8.000 Menschen sagen: „Afghanistan ist nicht sicher“

13.02.2017, Lesezeit 4 Min.
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Der Widerstand gegen die inhumane Abschiebungspolitik der Bundesregierung in Kriegsgebiete wächst weiter. Am vergangenen Samstag fand ein bundesweiter Aktionstag gegen Abschiebungen nach Afghanistan und für Bleiberecht für alle statt.

„Afghanistan ist nicht sicher“, „Bleiberecht für alle“, „Für einen sofortigen Abschiebestopp“ – Plakate mit diesen und vielen weiteren Forderungen konnte man am vergangenen Samstag in mehr als 20 deutschen Städten sehen. Dutzende Gruppen afghanischer Geflüchteter, Menschenrechtsorganisationen und Flüchtlingsräte verschiedener Bundesländer riefen zu dem bundesweiten Aktionstag auf, an dem bis zu 8.000 Menschen teilnahmen.

Die größte Demonstration fand in Düsseldorf statt, wo 2.000 Menschen gegen die Abschiebepolitik der Bundesregierung demonstrierten. In Hamburg protestierten 1.500 Menschen, in Berlin waren es mehr als 1.000, zudem gab es Demonstrationen in sieben bayerischen Städten, Mahnwachen in mehreren Städten in Mecklenburg-Vorpommern und Demonstrationen von Hunderten in Hannover, Erfurt, Magdeburg und weiteren Orten. Ein klares Zeichen, dass die Pläne der Bundesregierung im ganzen Land auf Ablehnung stoßen.

Sammelabschiebungen nach Afghanistan

Im Dezember und Januar gab es zwei Sammelabschiebungen nach Afghanistan – ein „Tabubruch“, wie die Organisator*innen meinen, mit dem die Bundesregierungen die Zahl der Rückführungen massiv erhöhen will. Zuvor gab es nur einzelne Abschiebungen und „freiwillige“ Rückführungen.

Im Oktober hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ein Abkommen mit der afghanischen Regierung geschlossen, die Hilfeleistungen im Gegenzug zur Rücknahme von Geflüchteten aus dem von Krieg, Elend und imperialistischer Invasion gebeuteltem Land vorsieht. Nachdem die Regierung in den vergangenen Jahren das Asylrecht so weit einschränkte, dass immer mehr Anträge abgelehnt werden, muss nun die Abschiebewelle organisiert werden. Aktuell sind davon 150.000 abgelehnte Asylbewerber*innen betroffen.

Dafür schließt die Bundesregierung Abkommen mit zahlreichen Staaten, ungeachtet der Sicherheitslage vor Ort. Selbst das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR warnt vor der verschlechterten Situation in Afghanistan. Dort gab es im vergangenen Jahr 11.500 zivile Opfer – die höchste Zahl seit 2009, davon 3.500 Todesopfer. Ein Drittel davon sind Kinder. Selbst von der deutschen Regierung als „sicher“ beschriebene Regionen werden ständig Opfer von Terroranschlägen und Auseinandersetzungen zwischen NATO-Truppen und den Taliban.

Deshalb bekundeten in der vergangenen Woche die sechs Bundesländer Thüringen, Berlin (beide Rot-rot-grün), Schleswig-Holstein, Bremen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz (Rot-grün) ihre Bedenken über die Sicherheitslage in Afghanistan und kündigten an, Abschiebungen nicht straffälliger Geflüchteter in das Land zeitweise auszusetzen. Auch wenn die Bedenken natürlich vollkommen berechtigt sind, handelt es sich um eine scheinheilige Aktion der politischen Akteure.

Denn es beteiligen sich noch nicht einmal alle Landesregierungen mit Beteiligung von SPD oder Grünen (wichtige Bundesländer wie Nordrhein-Westfahlen kurz vor den Landtagswahlen oder das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg sind nicht dabei) und auf der Bundesebene kollaboriert die SPD in der Großen Koalition und die Grünen im Bundesrat bei jeder Asylgesetzverschärfung.

Neue Abschiebepläne

Doch nicht nur das: am vergangenen Donnerstag einigten sich Angela Merkel und die Ministerpräsident*innen der Länder auf eine stärkere Zusammenarbeit für verstärkte Abschiebungen. Der gemeinsam verabschiedete 16-Punkte-Plan sieht unter anderem die Schaffung von Ausreisezentren (sprich Abschiebeknästen), vor, in die Geflüchtete mehrere Wochen vor Abschiebung eingesperrt werden sollen. Hinzu kommen ein dem Innenministerium unterstehendes Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR, sprich Deportationsamt) sowie verschärfte Regelungen zur Abschiebung Zehntausender Refugees. Sie sollen bald per Handy aufspürbar sein, ihre Residenzpflicht wird weiter eingeengt werden und fehlende Papiere sollen schneller ausgestellt werden können.

Die von Merkel als „nationale Kraftanstrengung“ bezeichnete Abschiebewelle ist ein neuer Schritt der rassistischen und nationalistischen Migrationspolitik der Bundesregierung, die den EU-Türkei-Deal, das kürzliche Abkommen mit Libyen und die Aufrüstung der Festung Europa sowie die Massenabschiebungen nach Afghanistan beinhaltet. In den USA konnten die Proteste gegen den ähnlich fremdenfeindlichen Einreisestopp von Trump den #MuslimBan aufhalten. Ob die Bundesregierung ihre menschenverachtenden Pläne durchsetzen wird, hängt in entscheidendem Maße vom Widerstand der Arbeiter*innen, Jugendlichen und Geflüchteten ab.

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