Solidaritätserklärung der MGL/VKG mit dem Kreißsaal Neuperlach

22.02.2023, Lesezeit 6 Min.
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Bild: Privat

Wir spiegeln hier die Solidaritätserklärung der Münchner Gewerkschaftslinken / Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (MGL/VKG) mit dem Kreißsaal Neuperlach. Die MGL/VKG wirft dabei die größeren Probleme im Gesundheitssektor insgesamt und speziell der München Kliniken auf, die umstrukturiert werden sollen.

Seit mehreren Monaten kämpft Ihr um den Erhalt des Kreißsaales in Neuperlach. Gestartet mit einer Petition, die von über 20.000 Kolleg:innen, Familien und Freund:innen unterstützt wurde, über die Organisierung einer Kundgebung in Neuperlach bis zu „Besuchen“ von SPD- und Grünen-Parteitagen in München und diverserer Bezirksversammlungen und einem großen Presseecho, habt Ihr einen ersten großen Erfolg erreicht: der Münchner Parteitag der SPD hat für den Erhalt des Kreißsaales gestimmt, ebenso – nach längerem Zögern – die Stadtratsfraktion der Grünen/Rosa-Liste, allerdings nur bis zum Jahr 2028.

Ihr habt entschieden weiterzumachen und für den Erhalt ohne Wenn und Aber zu kämpfen, das ist eine wichtige und unserer Meinung nach auch richtige Entscheidung, denn zum einen kann niemand sagen, ob sich beide Stadtratsfraktionen bei der entscheidenden Abstimmung im Stadtrat – voraussichtlich im dritten Quartal 2023 – daran halten werden, zum anderen ist es nicht zu akzeptieren, wieder – wie schon beim letzten Stadtratsbeschluss von 2018 – nur einen befristeten Bestandsschutz zu gewähren. So dass der ganze Prozess 2028 wieder von vorne beginnt.

Es ist dringend nötig, weiterhin Druck auszuüben!

Neues Medizinkonzept droht

Das neue Medzinkonzept – welches nichts anderes als ein Sparprogramm ist, um die Wirtschaftlichkeit der München Klinik weiter aufrecht zu erhalten – droht. Bisher ist aus der Presse zu entnehmen, dass bis zu 500 Betten mit entsprechendem Personal abgebaut werden könnte. Auch gibt es Befürchtungen, dass ganzen Abteilungen und gar Standorten die Schließung drohen könnte! Die mögliche Verlagerung des Kreißsaales nach Harlaching in einen Geburtshilfe-Neubau ist eine Auswirkung dieses Sparprogramms.

Münchner Medizinkonzept – eine Auswirkung der falschen Finanzierung über DRGs und der „Reformen“ von Gesundheitsminister Lauterbach

Auch wenn es sicherlich Fehlentscheidungen der Geschäftsführung gab, so ist das Problem des ständigen Defizits der München Klinik und anderer kommunalen Kliniken das Problem der falschen Finanzierung über die sogenannten DRGs (Fallpauschalen), über die nicht alle entstandenen Behandlungskosten zurückerstattet werden. Vollversorger – wie es die kommunalen Kliniken und auch Unikliniken darstellen – kommen dadurch permanent in ein Defizit. Oben drauf kommen noch die finanziellen Lücken durch die Behandlung schwerkranker Patient:innen während der Covid-Pandemie, die nicht voll durch die Zuschüsse der Bundesregierung refinanziert wurden und zu guter Letzt die drastisch gestiegenen Energiekosten! Ein ständiger Teufelskreis, der, solange ein Gesundheitssystem besteht, das nach dem Gewinnbestreben einiger Gesundheitskonzerne – wie Helios, Asklepios, Sana etc. – ausgerichtet ist, weiterbestehen bleibt. Aber ein gutes und gesellschaftlich sinnvolles Gesundheitssystem darf und kann sich nur an den Bedürfnissen einer guten und allumfassenden Versorgung der Bevölkerung unter anständigen Arbeitsbedingungen für alle Kolleg:innen orientieren. Profitstreben hat hier keinen Platz!

Darüber hinaus wird sich die kommende Geschäftsführung auch auf die Auswirkungen der Lauterbachschen Reformen einstellen: auch dies stellt keine Entwarnung dar! Denn diese „Reformen“ bieten keinen Ausstieg aus der DRG-Finanzierung und damit aus der Privatisierung und dem daraus resultierenden Konkurrenzdruck für kommunale und Unikliniken. Auch wenn einige Bereiche wie die Kinderkrankenhäuser und Hebammen aus der DRG-Finanzierung herausgenommen wurden, stellt das für den gesamten Gesundheitsbereich keine Lösung dar. Zumal sich an der Situation der Pflegekräfte am Bett, die ja schon länger aus dem DRG-System herausgenommen wurden, nichts verbessert hat. Mit der Reform soll zwar ein Vorhaltebudget eingerichtet werden, das sinnvoll ist, da Krankenhäuser immer bestimmte Geräte, Betten, Personal vorhalten müssen. Aber dieses Budget wird nicht etwa unabhängig von den DRGs zur Verfügung gestellt, sondern ist ein Teil der Gesamtvergütung, die gleich bleibt und nicht etwa erhöht wird. Alles dies und der geplante Abbau der vollen stationären Behandlung werden zu Bettenabbau führen und damit zur Reduzierung von Personal und Krankenhäusern. 

Der Widerstand muss dringend ausgeweitet werden!

Alle Kolleg:innen der München Klinik und arbeitende Bevölkerung gemeinsam für den Erhalt des Kreißsaales und gegen die Umsetzung des kommenden Medizinkonzepts. Dieser Angriff kann nur zurückgeschlagen werden, wenn Ihr Kolleginnen zusammen mit den Kolleg:innen aus dem gesamten Klinikum und den Kolleg:innen, die auf eine gute Gesundheitsversorgung in München unter guten Arbeitsbedingungen angewiesen sind gemeinsam handelt. ver.di muss aktiv werden! Dazu ist es aber auch nötig, dass ver.di – sowohl im Betrieb als auch in der Stadt – aktiv wird! Deshalb müssen sich auch ver.di und alle DGB-Gewerkschaften für den Erhalt des Kreißsaales in Neuperlach und aller Standorte und Abteilungen aussprechen und dafür auch die Kolleg:innen der gesamten Klinik und die Kolleg:innen aus den Münchner Betrieben mobilisieren in einer machtvollen Kundgebung vor einer Stadtratssitzung. Aber auch die jetzige Tarifrunde muss genutzt werden, um auf die nach wie vor prekäre Situation in den Kliniken, den Kampf gegen die Verlagerung des Kreißsaales und die erfolgreichen Kämpfe für mehr Personal in den Unikliniken in NRW und Berlin aufmerksam zu machen. Genauso ist es notwendig, die Frage der falschen Finanzierung und Profitmacherei ins Zentrum zu rücken. Der internationale Frauenkampftag am 8. März bietet dafür eine gute Gelegenheit:

  • Weg mit den Fallpauschalen und den Lauterbachschen Reformen – für eine Finanzierung der Krankenhäuser und des gesamten Gesundheitsbereichs entsprechend des Bedarfs und der real existierenden Kosten!
  • Eine gesetzliche Krankenkasse für alle! Gesetzliche Sozialversicherungspflicht für alle und ohne Beitragsbemessungsobergrenzen!
  • Schluss mit Privatisierungen im Gesundheitsbereich!
  • Rekommunalisierung der bereits privaten Kliniken unter Kontrolle derjenigen, die ein reales Interesse an einer guten Gesundheitsversorgung für alle unter guten Arbeitsbedingungen haben – den Kolleg:innen und Patient:innen und ihrer Organisationen,
  • Finanziert durch progressive Steuern auf Kapital, Gewinne und Vermögen,
  • Für einen gesetzlich verankerten Personalschlüssel und für einen Krankenhausplan nach dem realen Bedarf, ermittelt durch die Beschäftigten sowie PatientInnen!
  • Einhaltung der Investitionen durch die Bundesländer und Ausweitung ihrer Investitionen entsprechend dieses Planes!
  • Ein Ende von Outsourcing! Wiedereingliederung aller Tochterunternehmen unter den Bedingungen des ursprünglichen Betriebes! Es verursacht schlechte und unsichere Arbeitsbeitsbedingungen und ist eine weitere Sparmaßnahme, die einer guten Versorgung konträr gegenüber steht,
  • Radikale Arbeitszeitverkürzung für alle bei vollem Lohn- und Personalausgleich – vor allem in den Intensivbereichen: Reduzierung der Arbeitszeit auf 6-Stunden-Schichten!

Kontakt: gewerkstammtischmuc@yahoo.de
Infos: https://vernetzung.org

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