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[Video] „La lucha sigue“ – Grußwort von Interbrigadas an die Arbeiter*innen von Zanon

08.12.2016, Lesezeit 3 Min.
Gastbeitrag

Am Samstag diskutierten in Berlin fast 100 Menschen über die selbstverwaltete Keramikfabrik Zanon, die "Fabrik ohne Chefs". Wir dokumentieren das Grußwort von Interbrigadas an die Veranstaltung und an die Arbeiter*innen von Zanon.

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Wir möchten an dieser Stelle unsere Solidarität mit Zanon – der Fabrik ohne Chefs – ausdrücken. Der lange Kampf der argentinischen Arbeiter*innen um ihre Fabrik Zanon und selbstbestimmte Produktion verkörpert für uns den Gedanken und die Praxis einer alternativen Wirtschaftsweise, die auf Selbstbestimmung und Solidarität basiert.

Zanon war für die Politisierung unserer Generation ein wichtiges Beispiel und ein lebendiges Argument in den Diskussionen um eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft. „Seht ihr, es funktioniert doch auch anders!“, hielten wir noch als Schüler*innen unseren Gesprächspartner*innen entgegen, darunter unsere Eltern, Lehrer*innen, Mitschüler*innen und Freund*innen. Beispiele wie Zanon brachten für uns ein Stück aus der Zukunft einer anderen Gesellschaft, in der die Menschen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen würden.

Der praktische Fokus unserer Gruppe richtete sich jedoch nicht nach Argentinien auf die Bewegung der besetzten Fabriken, denn die Bolivarische Revolution in Venezuela zog uns ab 2006 in ihren Bann, wo es für uns große Hoffnung auf einen breiten gesellschaftlichen Wandel gab. Dort wurden wir von den Wellen der gesellschaftlichen Euphorie mitgerissen, mischten uns unter das Meer aus roten Fahnen und T-Shirts bei linken Demos von ungekanntem Ausmaß und spürten das Herzblut, mit dem die Venezolaner*innen an jeder Straßenecke über ihre Revolution diskutierten.

Die Arbeiter*innenkontrolle sollte jedoch bald wieder konkreter in den Fokus geraten, denn durch die vielen Jahre Erfahrung vor Ort erkannten wir zunehmend Widersprüche in der Bolivarischen Revolution. Wir besuchten besetzte Fabriken und lernten die Geschichte und Kämpfe der Arbeiter*innen in vielen Kooperativen sowie Betrieben kennen und luden sie zwei mal unter dem Motto „Control obrero – Arbeiter*innenkontrolle in Venezuela“ nach Deutschland ein. Aus den vielen Tagen Diskussionen und Auseinandersetzungen schälte sich mit der Zeit ein Kern an kritischen Fragen heraus, der nicht nur auf Venezuela bezogen blieb – viele davon sind bis heute offen geblieben.

Fabrikbesetzungen sind ein politischer Akt mit viel symbolischer Ausstrahlungskraft. Sie erfolgen, wie auch im Falle von Zanon, meist in wirtschaftlichen Krisensituationen, als Antwort auf drohende Schließung, oder Aussperrungen der Arbeiter*innen. Damit lösen sie sich jedoch selten aus der grundlegend prekären Situation sondern führen in die Selbstverwaltung der Prekarität, denn der Traum einer sorglos selbstverwalteten Fabrik ist nicht zu trennen von dem Traum einer selbstbestimmten Gesellschaft.

Dieser Zusammenhang ernüchtert und gibt Mut zugleich. So ist die Bewegung der Arbeiter*innenkontrolle nicht die Antwort auf die Frage nach dem Weg gesellschaftlicher Veränderung, aber dort, wo sie heute noch an ihre Grenzen stößt, treibt sie uns auf die Suche nach der politischen Strategie für die Veränderung der gesamten Gesellschaft. Schon allein dies macht sie zu einem wichtigen Bestandteil der linken politischen Kultur.

In diesem Sinne wünschen wir den Freund*innen von Zanon alles Gute und grüßen mit einem

La lucha sigue!

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