Solidaritätskomitee gegen Inés Kündigung: Kämpferisch geht’s weiter

08.09.2023, Lesezeit 8 Min.
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Bild: KGK

Das Auftakttreffen für das Solidaritätskomitee gegen Inés Kündigung, Union Busting und Kürzungen fand am Donnerstag in solidarischer Stimmung statt. Wir spiegeln die Eröffnungsrede von Maxi Schulz von der jungen GEW Berlin.

Herzlich willkommen, liebe Kolleg:innen, Genoss:innen und alle Menschen, die hier in Solidarität sind mit Inés.

Ich bin Maxi, studiere jetzt auf Lehramt und bin aktiv bei der jungen GEW und bin sehr engagiert in der Kampagne gegen Inés Kündigung gewesen und möchte euch heute hier auch im Namen von Inés begrüßen und einige einleitende Worte sprechen. Inés selbst kann leider erst später kommen, sie ist gerade noch an ihrer Schule. Die Schulleitung hat sie befristet als Vertretungslehrerin angestellt, was ein Erfolg für uns ist, weil es klar macht, was wir gesagt haben: Sie ist eine sehr gute Kollegin. Aber natürlich ist klar: Inés ist keine Lehrerin, sie macht das zum ersten Mal, leitet jetzt eine Klasse und hat gleich heute Abend einen Elternabend, wo sie sein muss. Wir wollen deshalb natürlich, dass sie wieder als Sozialarbeiterin an die Schule gehen kann, ohne befristeten Vertrag, ohne Kürzungen, mit Streikrecht und wollen weiter den Kampf gegen die TJFBG gegen ihren Träger gewinnen.

Warum ist uns das eigentlich so wichtig? Warum sind wir heute hier? Warum nehmen wir nicht einfach nur den juristischen Weg? Warum sucht sie sich nicht einfach einen neuen Job?

Ich denke die Kundgebung letzte Woche Montag zeigt uns schon ein Stück weit, warum. Es war eine Vielzahl an Beschäftigten aus unterschiedlichen Bereichen da, die sich gegen die Probleme in der sozialen Arbeit wehren, die deutlich gemacht haben, dass die Kündigung von Inés ein besonders krasses Beispiel ist. Sie wurde wegen einer einzigen Nachricht – eigentlich eine Lappalie, gekündigt – obwohl sie erweiterten Kündigungsschutz hatte, weil sie die Wahlen zum Betriebsrat organisiert hatte. Das zeigt sehr deutlich, was das für ein Arbeitgeber ist. Dieser geht permanent gegen den Betriebsrat, gegen Beschäftigte, die sich organisieren wollen, vor und schürt damit ein Klima der Angst. Gleichzeitig erwirtschaftete die tjfbg 6 Millionen Euro Gewinn im Jahr 2021. Thomas Hänsgen, der Geschäftsführer der Firma, hat an der HSAP, der betriebseigenen Hochschule, einen Lehrauftrag, diesen sollte er niederlegen, wie ein Student dieser Hochschule bei der Kundgebung vergangene Woche richtigerweise gefordert hat.

Doch mit all diesen Einschüchterungsversuchen kommen sie nicht durch, es gibt seit kurzem eine Betriebsgruppe, die sich regelmäßig trifft und weiter aufgebaut werden muss. Letztlich können wir aber nicht nur auf der rein betrieblichen Ebene stehen bleiben, denn die Kündigung ist auch ein politischer Skandal. Sie ist Resultat der Outsourcing Politik des Senats, der Zersplitterung der sozialen Arbeit in dutzende Träger mit dutzenden Tarifen, was letztlich unsere Organisierung schwächen soll. Wir fordern daher die Wiedereingliederung für alle!

Doch statt Verbesserung der Arbeitsbedingungen erwarten uns aktuell Kürzungen.
Nirgendwo gibt es ohnehin einen so hohen Personalmangel wie in der sozialen Arbeit und jetzt wird auch noch gekürzt, wo die Mittel ohnehin schon knapp waren. Vor kurzem wurde bekannt, dass bei den Neuköllner Schulstationen 90 Tausend Euro gekürzt werden, genauso sind Schwangerschaftsberatungsstellen in Berlin von Kürzungen in Höhe von 1,5 Millionen Euro bedroht. Das ist ein krasser Angriff auf das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und die Gesundheit von Frauen und gebärenden Personen. Gleichzeitig verschärft sich der Lehrkräftemangel. Schulen dürfen nun auch bei Pflichtstunden kürzen, etwa die Hälfte der neu eingestellten Lehrer:innen haben befristete Verträge, jede Woche fallen 23 Tausend Unterrichtsstunden aus, das Bild ist bekannt. So viel zu “bei der Bildung anpacken”, so viel zu “Rekordhaushalt”. An Neuköllner Schulen gibt es keinen Brandschutz, aber neue Taser und Beamt:innen für die Polizei, dafür ist das Geld da.

Im Herbst stehen Streiks an; der Tarifvertrag der Länder (TVL) wird neu verhandelt, der Streik der Lehrer:innen für kleinere Klassen (TVG) geht weiter, studentische Beschäftigte kämpfen bundesweit für einen Tarifvertrag (TVSTUD), zusätzlich dazu gibt es im Bildungssektor eine Vielzahl von Protesten. Die Kündigung von Inés zeigt uns, wie die Chefs darauf reagieren, wenn wir uns organisieren. Sie wollen nicht, dass wir streiken, sie wollen keine echte betriebliche Mitbestimmung , sie wollen uns klein halten.

Und das, liebe Kolleg:innen, dürfen wir uns nicht gefallen lassen, wir müssen klar machen: Jeder Angriff auf uns bedeutet Gegenangriff. Wir lassen uns nicht einschüchtern – ob vom Senat, der tjfbg oder sonst wem.

Um es nochmal hervorzuheben; in den nächsten Monaten stehen ja Streiks an. Wohl als nächstes geht der TVG Streik weiter. Vielleicht erinnern sich manche von euch ja an die große Streikversammlung, in der wir dafür gestimmt haben, dass es unmittelbar nach den Ferien einen 5 tägigen Streik geben soll, der auch die Erzieher:innen mit einbezieht. Unmittelbar nach den Ferien, scheint nicht zu passieren und Vorbereitungen um Erzieher:innen mit einzubeziehen haben wir auch noch nicht vernommen, hoffentlich gibt es wenigstens die 5 Tage, für die wir gestimmt haben. Ich denke, wir müssen so oder so weiter hier als Pol von jungen kämpferischen Gewerkschafter:innen, Initiativen, Betriebsgruppen und politischen Gruppen dafür kämpfen. Nächste Woche steht auch ein Treffen der jungen GEW in diesem Sinne an, lasst uns das mit Inés Kündigung verbinden.

Wir wollen uns in diesem Rahmen auch für gemeinsame Streiks von TVL-TVG-TV STUD einsetzen – perspektivisch sollten alle Arbeiter:innen, die nach diesen Tarifen oder angelehnt an diese bezahlt werden, Teil des TVÖD werden! Nur logisch gemeinsam zu streiken, weil wir so auch maximalen Druck erzielen können. Es gibt bereits einige BGS und Initiativen, die genau das fordern, An der FU hat sich ein Aktionskomitee gebildet, das mit einem guten Beispiel vorangeht. Doch die Gewerkschaftsführungen von Ver.di und GEW wollen die Kämpfe trennen, es liegt also mal wieder an uns für gemeinsam Streiks einzustehen. Schauen wir uns bisherige Kämpfe an, sei es der TVG, wo einige von euch aktiv waren, oder auch die Streiks bei der Bahn. Dan sehen wir wie schwer es ist aufgrund der Zeitenwende und der Politik der Ampel die aktuell den Kürzungshammer schwingt und beispielsweise beim Müttergenesungswerk 93 Prozent oder bei der freien Jugendhilfe 19 Prozent kürzt und des Berliner Senates der ja ebenfalls kürzt, für Entlastung oder eine Anpassung der Löhne an die Inflation zu kämpfen. Dass es aber durchaus möglich ist, konnten wir bei Notruf NRW und der Berliner Krankenhausbewegung sehen. Die Gewerkschaftsführungen wollen jedoch, dass wir Kompromisse machen, dass wir mit Reallohnverlusten leben. TVÖD, die letzten TVL Runden oder der Kampf bei der Bahn haben uns das gezeigt. Wir hingegen wollen die Kämpfe zuspitzen, wir haben keinen Bock auf outgesourcte Arbeit und Kündigungen – keinen Bock auf Kürzungen in Bildung, Sozialem, Gesundheit, Klima, und so weiter. Wir wollen endlich Entlastung durch kleinere Klassen – wollen an die Inflation angepasste Löhne. Kurzum: Masseninvestitionen in Bildung, statt in Waffen und Repression und letztlich ja auch Betriebe, in denen wir das Sagen haben und nicht irgendein Thomas Hänsgen.

Wir wollen heute in diesem Sinne darüber sprechen: Wie fandet ihr die bisherigen Aktionen, was sind eure Gedanken und Vorschläge? Wie können wir den Kampf gegen die Kündigung gewinnen und zu einem Kampf für betriebliche Organisierung, für kämpferische Gewerkschaften, für ein Ende von Outsourcing, gemeinsame Streiks und höhere Löhne statt Kürzungen machen? Lasst uns heute darüber reden: Kündigung, Kürzungen, Outsourcing, Streik – „c’est le même combats!”, wie man in Frankreich sagen würde (der gleiche Kampf).

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