Staudamm gesprengt: Wie das Leben tausender Menschen um Cherson zerstört wird

08.06.2023, Lesezeit 3 Min.
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Foto: Alexander Ishchenko / Shutterstock.com

Die Sprengung von einem Staudamm in der Ukraine bedroht die Lebensgrundlage von Zehntausenden und ist eine ökologische Katastrophe. Der Krieg muss beendet werden!

Letzten Dienstag fand eine enorme Sprengung an einem Staudamm, nahe der ukrainischen Stadt Cherson, statt. Der 30 Meter hohe Damm, der 1956 am Fluss Dnjepr als Teil des Wasserkraftwerks Kachowka gebaut wurde, ist laut Angaben stark beschädigt und das anschließende Wasserkraftwerk fast vollständig zerstört. Die ganze Region Cherson, insbesondere der vom Russland besetzte Süden, ist von starken Überschwemmungen betroffen. Es wird davon berichtet, dass der Wasserpegel stündlich um mehrere Zentimeter ansteigt. Das Wasser läuft zwar ins Schwarze Meer hinaus. Es wird aber noch mehrere Tage dauern, bis der Pegel wieder sinkt.

Sowohl die Ukraine als auch Russland begannen, betroffene Menschen im Gebiet zu evakuieren, bisher etwa 6.000 täglich. Insgesamt sollen ungefähr 42.000 Menschen in der “Kritischen Zone” leben. Außerdem sind nach Angaben von Kiew circa 150 Tonnen Motoröl in den Dnjepr gelangt. Das Trinkwasser- und Stromsystem sei zusammengebrochen. Es herrscht Sorge vor Seuchen. Es wird bereits von den ersten Toten berichtet.

Das ukrainische Agrarministerium rechnet ersten Schätzungen zufolge mit Überschwemmung von etwa 10.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche am nördlichen Ufer des Dnjepr in der Region Cherson. Am südlichen Ufer, im russisch besetzten Gebiet, wird sogar nochmal ein Vielfaches dieser Fläche überflutet. In den kommenden Tagen werde man sich aber noch ein genaueres Bild von den Auswirkungen machen, hieß es weiter.
Die Sorge bleibt groß, inwiefern der Boden in den kommenden Jahren fruchtbar sein wird. Es werden extreme Dürren durch Wassermangel und Bodenvergiftung befürchtet.

Die Staudamm-Explosion verschärft auch die Probleme am größten Kernkraftwerk Europas, Saporischschja.”Schon vor dem Dammbruch war die Situation extrem fragil und gefährlich”, erklärte die Organisation der Internationalen Atomkraftbehörde IEAO. “Im Fokus steht die Versorgung mit Kühlwasser, die vom Staudamm stammt, um eine Kernschmelze zu verhindern. Da dies nicht mehr gewährleistet werden kann, müsse man langfristig eine andere Lösung finden.”

Sowohl Kiew, als auch Moskau beschuldigen sich gegenseitig für diese Katastrophe. Zwar spricht laut Expert:innen vieles dafür, dass der Damm von russischer Hand gesprengt wurde, jedoch bleibt dies bisher nur ein Verdacht. Eins ist jedoch klar: Diese Katastrophe ist ein Ergebnis des brutalen und unmenschlichen Krieges, der dort seit über einem Jahr herrscht.

So sind die Bewohner:innen vor Ort, die jegliche Existenz verloren haben, die sie aufbauten, die wahren Verlierer:innen. Menschen, die ohne Obdach und inmitten eines Krieges ihre Heimat verlassen müssen, ohne zu wissen, was von ihrem alten Leben noch übrig bleiben wird – wenn sie überhaupt irgendwann wiederkehren können. Je länger dieser Krieg weiter herrscht, desto mehr Menschen werden dieses Schicksal erleben.

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