Vor einer neuen Finanzkrise?

14.04.2015, Lesezeit 5 Min.
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// EUROKRISE: Der Fall des Euro ist ein Symptom für die anhaltende Akkumulationskrise. //

„>D>eutschlands Topmanager zittern vor der Euro-Schwäche“: So titelte die Tageszeitung „Die Welt“ Anfang des Jahres. Seitdem ging der „dramatische Absturz“ des Euro noch weiter. Aktuell ist der Euro so schwach wie zuletzt vor zwölf Jahren: In den letzten zwölf Monaten verlor er fast ein Viertel seines Wertes gegenüber dem US-Dollar.

Hauptgründe dafür sind einerseits die aktuelle Stärke des Dollars und andererseits der Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) vom Januar, bis Mitte nächsten Jahres monatlich Staatsanleihen im Wert von 60 Milliarden Euro zu kaufen – ein Gesamtvolumen von 1,1 Billionen Euro. Gleichzeitig soll der Leitzins der EZB auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent bleiben.

Damit verfolgt die EZB eine Politik der massiven Kapitalisierung des Euroraums. Eine ähnliche Politik hatte die US-amerikanische Zentralbank FED über Jahre auch im Dollar-Raum durchgeführt, inzwischen aber wieder eingestellt. Dabei ist dieses Quantitative Easing (QE) genannte Programm der EZB größer als es jedes einzelne der amerikanischen „QE“-Programme war.

Deutsche Exportindustrie

Dass die deutschen „Top-Manager zittern“, bedeutet allerdings nicht, dass sie mit dem Verfall des Euro nicht ordentlich Geld scheffeln würden. Nicht umsonst kommentierte das „Handelsblatt“ die EZB-Entscheidung als „Milliarden-Geschenk“. Insbesondere die deutsche Exportindustrie profitiert von der Schwäche des Euro, denn ihre Autos oder Maschinen werden auf den Weltmärkten günstiger. Die Nachfrage nach Produkten „Made in Germany“ oder anderen Euro-Staaten dürfte anziehen. Schon 2014 verkaufte Deutschland so viele Waren ins Ausland wie nie zuvor.

Zeuge davon ist auch der beispiellose Kursanstieg des DAX: Der Index der 30 größten und umsatzstärksten deutschen Unternehmen zog seit Herbst letzten Jahres rasant an und durchbrach am 16. März erstmals die Rekordmarke von 12.000 Punkten, fast 4.000 Punkte über dem Höchststand vor dem Ausbruch der Weltfinanzkrise Ende 2007.

Natürlich profitieren nicht alle deutschen Unternehmen von der Schwäche des Euro, denn gerade die Importkosten für Waren oder Rohstoffe aus dem Ausland steigen. So ist auch der internationale Preisverfall des Rohöls in Deutschland weniger spürbar gewesen. Verliererin ist dabei nicht zuletzt die arbeitende Bevölkerung, da sich die Kosten für Konsumgüter erhöhen.

So lautet denn auch das Fazit: Die EZB subventioniert mit ihrer inflationären Geldpolitik massiv die deutsche Exportindustrie, welche ihre Stellung auf dem Weltmarkt nun noch weiter ausbauen kann.

Die Stärke des Dollars

Ein weiterer Grund für den starken DAX liegt im Euro-Dollar-Kurs. Aufgrund des starken Dollars legen US-InvestorInnen verstärkt Kapital an der Frankfurter Börse an. In Bezug auf einen Korb mehrerer Währungen ist der Dollar seit Juli letzten Jahres um 24 und seit Mitte 2011 um 40 Prozent gestiegen. Dieser Kursanstieg des Dollars ist sogar stärker als der Anstieg Mitte der 90er Jahre, der Mitauslöser der Finanzkrisen in Südostasien 1997 und Russland 1998 war.

Die „QE“-Programme der US-amerikanischen FED hatten über Jahre hinweg große Mengen an Dollars in die Weltwirtschaft gepumpt. Gerade periphere und abhängige Länder wie in Südamerika oder Schwellenländer wie China wurden dadurch mit Dollars überschwemmt, da Kredite in Dollar extrem billig waren. Der deutliche Kursanstieg des Dollars in den letzten Jahren verteuert diese Kredite nun aber wieder stark, wodurch wie schon 2007/08 bald eine neue und möglicherweise heftigere Überschuldungskrise der peripheren Länder ausgelöst werden könnte – denn anders als vor ein paar Jahren besitzen diese Länder nicht mehr die Wachstumsraten, um die Krise auch nur ansatzweise auszugleichen, nicht einmal China.

Überakkumulationskrise

Das aktuelle „deutsche Wirtschaftswunder“ ist kein Anzeichen dafür, dass die Weltwirtschaftskrise überwunden wäre. Ganz im Gegenteil weist sie darauf hin, dass die Tendenzen zur Überakkumulation von Kapital, das heißt zur Anhäufung von nicht mehr produktiv investierbarem Kapital, ungebrochen sind. Das überschüssige Kapital wird in die Aktienmärkte investiert und schafft dort neue Finanzblasen. Falls sie platzen, wird dies verheerende Auswirkungen für die ArbeiterInnenklasse haben – hierzulande und international. Denn die Kapitalakkumulation kann nur auf hohem Niveau aufrecht erhalten werden, wenn neue Märkte erschlossen, die bisherige Ausbeutung intensiviert und/oder Kapital vernichtet wird.

Schon jetzt bereitet sich das deutsche Kapital auf diese Szenarien vor (daher die „Angst“ der Top-ManagerInnen), und vertieft die Angriffe auf die Peripherie (Griechenland, Ukraine), während es gleichzeitig Vorkehrungen dafür trifft, zukünftige Widerstände in Deutschland niederzuschlagen. Die zu erwartende Einschränkung des Streikrechts, sowie die Debatte um neue Spezialeinheiten der Polizei weisen auf turbulentere Zeiten hin.

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