Trotz massiver Repressionen: Die Menschen im Iran protestieren weiter

04.10.2022, Lesezeit 5 Min.
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Foto: Alexandros Michailidis / shutterstock.com

Über 400 Menschen wurden seit Beginn der Proteste vor mehr als zwei Wochen vom iranischen Regime getötet, mehr als 20.000 verhaftet und Tausende verletzt. Trotz alledem gehen die Menschen weiterhin unter dem Motto „Frauen, Leben, Freiheit“ auf die Straßen. Wie entwickelt sich die Lage im Iran?

Die massiven Repressionen durch die Polizei und Milizen können die Menschen nicht einschüchtern; im Gegenteil, die Zahl der Protestierenden steigt aktuell täglich. Immer häufiger finden die Proteste auch tagsüber statt. Berichte über ein zunehmendes Ermüden der „Staatsmacht“ und deren Verlust der Kontrolle über das Geschehen mehren sich.

Doch das bedeutet nicht, dass die Lage weniger gefährlich ist. So wurden am Sonntag protestierende Studierende und Professor:innen an der Sharif Universität massiv von Polizeikräften angegriffen. Social-Media-Berichten zufolge wurde auf sie geschossen, während sie in einer Tiefgarage eingesperrt waren.

Studierende spielen eine zentrale Rolle in den Mobilisierungen. An mehr als 100 Universitäten gab es Sitzstreiks und Demonstrationen. Bislang waren Studierende oftmals eher passiv in den Protesten der letzten Jahre, aus Angst ihre Studienplätze zu verlieren, denn bereits wer sich regierungskritisch äußert, kann exmatrikuliert werden. Nun riefen Vereinigungen der Studierenden zu einem nationalen studentischen Streik auf, welcher die Freilassung der politischen Gefangenen fordert.

Solidarität mit den Protesten der Studierenden und Professor:innen im Iran!

Während die Proteste weiter wachsen, stellt sich zunehmend die Frage, welche Perspektive es für diese gibt und wie es möglich wird, die Islamische Republik zu stürzen. Damit diese Perspektive möglich wird, brauchen die Aufstände die Verbindung zu der organisierten Arbeiter:innenklasse, welche mit Hilfe von Streiks das Mullah-Regime zu Fall bringen kann. Die patriarchale Unterdrückung, die Repression der Proteste und die ökonomische Lage haben viele Menschen, insbesondere aus der Jugend, im ganzen Land auf die Straße gebracht und eine breite Bewegung geschaffen, die von den Erfahrungen und Kämpfen der Vergangenheit geprägt ist und die Islamische Republik in ihrer Gesamtheit bekämpft.

Der „Koordinierungsrat für die Verbände iranischer Lehrkräfte“ hat bereits zu landesweiten Streiks der Lehrer:innen und Schüler:innen aufgerufen, auch der „Rat für die Organisierung der Protestierenden Öl-Arbeiter:innen“ drohte mit einem Streik, sollten die Repressionen und die patriarchale Unterdrückung weiter bestehen. Insbesondere die Lehrer:innen haben in den letzten Jahren oft gestreikt, doch auch die Öl-Arbeiter:innen können auf eine geschichtsträchtige Streikvergangenheit zurückblicken. So waren es 1978 die Arbeiter:innen der Teheraner Öl-Raffinerie, welche zuerst in den Streik gingen und damit die Arbeiter:innen aller anderen Raffinerien ebenfalls in den Kampf zogen, und die Regierung täglich mehr als 50 Millionen Dollar kosteten. Auf ihre Streiks, die die Wirtschaft lahmlegten, folgte eine mehrere Monate lange Streikwelle, die mithilfe eines Generalstreiks den Shah stürzen konnte, woraufhin Arbeiter:innen-Räte nach dem Vorbild der Sowjets gebildet wurden.

Ein Streik dieser und weiterer Sektoren, in Verbindung mit den Protesten der Frauen, der Arbeiter:innen und Studierenden, der Kurd:innen und der Jugend, könnten der Massenbewegung die entscheidende Kraft geben, um das Regime zu besiegen.

Auch weltweit haben Menschen am Wochenende in Solidarität mit dem Iran protestiert, in über 150 Städten fanden Proteste statt. Auch in Deutschland gingen mehr als zehntausend Menschen auf die Straße. Eine wichtige Forderung hier ist die Aufnahme aller Geflüchteten, denn obwohl die Ampelkoalition sich mit einer „fortschrittlichen Asylpolitik“ rühmt, wurden 2022 weiterhin Menschen in den Iran abgeschoben und der Großteil der Asylanträge wurde und wird weiterhin abgelehnt.  Insbesondere Studierende müssen sich an den Mobilisierungen beteiligen und sich mit den Studierenden, die im Iran in erster Reihe stehen und verhaftet und getötet werden, solidarisieren.

Außerdem muss sich die Solidarität mit den Menschen im Iran klar gegen den Imperialismus wenden, denn die imperialistischen Staaten wie die USA verfolgen seit Jahrzehnten im Bezug auf den Iran nur ihre eigenen Interessen. So waren es beispielsweise die USA, die in Khomeini einen Verbündeten sahen und die Konterrevolution unterstützt haben, aus der die islamische Republik entstand.

Heutzutage verursachen die Sanktionen der imperialistischen Länder massive Armut und treffen insbesondere Arbeiter:innen, Frauen und unterdrückte Gruppen wie die Kurd:innen und können von dem Regime genutzt werden, um die nationale Einheit zu stärken. Unsere Solidarität muss demzufolge bedeuten, sich auch gegen die Politik der imperialistischen Länder zu wenden.

Hoch die internationale Solidarität mit den Protesten im Iran!

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