Tschetschenien: Verhaftung, Misshandlung und Ermordung von LGBTI*

06.04.2017, Lesezeit 2 Min.
Gastbeitrag

In der autonomen Republik Tschetschenien im Süden Russlands wurden über 100 schwule Männer verhaftet und misshandelt. Mindestens drei von ihnen sind gestorben.

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Über die letzten zwei Wochen wurden nach Berichten der oppositionellen, russischen Zeitung „Nowaja Gaseta“ über 100 homosexuelle Männer in Tschetschenien von staatlichen Sicherheitskräften verschleppt. Einige von ihnen waren über Tage verschwunden. Mindestens drei der Verhafteten wurden ermordet. Von den inzwischen wieder Freigelassenen berichten viele von Misshandlungen.

Nach weiteren Berichten wurden die Männer in ein ehemaliges Militärgebäude in der Umgebung von Grosny gebracht, wo sie gefoltert wurden. Bekannte, die versuchten, die Gefangenen anzurufen oder anzuschreiben, wurden ebenfalls zu Zielpersonen der Behörden.

Die Festnahmen sind Teil eines staatlichen und homophob motivierten Feldzugs gegen LGBTI*. Die tschetschenischen Behörden hatten ihre Opfer über soziale Medien aufgespürt und gezielt getäuscht. Die Festnahmen fanden in der gesamten Republik statt.

Die tschetschenische Regierung unter Präsident Kadyrow bestreitet die Verfolgungen, befürwortet aber Ehrenmorde von Familien an LGBTI*-Verwandten:

Wenn es solche Leute in Tschetschenien gäbe, müssten sich nicht die Sicherheitskräfte um sie kümmern. Die eigenen Verwandten würden sie an Orte schicken, von denen sie niemals zurückkehren könnten.

Die aktuellen Vorfälle stellen eine neue Dimension der Homophobie in Russland dar. LGBTI* können nicht offen leben, das ist zu gefährlich. Die Stigmatisierung ist so stark ausgeprägt, dass Eltern ihre Kinder aus Scham verstoßen, wenn deren sexuelle Orientierung bekannt wird.

Ein Sprecher des Kreml sagte, er sei „kein großer Experte auf dem Gebiet von nicht-traditioneller sexueller Orientierung“ und meinte, Opfer könnten doch Strafanzeige stellen. Im Angesicht der Verfolgungen in Tschetschenien verhöhnt er somit die Opfer. Die russische Regierung zeigt damit, wie unwichtig ihr die Leben von LGBTI* sind.

Die Menschenrechtssituation in Tschetschenien gilt allgemein als katastrophal. Regelmäßig wird von Tötungen, Folter und Kollektivstrafen gegen Familien berichtet.

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