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Argentinien: Wie stellt sich die PTS in der neu eröffneten Situation auf?

10.01.2024, Lesezeit 25 Min.
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Quelle: La Izquierda Diario

Der „Kriegsplan“ der Milei-Regierung mit Kürzungen und der Einschränkung demokratischer Rechte und die Proteste dagegen eröffnen eine offene politische Situation. Laura Liff analysiert hier die neuen Möglichkeiten, die sich in diesem Zusammenhang für den Aufbau einer großen revolutionären Partei eröffnen und wie die PTS in dieser sich zuspitzenden Lage zu diesem Ziel beitragen kann.

Eine neue Chance zum Aufbau einer großen revolutionären Partei als notwendiges Mittel zum Sieg

Der Aufstieg des „Liberalismus/Libertarismus“ an die Regierung in Argentinien folgt – wie sein Kriegsprogramm zeigt – einer hemmungslosen Verteidigung des ungezügelten Kapitalismus. Seine Grundlage liegt in der Krise des „regulierten Kapitalismus“ des Peronismus und des linken Reformismus. Dies stellt uns vor die Herausforderung, dass das Programm, die Strategie und die Ziele der Sozialist:innen für weite Teile der arbeitenden Bevölkerung zu einer Alternative werden müssen. Es ist daher notwendig, an jedem einzelnen der begonnenen Verteidigungskämpfe gegen die Pläne der Regierung teilzunehmen, dabei aber ein Übergangsprogramm aufzustellen und einen ideologischen Kampf zu führen, der die Entwicklung eines antikapitalistischen und sozialistischen politischen Bewusstseins in den aktivsten und fortgeschrittensten Sektoren der Arbeiter:innenklasse, der Frauen und der Jugend zum Ziel hat.

Aus den Erfahrungen mit der letzten Regierung von Alberto Fernández lassen sich wichtige Lehren ziehen, die wir als Linke betonen müssen: vor allem die Unmöglichkeit, innerhalb des vom internationalen Finanzkapital und der Großbourgeoisie auferlegten Rahmens eine progressive Lösung für die nationale Krise zu finden. Die Versuche, mit einem internationalen Kapitalismus zu verhandeln, der seine aggressiven Tendenzen verstärkt, einschließlich China als Konkurrenten der USA, erweisen sich als ohnmächtig und befeuern nur das Fortbestehen rechtsextremer Tendenzen, selbst wenn diese verlieren.

Das Werkzeug, das sich historisch als unverzichtbar erwiesen hat, um für dieses Programm gegen all jene Institutionen zu kämpfen, die die Bourgeoisie im Dienste ihrer Vorherrschaft aufbaut (Parteien, Bürokratien, Massenmedien, Staaten), ist eine starke sozialistische Arbeiter:innenpartei. Eine solche Partei muss ein Werkzeug sein, um die Selbstorganisation für den Kampf der Arbeiter:innenklasse und der Unterdrückten voranzutreiben. Eine internationalistische Partei, da der Kampf der Arbeiter:innenklasse gegen die imperialistische Herrschaft international sein muss. Deshalb sind wir Teil unseres Netzwerks von 15 Zeitungen in 7 Sprachen, auf denen wir tagtäglich Kämpfe sichtbar machen sowie eine gemeinsame politische Praxis in jedem internationalen Kampf entwickeln: gegen den Krieg in der Ukraine, gegen den zionistischen Genozid in Gaza, mit den Aufständen wie dem in Chile 2019 und dem Kampf um die Renten in Frankreich im letzten Jahr.

Das Ziel, dieses Werkzeug aufzubauen, haben wir vor Millionen ausgedrückt, als unsere Präsidentschaftskandidatin Myriam Bregman in der offiziellen Präsidentschaftsdebatte die Notwendigkeit aufwarf,

… eine neue unabhängige politische Kraft der Linken, der Arbeiter:innenklasse zu schaffen, eine Alternative zu den alten Parteien und denen, die sich als Erneuerung präsentieren, jedoch die alte Rechte sind, die vor hat, alle unsere Errungenschaften abzuschaffen. Eine politische Kraft, die dazu dient, die Menschen an der Basis zu vereinen, um für eine neue Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung zu kämpfen. Eine Gesellschaft, in der diejenigen regieren, die nie zuvor regiert haben: die Arbeiter:innen.

Gleichzeitig sind wir Teil der Front der Linken und der Arbeiter:innen-Einheit (FIT-U), die bereits seit zwölf Jahren als Wahlbündnis mit politischer Unabhängigkeit von allen Varianten der Bosse besteht und ein Programm vertritt, das im Kampf für eine Regierung der Arbeiter:innen und den Sozialismus gipfelt. In dieser Front sind wir gemeinsam mit anderen Organisationen, die sich einig sind, das allgemeine Programm der FIT-U zu verteidigen und gemeinsame Aktionen und Mobilisierungen voranzutreiben. Aber wir debattieren auch offen über unsere Differenzen, von denen sich einige in der letzten Zeit vertieft haben.1 Wir hoffen angesichts der Herausforderungen, die die neue Situation mit sich bringt, dass eine offene Debatte und eine möglichst gemeinsame Praxis im Klassenkampf uns zu größeren Übereinstimmungen und zur Klärung unserer Differenzen führen werden. Wir denken nicht, dass eine starke revolutionäre Partei mit Zehntausenden von Aktivist:innen aus der evolutionären Entwicklung der PTS hervorgehen wird, sondern aus Prozessen des Zusammenschlusses mit Genoss:innen aus anderen Traditionen rund um das Programm und die Strategie, die sich als angemessen für die kommenden Kämpfe erweisen. Auf diesem Weg bedeutet „Parteiaufbau“ die Ausbildung neuer Generationen von Anführer:innen und Aktivist:innen aus der Arbeiter:innenklasse, der feministischen Bewegung und der Jugend mit dem Werkzeugkasten des revolutionären Marxismus.

Die „Felder“ des Kampfes und der Organisierung

Der Krieg, den die Milei-Regierung der Mehrheit des Landes erklärt, beginnt die Passivität der Bevölkerung zu brechen und wird die Notwendigkeit aufzeigen, jene politische Kraft aufzubauen, die wir zu Beginn dieses Artikels definiert haben. Die Notwendigkeit einer Partei, die auf jedem der folgenden „Felder“ agiert: 1. auf den „Feldern“ des Klassenkampfes, wo es eine Politik der „Arbeiter:innen-Einheits-Front“ braucht, aber ohne sich den Gewerkschaftsführungen unterzuordnen, sondern stattdessen die Selbstorganisation voranzutreiben; 2. auf dem „Feld“ des politischen Kampf gegen die Strategien der Klassenversöhnung; und und 3. auf dem „Feld“ des ideologischen Kampfes. Was gestern noch gegen den Strom lief, kann sich in der kommenden Periode mit dem Aufkommen militanter oder ideologisch nach links gerichteter Sektoren in der Hitze der neuen Erfahrungen mit den verschiedensten Formen des Klassenkampfes ändern.

Es besteht ein deutlicher Kontrast zu der extremen Schwäche, mit der die radikale Linke in die letzte große nationale Krise im Jahre 2001 intervenierte. Im Fall der PTS haben wir ein Jahr harter politischer Kämpfe hinter uns, in denen wir unsere Intervention wie nie zuvor verstärkt haben. Es ist eine Tatsache, dass sich – unabhängig von den konkreten Rhythmen, Fortschritten und Rückschlägen – aktuell eine Etappe eröffnet, in der entscheidende Kämpfe ausgetragen werden. Wie wir wissen, sind die Wahlergebnisse ein Ausdruck des Kräfteverhältnisses, aber ein verzerrter, erst recht in einer Stichwahl. Das gilt erst recht für die Wahlergebnisse der Linken, die wir nicht nur unter demselben Blickwinkel analysieren müssen, sondern bei denen wir auch die Tatsache berücksichtigen müssen, dass die Wahlen eher das Terrain der herrschenden Klassen sind als unseres.

Die radikale Linke und die sozialen Organisationen haben bei den Protesten am 20. Dezember einerseits das Repressionsprotokoll und die Einschüchterungskampagne der Ministerin für innere Sicherheit Bullrich herausgefordert und widersprachen andererseits der Angstkampagne des Peronismus und der Gewerkschaftsführung in all ihren Ausprägungen. Dies ist ein Beispiel dafür, dass die radikale Linke schon zu Beginn der Veränderung der Situation die Vorhut und die einzige konsequente politische Opposition zur rechten Regierung Mileis war. Zu der Demonstration und der Kundgebung auf der Plaza de Mayo, an der verschiedene Organisationen wie der Polo Obrero oder die MST teilnahmen, trug insbesondere die PTS den größten parteiischen Block mit Tausenden von Arbeiter:innen, Frauen und Jugendlichen bei. Die Größe des Blocks war beachtlich, wenn man sich vor Augen führt, dass die Demonstration während der Arbeitszeit vieler Menschen stattfand. Tausende widersetzten sich den reaktionären Einschränkungen, die die Regierung gegen Straßenproteste und Blockaden ausgerufen hatte. Auf dieselbe Weise haben wir im ganzen Land mobilisiert.

Wir haben uns in all den relativ konfliktarmen letzten Jahren bemüht, in den „neuen Feldern“ zu agieren, in denen sich der politische und ideologische Kampf entfaltet. Deshalb hat unser Mediensystem, von La Izquierda Diario bis zu den sozialen Medien und vor allem die Positionierung von Myriam Bregman (die mit ihrer Teilnahme an den beiden Debatten im Vorfeld der Parlamentswahlen zu einer der großen politischen Persönlichkeiten geworden ist, zusammen mit Nicolás del Caño, unserem bekanntesten Anführer der letzten Jahre, Alejandro Vilca, Christian Castillo, kürzlich gewählter nationaler Abgeordneter, neben vielen anderen Genoss:innen), es uns ermöglicht, durch permanente politische Agitation Millionen von Menschen mit unserem Programm zu erreichen. Das ist eine grundlegende Voraussetzung, um über die bescheidenen Wahlergebnisse hinaus die Wende nach links in der politischen Situation und den Klassenkampf zu beeinflussen.

In Bezug auf die Kräfte unserer Partei trotzen wir im Gegensatz zu anderen linken Organisationen auch der Passivität, die der Entwicklung der Parteiaktivität entgegensteht. Dafür suchen wir nach geeigneten Organisationsformen mit vielfältigen politischen und ideologischen Initiativen und schufen eine neue Parteiinstitution schufen, die Offenen Versammlungen. Diese finden seit mehr als anderthalb Jahren überall im Land statt, wo Tausende von Aktivist:innen gemeinsam mit Sympathisant:innen, die zentrale Aspekte unseres Programms und unserer Orientierung teilen, debattieren und agieren, bei den Wahlkampagnen mitarbeiten und sich an den Arbeits- und Studienplätzen organisieren. Eben diese nahmen auch den Kampf der armen Massen von Jujuy in ihre eigene Hand, wo unsere Partei und unsere öffentlichen Anführer:innen eine zentrale Rolle gespielt haben. Sie solidarisierten sich aber auch gegen den zionistischen Genozid in Gaza, wo die Teilnahme an mehreren Mobilisierungen kollektiv organisiert wurden, neben vielen anderen Kämpfen. Dies ist nur ein Teil der Organisierung unserer Partei, die Vorträge, Workshops und kulturelle Aktivitäten durchführt, in denen verschiedene Erfahrungen des kollektiven Aktivismus gegen alle Arten individualistischen Drucks entwickelt werden.

Mit den in diesem Artikel vorgestellten Vorschlägen wollen wir weiterhin von der Notwendigkeit ausgehen, unsere Organisation zu revolutionieren, um zum Aufbau einer großen Kraft beizutragen, die sich in der Hitze des entstehenden Kampfes mit einer Strategie zum Sieg rüsten wird.

Die PTS als aktive Kraft in der Arbeiter:innenklasse

Das Ausmaß des Angriffs, der praktisch alle Sektoren betrifft, vereint, was die meisten sozialen, politischen und Gewerkschaftsführungen voneinander zu spalten versuchen. Diese Führungen werben für die Integration der Organisationen in den Staat und zersplittern die Sektoren untereinander. Früher taten sie das in den Hinterzimmern der verschiedenen Ministerien, und heute tun sie das aus der Opposition heraus.

Trotz der Beschränkungen, die uns der geringe Klassenkampf – mit der Ausnahme der Aufstände in Jujuy – dieser letzten Etappe auferlegt hat, verfügt unsere Partei über Mitglieder und Einfluss in 60 Gewerkschaften. Viele von ihnen sind Anführer:innen, die in verschiedenen Formen des Kampfes erfahren sind, die angesichts der Veränderungen der Situation von entscheidender Bedeutung sind. Um einige Beispiele zu nennen: In den letzten Monaten und in der Hitze eines langen Kampfes für die Verkürzung des Arbeitstages und gegen Asbest und seine Folgen für die Benutzer:innen sind wir bei den letzten Delegiertenwahlen zur wichtigsten Opposition gegen die kirchneristische Führung in der U-Bahn von Buenos Aires geworden, mit anerkannten Anführern wie Claudio Dellecarbonara. Oder bei der Eisenbahn, wo wir eine Strömung haben, die die Koordination aller Oppositionslisten vorantreibt, welche sich gegen die drohende Privatisierung und gegen die Fahrpreiserhöhungen wehren, die Millionen von Nutzer:innen betreffen. Dasselbe tun wir in der Transportgewerkschaft UTA. In der Luftfahrtindustrie sind wir unter anderem im Delegiertengremium von GPS (ausgegliederte Tochter des Luftfahrtkonzerns Aerolineas Argentinas) am Flughafen Aeroparque Newbery vertreten. In den industriellen Sektoren haben wir unter sehr schwierigen Bedingungen, wie z.B. beim Lebensmittelkonzern Mondelez-Kraft, Fortschritte bei der Organisierung einer starken Oppositionsströmung gegen die derzeitige Betriebsratsmehrheit gemacht. Dabei haben wir die Lage der Arbeiter:innen im Betrieb angeprangert, womit wir Millionen von Arbeiter:innen im ganzen Land erreicht haben. Wir haben zusammen mit unseren Genoss:innen der „Gruppierung Dunkelrot“ in der wichtigen Reifengewerkschaft interveniert. Wir sind Teil des Organisierungsprozesses der Landarbeiter:innen von Ledesma in Jujuy, die die Gewerkschaftssektion 877 der Gewerkschaft UATRE von der Bürokratie zurückerobert haben und heute gegen das Unternehmen und die Führung der UATRE insgesamt kämpfen: für ein Ende Befristung, für gewerkschaftliche Rechte und demokratische Organisierung in einer Situation der ständigen Belagerung. Wir haben auch Fortschritte in den harten Kämpfen der Weinbäuer:innen in Mendoza und der Zitrusarbeiter:innen in Tucumán gemacht. Immer im Kampf für die Einheit der Arbeiter:innenschaft, inklusive der Leiharbeiter:innen, die von den offiziellen Gewerkschaftsführungen ihrem individuellen Schicksal überlassen werden. Im Gesundheitsbereich haben wir den Aufbau einer dynamischen Strömung in mehreren Provinzen vorangetrieben, und zwar insbesondere in der Metropolregion von Buenos Aires in der Gesundheits- und Pflegegewerkschaft Cicop (mit dem Marsch vom 20. Dezember haben wir eine große Einheitsfront mit unabhängigen Sektoren erreicht, mit denen wir für die Mobilisierung gegen das Bullrich-Protokoll und die Notwendigkeit eines Streiks zur Ablehnung des Regierungspakets gekämpft haben). Wir beteiligten uns an der Vernetzung „Gemeinsam für die Kultur“ und verbreiteten sie unter verschiedenen Sektoren von Arbeiter:innen und Student:innen aus verschiedenen Bereichen der Kultur und der öffentlichen und kommunalen Medien.

Bei den Lehrer:innen, wo wir mit der „Gruppierung 9. April“ eine starke Strömung im ganzen Land haben, sind wir Teil des Exekutivkomitees der Lehrer:innengewerkschaft Cedems in Jujuy (auch in der Adep, der Basisgewerkschaft von CTERA in der Provinz Jujuy, die auch Kongressdelegierte hat). Wir haben das stellvertretende Sekretariat in der kämpferischen Lehrer:innengewerkschaft Aten Capital in Neuquén und sind dort auch in kleineren Städten wie Plottier vertreten. Wir sind Teil der Führung der Lehrer:innengewerkschaft Amsafe Rosario, der kürzlich von der Bürokratie zurückeroberten Bildungsgewerkschaft UEPC Córdoba, wir führen Gewerkschaftssekretariate in Ademys in Buenos Aires und haben Delegierte in UTE-CTERA, ebenso wie in den Führungsgremien von Suteba Tigre und Bahía Blanca, neben anderen. Wir bereiten uns nicht nur auf den Kampf gegen die Haushaltskürzungen vor, sondern wir tun dies, indem wir den Kontakt zur Gemeinschaft aufnehmen. Denn angesichts der wachsenden Probleme unserer Klasse und damit alle Kinder einen Teller mit Essen haben, besonders im Sommer, sind wir nicht gleichgültig und Lehrer:innen, Familien und unsere Parlamentarier:innen arbeiten deshalb zusammen. Wir haben Hunderte von neuen Arbeiter:innen in unserer „Gruppierung Marrón“ in der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes ATE organisiert, die sich in einem der größten Kämpfe gegen die von der Regierung angekündigten Massenentlassungen befinden und eine Antwort auf diese Angriffe mit Versammlungen und Kampfmaßnahmen angestoßen haben, um das zu vereinen, was die ATE-Führungen trennen.

Angesichts möglicher Schließungen oder massiver Entlassungen als Folge der Rezession sind die große Erfahrung und die Kampftradition der Keramikfabrik Zanon und der selbstverwalteten Betriebe in Neuquén, Chilavert in Buenos Aires, WordColor und Madygraf in der nördlichen Zone der strategischen Provinz Buenos Aires von entscheidender Bedeutung für die Arbeiter:innen. Nicht weniger bedeutend sind die Kampferfahrungen der Genoss:innen der Permanenten Versammlungen von Arbeitslosen und prekär Beschäftigten, die in Guernica, Magaldi, Mendoza oder La Plata um Wohnraum kämpfen. Bekanntlich haben wir uns in der Vergangenheit dagegen gewehrt, unsere Mitgliedschaft auf der Grundlage von nach Strömungen getrennten Arbeitslosen-Teilorganisationen zu organisieren. Denn der argentinische Staat hat in der Vergangenheit die Verteilung der Sozialhilfe über diese Teilorganisationen organisiert. [A.d.Ü.: Was dazu führt, dass die Arbeitslosen von einer politischen Strömung materiell abhängig werden, denn diese Strömung ist für die Auszahlung der Sozialhilfe an die Arbeitslosen zuständig.] Deshalb treiben wir solche Erfahrungen voran, bei denen die Arbeiter:innen, die Sozialhilfe empfangen, sich selbst organisieren, mit vollständiger Tendenzfreiheit, was ein Beispiel angesichts der Entwicklung der sozialen Krise sein könnte.

Dies sind nur einige Beispiele für das, was wir – nicht ohne Schwierigkeiten – in der Arbeiter:innenklasse gesät haben und was in der kommenden Periode durch den Zusammenschluss mit den sich herausbildenden fortschrittlichen Sektoren eine besondere Bedeutung zukommen wird. Unsere Strömung verfügt nicht nur über Kampferfahrungen, aus denen sie lernt und Lehren zieht, sondern organisiert sich auch auf unterschiedlichste Weise. Sie nimmt an den Offenen Versammlungen der PTS oder der Gruppierungen teil und nutzt alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel. Diese „Zählung unserer Kräfte“ ist ein Stützpunkt, der gestärkt und erweitert werden muss, wenn wir wirklich zum Entstehen der sozialen und politischen Kraft der Arbeiter:innenklasse, der Frauen und der Jugend beitragen und die kommenden Ereignisse entscheidend beeinflussen wollen.

Macht den Weg frei für die Frauen und die Jugend

Wie Leo Trotzki im Übergangsprogramm schrieb:

Alle opportunistischen Organisationen konzentrieren ihrer Natur nach ihre Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die oberen Schichten der Arbeiterklasse und ignorieren demzufolge die Jugend genauso wie die werktätigen Frauen. Nun versetzt aber die Epoche des kapitalistischen Zerfalls der Frau die härtesten Schläge – als Arbeiterin wie als Hausfrau. Die Sektionen der IV. Internationale müssen bei den unterdrücktesten Schichten der Arbeiterklasse und demnach bei den werktätigen Frauen Unterstützung suchen. Sie werden dort unerschöpfliche Quellen der Ergebenheit, der Selbstlosigkeit und Opferbereitschaft finden. Nieder mit Bürokratismus und Karrieremachertum! Macht den Weg frei für die Jugend! Macht den Weg frei für die werktätigen Frauen!

Frauen standen in den letzten Jahren, insbesondere seit 2015, zweifellos an der Spitze des Kampfes gegen sexualisierte Gewalt und für das Recht auf freiwilligen Schwangerschaftsabbruch. Aber sie waren und sind auch Protagonistinnen wichtiger Kämpfe, wie in Jujuy oder in Guernica. Sie sind es, die an vorderster Front in den Arbeiter:innenvierteln stehen und sie bilden die Mehrheit der Lehrer:innen und der Beschäftigten im Gesundheitswesen – alles Sektoren, die besonders angegriffen werden.

Wir setzen auf eine möglichst breite Organisierung von Frauen und Jugendlichen als Quelle neuer Kräfte der Arbeiter:innenklasse. Mit der feministisch-sozialistischen Strömung Brot und Rosen wollen wir die mächtige Frauenbewegung wieder auf die Beine stellen, damit sie die Initiative zurückgewinnen kann, die sie einst hatte. Wir wollen, dass sie einen Feminismus verteidigt, welcher den Kampf gegen „wirtschaftliche“ Angriffe nicht von demokratischen Rechten trennt. Dies hat nämlich der kirchneristische Feminismus getan, indem er nicht nur die Bewegung in die Passivität drängte, sondern auch die Wirtschaftsführung in die Hände von Wirtschaftsminister Massa legte, der im Dienste des IWF und der Großbourgeoisie stand; deshalb kämpfen wir für eine von Regierung und Staat unabhängige Bewegung. Milei hat vereint, was sie getrennt hatten. Dabei verortete er den Feminismus in einer Reihe derer, die für die Katastrophe der Regierung verantwortlich sind, und verbreiterte so die Unterstützung der reaktionären Rechten. „Brot und Rosen“ vereint das „Brot“ (ökonomisch-soziale Forderungen) mit den „Rosen“ (demokratische Rechte, gegen alle Formen der Unterdrückung und für das Recht auf ein erfülltes Leben, Kunst und Kultur) als Grundlage eines sozialistischen Feminismus für den konsequenten Kampf gegen Kapitalismus und Patriarchat.

Wir fördern die breitesten Formen der Organisierung, wie Frauenkommissionen in den Betrieben, Gewerkschaften und Studierendenzentren und in den Kämpfen der Arbeiter:innenviertel, als Teil einer ganzen Klasse, die sich auf große Schlachten vorbereitet. Frauen können eine Avantgarde nicht nur der sozialen Kämpfe, sondern auch – vor allem junge Frauen – in den politischen und ideologischen Kämpfen gegen die reaktionäre chauvinistische Offensive sein, die von Milei und der „liberal-libertären“ Jugend (mehrheitlich Männer) vertreten wird. Ein Kampf, der von der programmatischen Forderung, die Kapitalist:innen sollen für die Krise zahlen, bis hin zu den Werten reicht, kollektive Erfahrungen dem Individualismus entgegenzusetzen, welcher das individuelle Heil propagiert, indem er auf den Kopf eines anderen Ausgebeuteten oder Unterdrückten tritt. Ein Kampf, der aufzeigt, dass es so nur die Freiheit zur Ausbeutung und Unterdrückung geben wird und dass demgegenüber nur der Kampf für eine Gesellschaft, in der es nicht mehr eine Handvoll Millionäre gibt, welche die Produktions- und Austauschmittel besitzen, die Tore öffnen wird, um individuelle Fähigkeiten zu entwickeln und wahre Freiheit zu erobern.

Wir haben eine nationale und internationale Gruppierung, die seit zwanzig Jahren für die Rechte der Frauen kämpft, die demokratische Organisation der Arbeiterinnen vorantreibt und sich ausgehend vom Marxismus mit feministischen Theorien auseinandersetzt und debattiert. Eine kämpferische Erfahrung, die es uns ermöglichte, Respekt und Anerkennung als linker Flügel der Frauenbewegung in Argentinien zu gewinnen. Und sie ermöglichte es uns auch, viele Genossinnen bekannt zu machen, die in verschiedenen Sektoren der Arbeiter:innenklasse, der Jugend, der Intellektuellen (wie Andrea D’Atri) führend sind. Unsere Genossin Myriam Bregman hat die Sympathie Tausender junger Menschen der „grünen Welle“ für das Recht auf Abtreibung gewonnen und ist zu einer unbestreitbaren Anführerin – in der nationalen Politik – der Frauenbewegung geworden. Und gleichzeitig die Rolle aufzuwerten, die feministische Referentinnen früherer Generationen, die aus anderen politischen Traditionen stammen und mit denen wir gemeinsam agiert haben, als „Brücke“ bei der Weitergabe der historischen Erfahrungen der Frauenbewegung, ihrer Kämpfe und ihrer Intervention in den großen nationalen Krisen einnahmen.

Die Jugend in den Hochschulen und Betrieben steht vor der Herausforderung, die jungen Menschen, die sich dem politischen und ideologischen Vormarsch der Libertären widersetzen, breit zu organisieren. Wir haben eine landesweite Strömung, die in 26 Universitäten des Landes (73 Fakultäten), in 42 Hochschulen und Dutzenden von Sekundarschulen vertreten ist, mit einer breiten Palette an politischen und intellektuellen Führungspersönlichkeiten, wie sie keine andere Strömung der Linken vorzuweisen hat – die es angesichts der Schwierigkeiten der Passivität vorgezogen haben, diese Stellungen zu verlassen oder sich zentral dem Angebot von Dienstleistungen zu widmen. Unsere Hypothese ist, dass die Studierendenbewegung angesichts der Rechtsoffensive der Regierung, der Haushaltskürzungen und der Verteidigung der beschnittenen demokratischen Rechte in der Lage sein wird, als starke Opposition wieder aufzutauchen und an die besten Kampftraditionen anzuknüpfen, wie im Cordobazo, einem Aufstand von Studierenden und Arbeiter:innen in Córdoba 1969. Wir können auch auf die Erfahrung der Genoss:innen zählen, die inmitten der Pandemie ein Netzwerk gefördert haben, um eine Strömung junger prekärer Arbeiter:innen zu organisieren, die von den Gewerkschaftsführungen ihrem Schicksal überlassen wurden und die wir jetzt mit Kraft wieder aufgreifen wollen. Im Bereich der jugendkulturellen Bewegungen entwickeln wir verschiedene Erfahrungen aus den Lokalen in Buenos Aires, beginnend mit „El Cordobazo“, das sich zu einer Institution entwickelt, in der politische und ideologische Aktivitäten durchgeführt werden und in der Künstler:innen wie die „insurrectxs“-Crew zusammengebracht werden. Aus dieser Initiative ist auch das Programm „Tiempo libre“ hervorgegangen, bei dem Genoss:innen die Jingles der Wahlkampagne machten, die drei Millionen Mal verbreitet wurden oder Videos, die die Bosse anprangern und zusammen mit Genoss:innen aus der Universität komponiert wurden mit dem Ziel, es in einen Organisator linker Sektoren der Arbeiter:innenjugend zu verwandeln. Diese Erfahrung beginnt sich zu verallgemeinern.

Eine neue „linke Kultur“ in der Hitze des Klassenkampfes und der politischen Erfahrung aufbauen

Das Auftauchen von Milei als politisches Phänomen wurde von einer breiten ideologischen und kulturellen Offensive begleitet, um viele der gängigen Auffassungen des Neoliberalismus zu radikalisieren. Der Kampf, eine große revolutionäre Partei auf die Beine zu stellen, ist auch eng mit diesen Kämpfen auf dem Terrain der Ideen verbunden. Die Bedeutung, die die PTS und unsere internationale Strömung seit ihren Anfängen der theoretischen Ausarbeitung und Produktion beigemessen hat, wird in der Tat in der breiten Öffentlichkeit der Linken und darüber hinaus anerkannt. Vieles davon spiegelt sich in den Büchern wider, die von Ediciones IPS herausgegeben werden, in der Wochenzeitschrift für Theorie und Politik Ideas de Izquierda (Linke Ideen), in der monatlichen Jugendzeitschrift Armas de la Crítica (Waffen der Kritik), im Recherche- und Publikationszenturum León Trotsky, im Virtuellen Campus von La Izquierda Diario, in der Radiosendung El Círculo Rojo und zusammen mit den Ausarbeitungen, die die Seiten von La Izquierda Diario in den Rubriken über Kultur, Geschichte und so weiter aufzeigen. In letzter Zeit haben wir verschiedene Bereiche des Austauschs mit sozialistischen Intellektuellen vorangetrieben, um den Kampf gegen den von der herrschenden Klasse aufgezwungenen „common sense“ zu verstärken. Dabei haben wir sowohl unmittelbare politische Antworten gegeben als auch verschiedene Aspekte des ideologischen Kampfes bearbeitet und haben dem Zyklus „Argumente für den Sozialismus“ mit Forscher:innen, Lehrer:innen und Intellektuellen Kontinuität verliehen. Wir haben auch versucht, die Vorurteile, die gegen den Sozialismus verbreitet werden, mit der kürzlichen Veröffentlichung des Pamphlets „Wovon reden wir, wenn wir Sozialismus sagen?“ zu entwaffnen, das demnächst als Buch erscheinen wird. All dies deutet auf den unverzichtbaren ideologischen Kampf hin, den Engels und Lenin forderten, oder was wir auch den Aufbau einer neuen „linken Kultur“ nennen könnten – um die Idee von Horacio Gonzalez aus unserer Sicht zu übernehmen – in der Hitze der politischen Kämpfe und des Klassenkampfes.

Der Kampf im Feld der sozialen Medien

Entgegen aller üblichen Praktiken haben wir von der PTS besondere Anstrengungen bei der Nutzung sozialer Netzwerke unternommen, die zu einem privilegierten Mittel der Kommunikation, des politischen Kampfes und auch des ideologischen Kampfes geworden sind, welches insbesondere von der Rechten genutzt wird. Die Konten unserer öffentlichen Anführer:innen sind eine großartige Plattform, um die Ideen der Linken zu verbreiten und Millionen zu erreichen. Angesichts der veränderten Situation ist die Unterstützung von Teilaspekten unseres Programms oder die Anprangerung der Reproduktion reaktionärer Werte und des „common sense“ eine wichtige Errungenschaft. Ebenso wie die zunehmende Nutzung der Plattformen durch unsere Aktivist:innen und vor allem unter den Arbeiter:innen, um die breite Masse an den Arbeitsplätzen und Bildungseinrichtungen zu erreichen. Ein sehr gutes Beispiel ist das Video eines unserer Genoss:innen von Mondelez Pacheco (ehemals Kraft), der die Arbeitsbedingungen in einer Versammlung anprangert, oder die Videos, die das Unbehagen auf der Straße angesichts der drückenden wirtschaftlichen Situation zeigen, die innerhalb weniger Stunden Hunderttausende Aufrufe hatten. Wir wollen diese Medien mutig für die politischen und ideologischen Kämpfe nutzen. Dazu ermutigen wir die Jugendlichen und Genoss:innen, ihre ganze Kreativität zu entfalten, ohne Angst, Fehler zu machen.

Die Rolle von La Izquierda Diario

La Izquierda Diario, die in weiten Kreisen große Anerkennung genießt, hat ihre audiovisuelle Produktion in den sozialen Netzwerken vervielfacht, um die Kämpfe, aber auch die Vorschläge der Linken angesichts der Krise und des „Kulturkampfes“ gegen die Ideen der Rechten zu verstärken. In den sozialen Netzwerken erreichen die Videos von La Izquierda Diario Tausende von neuen Anhänger:innen, aber auch Millionen von Aufrufen auf Tik Tok und Instagram bei Videos, die die Kämpfe und das Geschehen auf der Straße widerspiegeln, die Interventionen der Abgeordneten der PTS und der FIT-U oder die audiovisuellen Kolumnen, die Tag für Tag die Probleme der gegenwärtigen Lage anklagen, die Lügen der neuen Regierung aufdecken und die inhaltlichen Debatten ansprechen. Wir öffnen uns einem neuen Publikum, das wir mit linken Ideen erreichen wollen.

In den letzten Tagen, seit dem Wahlsieg von Javier Milei, wurden unsere Medien mit einer großen Anzahl von Anklagen von unten, über die Situation in den Betrieben und Stadtvierteln gefüllt. Die meistgelesenen Artikel auf unserer Website in den letzten Wochen – mit Zehntausenden von Zugriffen in vielen Fällen — sind die von Korrespondent:innen, die die Organisation des Widerstands widerspiegeln, und diejenigen, die auf Missstände und Entlassungen in Fabriken, staatlichen Ämtern und anderen Orten hinweisen. Unsere Medien unterscheiden sich von allen anderen: Angesichts der Bühne, die sich eröffnet hat, schlagen wir allen unseren Leser:innen den folgenden Slogan vor, um all dies noch zu vervielfachen: ein Handy, ein Korrespondent. Lasst uns Tausende sein, die die Kürzungspolitik, den Widerstand dagegen und die Ideen der Linken zeigen, angesichts dessen, was die staatstreuen Medien verschweigen.

Vorbereitung auf das, was vor uns liegt

Angesichts des „Kriegsplans“ von Milei und des Wirtschaftsverbands AEA werden die Kräfte der Linken auf die Probe gestellt werden. Die Herausforderung, eine große revolutionäre sozialistische Partei zu gründen, ist in erster Linie ein breiter Appell an all diejenigen, die sich auf die Front der Linken und Arbeiter:innen-Einheit beziehen, die unsere gewerkschaftlichen oder studentischen Gruppierungen teilen oder mit denen wir in der Frauenbewegung oder in verschiedenen Kampf- und Organisationsprozessen der Arbeiter:innenklasse zusammenkommen. Mit diesen Kräften können wir unsere Perspektive vorantreiben. Alles, was unsere Organisation in der vorangegangenen Phase an Militanz und politischem Einfluss gewonnen hat, werden wir in den Dienst der Kämpfe stellen, vor die uns diese neue Situation stellt.

Dieser Artikel ist das Ergebnis einer kollektiven Ausarbeitung auf der Grundlage eines Textes, den die Autorin dem Treffen der nationalen Leitung der PTS am 17. Dezember 2023 vorgelegt hat, sowie der nachfolgenden Debatten und Änderungen im Lichte neuer Entwicklungen. Er erschien erstmals am 24. Dezember 2023 auf Ideas de Izquierda.

Fußnote
1. Mit den Genoss:innen der PO, die in den Vorwahlen hauptsächlich die PTS attackiert haben, haben wir seit Langem Differenzen bezüglich der Organisierung von Teilorganisationen in der Arbeitslosenbewegung und bezüglich ihrer Formulierung, eine „Volksbewegung mit sozialistischen Fahnen“ aufzubauen, in welcher sich der Klassencharakter verwässert, den eine Organisation für den Sieg braucht. Und mit den Genoss:innen der MST, mit denen wir viele dieser Punkte teilen, haben wir Meinungsverschiedenheiten bezüglich des Ukrainekriegs (wo sie dieselbe Position wie IS haben). IS – und die NMAS außerhalb der FIT – gehörten außerdem zu den Strömungen, die bei der Stichwahl zur kritischen Wahlunterstützung für Sergio Massa aufgerufen haben. Das ist eine große Anpassung an die bürgerliche Logik des geringeren Übels, die dieser antidemokratische Mechanismus des Regimes hervorruft, um künstliche Mehrheiten zu erlangen. All diese Differenzen zeigen, warum wir keine gemeinsame Partei gründen.

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