AfD-Parteitag: Gauland gewählt, faschistischer Flügel gestärkt

03.12.2017, Lesezeit 4 Min.
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Der 8. Bundesparteitag der AfD in Hannover wird draußen von Blockaden und Demonstrationen begleitet, während unter den verschiedenen Parteiflügeln scharfe Kämpfe geführt werden. Der erste Tag endet nichtsdestotrotz mit einem Sieg des Höcke-Flügels — eben weil sie mit Alexander Gauland den Co-Vorsitzenden neben Jörg Meuthen stellen.

Eigentlich wollte er es nicht machen. Aber gleichzeitig wollten er und der rechte Flügel um Björn Höcke auf jeden Fall den Berliner Landesvorsitzenden Georg Pazderski als Co-Vorsitzenden verhindern. Der hatte nämlich selbstbewusst vor dem Parteitag in Hannover seine Kandidatur mit dem Versprechen angekündigt, die AfD so schnell wie möglich salon- und regierungsfähig zu machen. Fast 13 Prozent hatte die AfD bei den Bundestagswahlen bekommen und nach dem Austritt der ehemaligen Vorsitzenden Frauke Petry musste dieser enorm wichtige Posten neu besetzt werden, nachdem ein Antrag auf einen alleinigen Vorsitzenden abgelehnt wurde. Da Pazderski in drei Anläufen nicht über die erforderliche Mehrheit verfügen konnte, ja gar gegen eine relativ unbekannte Fürstin namens Doris Sayn-Wittgenstein aus Schleswig-Holstein beinahe verloren hatte, stand der Parteitag kurz vor einem Desaster. Doch erst nach einer Unterbrechung des Parteitags und nur eine Stunde vor Antragsschluss, verkündete er, der sich nur für den stellvertretenden Vorsitzenden aufstellen wollte, seine Kandidatur. Er — der nicht von allen geliebt, aber von jedem in der AfD gefürchtet ist: Alexander Gauland.

Gauland erwies sich als der Notnagel, als die „integrative Figur” zwischen den Flügeln, wie er sich selbst nannte. Aufgrund seiner langen CDU-Vergangenheit und als „Gründungsvater” besitzt er eine allseits anerkannte Stellung innerhalb der Partei, die nach dem Austritt von Bernd Lucke nicht eine abermalige Spaltung durchlaufen möchte. Dementsprechend war auch das Ziel der rassistisch-neoliberalen Partei, möglichst respektabel und fehlerfrei aufzutreten. Doch dieses hehre-maskierte Ziel ging von Anfang an daneben. Auf den Straßen hatten sich von 7 Uhr morgens an tausende linke Aktivist*innen versammelt und mitsamt der Blockaden gelang es ihnen, die Eröffnung des Parteitages um über eine Stunde zu verzögern. Auch prominente Mitglieder wie Alice Weidel wurden so aufgehalten.

Nervosität und Abneigung

Es entstand das Gefühl, als hätten sich die Proteste direkt auf das Geschehen drinnen ausgewirkt. Das zeigte sich auch an der Wahl Meuthens zum ersten Co-Vorsitzenden. Nur 72 Prozent bekam er, was angesichts einer alleinigen Kandidatur ein schwaches Ergebnis ist, das von 24 Prozent Ablehnung untermauert wurde. Meuthens Landesverband Baden-Württemberg ist selbst in einer Krise, nachdem sich die Fraktion gespalten hatte, weil sich nicht alle hinter Meuthen stellten, nachdem dieser Wolfgang Gedeon (einen antisemitischen Hetzer, der sich positiv auf die gefälschten „Protokolle der Weisen von Zion” bezieht) ausschließen wollte.

Nach dem Scheitern Pazderskis, der auch nur eine schwache Rede hielt, zogen sich alle anderen Kandidat*innen nach der Ankündigung Gaulands zurück. Seine Wahl geriet zum Selbstläufer, auch wenn er nur 67 Prozent auf sich vereinen konnte und sogar 26 Prozent Ablehnung bekam.

Gauland gilt als Beschützer Björn Höckes, der seit seiner infamen Dresdener Rede nicht mehr so aggressiv auftreten kann wie zuvor. Im Gegensatz zu Pazderski hatte Gauland das Parteiausschlussverfahren gegen Höcke nicht unterstützt und letztendlich im Sande verlaufen lassen. Seitdem wird auch wieder um einen möglichen Einzug Höckes in den Parteivorstand spekuliert. Der Sieg Gaulands (und damit Höckes) besteht nicht so sehr in der Co-Vorsitzendenschaft Gaulands, sondern in der erfolgreichen Verhinderung des Aufstiegs von Georg Pazderski — und das alles mit einem billigen Manöver, deren Gesicht eine faschistische Frau war, die erst seit 2016 Mitglied der Partei ist.

Der gestrige Tag zeigt, dass der faschistische Flügel um Höcke innerhalb der Afd erstarkt – aber auch, dass der Flügel noch nicht stark genug ist, um die alleinige Führung zu übernehmen. Er ist noch stark auf Gauland angewiesen, der die Rolle eine Statthalters für Höcke eingenommen hat, bis dieser in naher Zukunft in die Bundespolitik wechselt — eventuell gestärkt nach den thüringischen Landtagswahlen 2019 oder erst zu den nächsten Bundestagswahlen 2021?

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