AstraZeneca-Impftermin abgesagt – Bericht einer Sozialarbeiterin

18.03.2021, Lesezeit 3 Min.
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Bild: cortex-film / shutterstock.com

Die Impfungen mit dem Vakzin von AstraZeneca sind ausgesetzt. Das hat auch und vor allem Folgen für Kolleg:innen, die im sozialen Bereich arbeiten. Interview mit Josefa Euler, einer Sozialarbeiterin, deren Impftermin kurzfristig abgesagt wurde.

KGK: Guten Mittag, Josefa! Ich freue mich sehr, dass du zu einem Interview bereit bist. Am vergangenen Montag wurde bekannt, dass vorerst nicht mehr mit AstraZeneca geimpft wird, wovon auch du betroffen bist. Möchtest du dich zu Beginn kurz vorstellen und schildern, was dir passiert ist?

Josefa Euler: Ich bin eine 56-jährige Sozialarbeiterin und hatte am vergangenen Montag ab 17 Uhr Impftermine gemeinsam mit meinen Kolleg:innen eines nicht-kirchlichen Sozialen Dienstes, der ambulant psychisch erkrankte Menschen begleitet. Wir sind also ein sogenannter aufsuchender Dienst und gehören somit zur Risikogruppe zwei der Impfordnung.

Leider erfuhren wir über einen Aushang dort, dass die Impftermine mit dem Wirkstoff von AstraZeneca kurzfristig abgesagt wurden. Auf unsere Nachfrage nach einem anderen Impfstoff wurden wir recht unfreundlich abgewiesen, da nicht genügend Impfstoff da sei.

Du hast gesagt, dass du bei einem nicht-kirchlichen Träger arbeitest. Kannst du kurz erläutern, warum du dich entschieden hast, nicht bei kirchlichen Trägern zu arbeiten und was dein Problem mit diesen ist?

In der sozialen Arbeit sollten kirchliche Denkweisen und Moralvorstellungen keine Rolle spielen, was bei kirchlichen Trägern aber Grundlage ist, auch wenn dies „schöngeredet“ wird. Zum Beispiel werden LGBTIQ-Menschen vor allem auf lange Sicht nicht respektiert, man kann sich unter kirchlichen Trägern nicht erarbeiten, welches Geschlecht man eigentlich hat. Auch gleichberechtigt denkende Mitarbeiter:innen werden oft nicht ernstgenommen und akzeptiert. Es sollte ausschließlich um die individuelle Problemlage von Menschen unabhängig von Konfession, Einkommen, Nationalität und Herkunft gehen. Das ist auch der Grund, warum ich mich für einen nicht-kirchlichen Träger entschieden habe, auch wenn ich natürlich akzeptiere, dass Menschen ihrem Glauben nachgehen.

Während die Impfungen nun sehr verlangsamt sind, bleiben gleichzeitig Schulen, Geschäfte und so weiter noch offen. Wie denkst du darüber?

Die derzeitigen Lockerungen wurden auch aufgrund des Impffortschrittes gemacht. Der ist nun deutlich eingebrochen, also gibt es keine Grundlage für Lockerungen. Zumal die Zahlen der Infizierten rasant steigen. Ich nenne so ein Vorgehen fahrlässig.

Wie sehen – angesichts der steigenden Corona-Zahlen und der Impf-Katastrophe – die Schutzmaßnahmen aus, die der Staat erweitert?

Es gibt keine soviel ich weiß.

Liegt dir sonst noch was auf dem Herzen?

Das Vorgehen unserer Damen und Herren Politiker macht mich traurig und wütend und ich schäme mich fremd. So viel Stümperhaftigkeit, Ignoranz, Arroganz und Egoismus gepaart mit Geldgier und Machtbesessenheit ist ein toxischer Cocktail. Ich wünsche mir eine Gesellschaftsform, in der die Bedürfnisse der Menschen geachtet und realisiert werden.

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