskussionen anstoßen und die Anti-Kriegs-Aktivitäten in Gewerkschaften koordinieren will. Eine systematische Arbeit in den Betrieben ist strategisch sehr wichtig, da im Kriegsfall die Arbeiter:innen in strategischen Sektoren wie Eisenbahn, Logistik, aber auch in kritischen Infrastruktur der öffentlichen Daseinsvorsorge die Macht haben, durch Aktionen und Streiks die deutschen Kriegsmaßnahmen zu stoppen.

An allen Betrieben, Universitäten, Schulen und Nachbarschaften sollen ähnliche Versammlungen abgehalten werden, die sich dann in stadtweiten Versammlungen und einer gemeinsamen Kampagne gegen Aufrüstung und Krieg koordinieren können. Angesichts des Aufschwunges des deutschen Militarismus und einer Eskalation des Krieges ist es unsere historische Verantwortung, eine breite Antikriegsbewegung aufzubauen und darin klassenkämpferische Positionen starkzumachen.

Anstoß einer Kampagne gegen Krieg und Aufrüstung

Am Ende des Treffens waren sich die Teilnehmer:innen darin einig, dass es eine gemeinsame Kampagne braucht, die alle Aktivitäten der Kriegsgegner:innen in Berlin und in Deutschland bündelt. Als KGK sind wir der Meinung, dass die Grundlage für eine solche Kampagne mindestens in folgenden Forderungen bestehen sollte:

  • Gegen den Krieg! Nein zu der russischen Invasion in der Ukraine! Nein zu den NATO-Kriegsvorbereitungen!
  • Nein zur Aufrüstung! Für Investitionen in Gesundheit, Bildung und Klima statt für Aufrüstung!
  • Nein zu Sanktionen und Waffenlieferungen!
  • Offene Grenzen und Milliardenhilfen für alle Geflüchteten aus allen Kriegsgebieten!
  • Solidarität mit den Protesten in Russland gegen den Krieg!

Die Diskussion über die programmatische Grundlage der Kampagne soll in weiteren Treffen und Versammlungen an Arbeitsplätzen, Schulen und Unis weitergeführt werden. Besonders mit Beteiligung von mehr politische Gruppen und Sektoren.

Das Ziel der Kampagne solle außerdem sein, nicht nur die radikale Linke zu erreichen, sondern ebenfalls Teilen der LINKEN und Gewerkschaften, die sich gegen die Aufrüstung stellen, und vor allem die Bevölkerung selbst, die von der chauvinistischen Propaganda in den Medien für den Krieg mobilisiert werden soll.

Wir schlagen vor, dass sich in den kommenden Tagen ein provisorischer Koordinierungskreis bildet und alle Gruppen, Aktivist:innen und Gewerkschafter:innen, die mit der vorgeschlagenen Linie einverstanden sind, dazu einlädt, sich an den Vorbereitungen für eine Kampagne gegen Krieg und Aufrüstung zu beteiligen. Eine solche Kampagne sollte anhand gemeinsamer Slogans und Materialien in Betrieben, Universitäten, Schulen und Nachbarschaften aktiv werden, insbesondere auch in enger Zusammenarbeit mit der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG), die in den Gewerkschaften bereits eine erste Initiative gestartet hat.

Nächste Schritte könnten das Abhalten von Versammlungen am Beispiel der Berliner Krankenhausbewegung in weiteren Betrieben, Schulen und Unis in den nächsten zwei bis drei Wochen und die Verabschiedung von Resolutionen gegen den Krieg und die Aufrüstung sein. An der FU Berlin soll bereits heute, am 7. März, ein erstes Treffen von Studierenden dazu geben.

Im April könnte eine große Versammlung oder Konferenz für eine berlinweite (und perspektivisch bundesweite) Kampagne gegen Krieg und Aufrüstung stattfinden, zu der man aus allen Betrieben, Universitäten, Schulen und Nachbarschaften mobilisiert. Im Anschluss daran könnten regelmäßige Demonstrationen gegen Krieg und Aufrüstung auf der Straße und eine Beteiligung an den bundesweiten Anti-G7-Protesten in Juni stattfinden.

Im Anschluss an das Treffen gingen die Teilnehmer:innen gemeinsam zur Demonstration am Leopoldplatz und riefen “Nieder mit der Putin, Nieder mit der NATO!”, sowie “Geld für die Pflege, statt für Kriege!”. Auch am feministischen Kampftag am 8. März wird es einen gemeinsamen Auftritt unter dem Motto “Weder Putin noch NATO! Gegen Krieg und Aufrüstung!” geben (Treffpunkt 11 Uhr, Rosa-Luxemburg-Platz).

Bauen wir eine Kampagne gegen Krieg und Aufrüstung auf!

Es ist unsere historische Verantwortung als Arbeiter:innen und Jugendliche in Deutschland, eine weitere Eskalation dieses Krieges zu verhindern und eine unabhängige Position gegen unsere eigene Regierung zu vertreten, die für kommende Kriege aufrüstet.

Meldet euch als Gruppe oder Einzelperson per Mail, wenn ihr euch an der Kampagne und in einem provisorischen Koordinierungs-Kreis einer solchen Kampagne beteiligen wollt.

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