Soziale Kälte im Wombats Hostel
Am Freitagnachmittag fand eine Demonstration gegen Outsourcing vor dem Wombats Hostel in Berlin-Mitte statt. Die Beschäftigten wehren sich gegen das Outsourcing der Reinigungskräfte.
Die Gründer der Hostel Kette Sascha Dimitriewicz und Marcus Praschinger beantworten den kürzlich erkämpften Tarifvertrag damit, die langjährig beschäftigten Reinigungskräfte outzusourcen. Das Outsourcing leiteten sie zeitgleich mit Aufnahme der Tarifverhandlungen ein, obwohl die Reinigungskräfte fester Bestandteil des Vertrags sind.
Über 20 Demonstrant*innen folgten einem Aufruf von aktion.arbeitsunrecht und versammelten sich bei niedrigen Temparturen. Mit einem Quiz und mit Sprühkreideslogans auf den Gehwegen machten sie auf den unmenschlichen Umgang mit den Reinigungskräften aufmerksam. Gleichzeitig fand eine Einigungsstelle zum Outsourcing im Hostel statt. Immer wieder tönten Rufe wie „Wombats, shame on you“ zum Verhandlungsraum.
Die Reinigungskräfte sollen in ein Subunternehmen – das bislang nur fiktiv aus einer leeren Hülle besteht und keinerlei Referenzen vorzuweisen hat – verschoben werden. So sollen sie aus der betrieblichen Gemeinschaft ausgegrenzt werden. Das würde auch eine Vertretung durch den Wombats Betriebsrat oder eine Teilnahme an Betriebsversammlungen unmöglich machen. Die Dienstpläne der Reinigungskräfte unterlägen nicht mehr der Mitbestimmung. Es handelt sich also um eine ausschliesslich strukturelle Veränderung als Mittel zur Tarifflucht und Spaltung der Belegschaft.
Betroffen ist eine Beschäftigtengruppe, die größtenteils aus Frauen mit Migrationshintergrund oder aus Ostdeutschland höheren Alters besteht. Damit ist der Umgang der beiden Geschäftsführer mit den Reinigungskräften migrationsfeindlich, altersdiskriminierend und frauenfeindlich zugleich. Das Wombats-Hostel, das sich nach außen als weltoffen und sozial präsentiert, verstößt damit gegen sein eigens propagandiertes Image. Sein Handeln steht trotz überwiegend internationaler Zielgruppe für Ausgrenzung statt Integration!
Viele Gäste, die an diesem Nachmittag von den Demonstranten Flugblätter überreicht bekamen, zeigten sich empört. „Ich versuche alternative Unterkünfte zu buchen, eben weil es mir nicht egal ist, wen ich mit meinem Geld unterstütze“, schimpfte eine Belgierin. „Es ist nicht das soziale, weltoffene Hostel, indem die Leute hier absteigen. Das dürfte inzwischen klar geworden sein“, stellt ein Unterstützer mit ver.di Fahne klar. Die Stimmung vor dem Hostel ist angespannt. Einigen Hostelgästen – die sich mit Backpack-Rucksäcken ihren Weg an den Demonstrant*innen vorbei ins Hostel bahnen – ist die Situation sichtlich unangenehm. Ein Gefühl von sozialer Kälte statt „wombatslicher Wärme“ macht sich breit.
Warum die Geschäftsführer mit einem derart konfrontativen Führungsstil ihr Image weiter gefährden ist nicht nachvollziehbar. Die Auslagerung macht zumindest wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn. Die Reinigungskräfte dürften künftig als Werkvertragsarbeitnehmer*innen von den Hostelbeschäftigten keine Weisungen erhalten. Dabei ist eine Trennung der Aufgaben kaum umsetzbar, da die Arbeiten eng verzahnt sind. Wird die Trennung nicht eingehalten, handelt es sich um illegale Beschäftigungsverhältnisse und die Reinigungskräfte könnten sich wieder bei Wombats einklagen. Die Geschäftsführer setzen also wohlwissentlich einen Weg fort, der weitere Gesetzesverstöße nach sich zieht.
Die Betriebsräte und Gewerkschafter des Wombats Hostels wehren sich seit Jahren erfolgreich und öffentlichwirksam. Sie haben sich nicht nur durch den Abschluss für einen in dieser Branche einzigartigen Tarifvertrag einen Namen gemacht. Im Verbund mit vielen anderen betrieblichen Akteuren in Berlin schmieden sie längst eine Allianz der gegenseitigen Unterstützung. So beteiligten sie sich zum Beispiel bei einer Protestaktion bei der Spielwarenkette Toys R Us oder beim Arbeitskampf des benachbarten Anne Frank Zentrums. Da der Tarifabschluss Leuchtturmfunktion hat werden aus gewerkschaftlichen Kreisen Rufe nach einem Buch zum Arbeitskampf am Wombats Hostel lauter.
Der Kampf der Aktivist*innen des Hostels wirft nämlich inzwischen längst weiterführende politische Fragen auf. Der Tourismusboom in Berlin, der bei jeder Gelegenheit als große Errungenschaft und Wirtschaftsmotor propagiert wird, beherbergt bei genauerem Hinsehen flächendeckend prekäre Arbeitsverhältnisse und fragwürdige Unternehmensmethoden. Es ist Aufgabe des rotrotgrünen Senats bei den Misständen des Hostels regulierend einzugreifen, denn es steht inzwischen stellvertretend für prekäre Arbeitsbedingungen in der gesamten Tourismusbranche in Berlin.
Spende für Klasse Gegen Klasse
Wir finanzieren unsere Arbeit (also Serverkosten, Technik, Druckausgaben, etc.) ausschließlich aus Spenden, um unsere politische Unabhängigkeit beizubehalten. Wir wollen uns nicht einschränken lassen, durch Förderrichtlinien oder Parteigelder. Und natürlich sind alle unsere Inhalte, wie Videoproduktionen oder Podcasts, kostenlos zugänglich. Dafür brauchen wir eure Unterstützung.
Jetzt spenden