Potsdam: Forderungen von Stand UP 4 Palestine

02.02.2024, Lesezeit 15 Min.
Gastbeitrag

Die Palästinavernetzung der Universität Potsdam hat ihre Forderungen veröffentlicht. Wir spiegeln diese solidarisch.

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Foto: Baki

English translation below

 

Sofortiger Waffenstillstand. Die Forderung nach einem Ende des Tötens aller Menschen durch Israel ist ein absolutes Minimum. Dennoch erkennen wir die Grenzen des Begriffs „Waffenstillstand“ an, der den andauernden Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung in Gaza nicht korrekt wiedergibt. Alles Leben ist gleichwertig; wir fordern ein Ende der ungerechten Zerstörung allen Lebens, von Menschen, Tieren und der Erde selbst.

Wir fordern, dass die Universität eine weitere Erklärung veröffentlicht, in der sie den vom israelischen Staat begangenen Völkermord in Gaza verurteilt. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Menschenrechtsverletzungen zu verurteilen und die anhaltenden Herausforderungen anzuerkennen, einschließlich der Notwendigkeit, die Handlungen des israelischen Staates als Genozid gemäß der Völkermordkonvention einzustufen.

Wir wollen, dass die Universität, die Fakultät und der AStA Maßnahmen ergreifen, um alle Studierenden und Mitarbeiter der Universität Potsdam, die von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antimuslimismus und Antisemitismus betroffen sind, zu unterstützen und zu schützen, indem sie die Universität zu einem sicheren Ort machen. Das Narrativ des importierten Antisemitismus ist rassistisch, trifft Migrant:innen und Flüchtlinge unverhältnismäßig stark und ist in der Folge islamfeindlich und antimuslimisch. Wir wollen eine demokratisch gewählte Antidiskriminierungsstelle durch Studierende und Mitarbeiter der Universität und eine Vollversammlung, um den Anstieg von antimuslimischem Hass und Antisemitismus und die Ignoranz der Universität gegenüber der Situation in Palästina zu diskutieren

Über Palästina aufklären. Die Förderung eines offenen Diskurses über die Situation in Palästina ist für die Universität von entscheidender Bedeutung, da sie die Studierenden dazu ermutigt, unterschiedliche Standpunkte zu vertreten und sicherzustellen, dass ihre Stimmen gehört werden. Die Universität sollte aktiv offene Gespräche fördern, die die Anliegen und Perspektiven aller Studierenden berücksichtigen, um weiterhin ein Umfeld für akademische Freiheit zu schaffen.

Dies kann durch verschiedene Mittel wie offene Podiumsdiskussionen, Vorlesungen oder Seminare erreicht werden. Die Universität könnte Fachleute einladen, die Einblicke in die Geschichte und die Zukunft der Situation in Palästina geben. Wenn die Universität nicht in der Lage ist, solche Veranstaltungen zu organisieren, sollte sie zumindest Raum, z. B. spezielle Seminarräume, auf dem Campus zur Verfügung stellen, damit Studierende diese wichtigen Dialoge initiieren und führen können.

Wenn es Bedenken gibt, Meinungen zu polarisierend oder sich mit einer bestimmten Seite zu solidarisieren, muss die Universität auf diese Ängste eingehen, indem sie die Studierenden darüber aufklärt, wie sie sich in solchen Situationen zurechtfinden und damit umgehen können. In diesen schwierigen Zeiten ist es für die Universität Potsdam unerlässlich, ihrer Rolle als Bildungseinrichtung gerecht zu werden. Dazu gehört nicht nur, Solidarität zu zeigen, sondern auch aktiv zur Förderung eines umfassenden Verständnisses und eines konstruktiven Dialogs beizutragen.

Demokratischer Palästinafachbereich. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Vordenker:innen der öffentlichen Meinung werden oft an Hochschulen ausgebildet. Führende Befürworter:innen der israelischen Apartheid wurden an der Universität dafür ausgebildet. Wenn die Situation in Palästina derzeit in Lehre und Forschung diskutiert wird, geschieht dies fast immer aus einer zionistischen Perspektive. Dagegen wollen wir einen demokratisch kontrollierten Fachbereich für Palästinastudien. Dieser Fachbereich muss sich mit der Geschichte der Vertreibung der Palästinenser:innen, den aktuellen Bedingungen von Besatzung und Apartheid und der Rolle des israelischen Staates als Bollwerk des Imperialismus im Nahen Osten auseinandersetzen und so zur Befreiung der Palästinenser:innen beitragen. Auf internationaler Ebene gibt es bereits Beispiele wie das Europäische Zentrum für Palästina-Studien an der Universität Exeter, die in diese Richtung gehen.

Für uns ist aber auch entscheidend, dass dieser Fachbereich von Anfang an unter der Kontrolle von Studierenden und Hochschulmitarbeitenden steht und diese die Inhalte von Forschung und Lehre demokratisch bestimmen können, unabhängig von Förderungsdruck und imperialistischen Interessen der Bundesregierung, die an unserer Universität deutlich mitbestimmen, wie z.B. Brandenburgs Präsident Dietmar Woidke, der das Präsidium der Universität öffentlich angriff, weil es nicht israelfreundlich genug sei. Ein demokratisch kontrollierter Fachbereich für Palästinastudien an unserer Universität würde einen großen Beitrag zum ideologischen Kampf für ein freies Palästina leisten. Der Fachbereich sollte ein breites Spektrum von Fächern wie Geschichte, Politikwissenschaft und Soziologie umfassen, die an der Universität gelehrt werden.

Umfassende Zivilklausel. Waffenforschung sollte nicht an Universitäten stattfinden. Wenn man sich die bestehenden Kooperationen zwischen deutschen und israelischen Universitäten ansieht, ist das Gegenteil der Fall. Unsere Universität hat eine Kooperation mit der Hebrew University in Jerusalem, deren Gebäude in illegalen Siedlungen gebaut sind, die sogar laut der UNO als solche eingestuft werden. Solche Partnerschaften sollten beendet werden. Wir kämpfen dafür, dass die Inhalte aller Kooperationen und Forschungen offengelegt werden und dass Studierende und Beschäftigte demokratisch darüber abstimmen können, was geforscht wird und was nicht, anstatt sich diese Entscheidung von einer professoralen Kaste diktieren zu lassen, wie es derzeit der Fall ist. Wir wollen alle Forschung für militärische Zwecke verbieten und sicherstellen, dass die Forschung keinen „dual use“ Zweck hat, d.h. offiziell zivile Forschung ist, aber heimlich vom Militär genutzt wird. Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass die Bundesregierung nicht mehr Krieg und Kolonialismus unterstützt, wie sie es mit der Verzehnfachung der Waffenexporte an den israelischen Staat seit dem 7. Oktober tut, aber auch bei anderen Konflikten wie der deutschen Unterstützung für die Massaker der Türkei in Rojava.

Die Universität übernimmt Verantwortung für den Schutz aller Studierenden und lässt keine Polizist:innen auf dem Campus zu. Alle Studierenden, Dozierenden und Beschäftigten der Uni Potsdam, unabhängig von ihrer politischen Einstellung, sollten sich an der Uni sicher und geschützt fühlen. Wir fordern, dass die Universität unmenschliche Abschiebungen stoppt und die Studierenden vor Polizeigewalt schützt. Um ihre Studierenden und Mitarbeiter vor ungerechten und schädlichen Polizeieinsätzen zu schützen, fordern wir, dass die Universität die Polizei nicht auf den Campus lässt.

Wir fordern, dass die Universität Apartheidregime boykottiert, die Verbindungen zu Universitäten in Israel abbricht und die Zusammenarbeit mit Kriegs- und Apartheidtechnologien untersagt. Wir ermutigen die Universität, BDS zu nutzen, um Druck auf Israel auszuüben, damit es das internationale Recht einhält und den Völkermord beendet.

Die Einschränkung eines offenen Dialogs über die aktuellen Ereignisse in Gaza durch das Verbot von Äußerungen, die nicht mit Israels Interessen übereinstimmen, schränkt Rede- und Pressefreiheit massiv ein. Palästina-Solidaritätsgruppen sind nicht per se antisemitisch, werden aber als solche behandelt und daher sowohl von anderen Organisationen als auch von der Polizei schikaniert und kriminalisiert. Wir fordern, dass abweichende Meinungen von der genozidalen zionistischen Perspektive nicht kriminalisiert werden dürfen und dass Abschiebungen von Palästina-Solidaritätsgruppen sofort gestoppt werden müssen. Wir fordern die Aufhebung aller Verbote von palästinensischen Organisationen.

 

 

Immediate ceasefire. Demanding an end to the killing of all people by Israel is a bare minimum. Nevertheless, we recognize the limitations of the term, ceasefire, which inaccurately portrays the on going genocide against the Palestinian peoples in Gaza. All life is equal; we call for an end to the unjust destruction of all life, people, animals, and the earth itself.

We demand that the university realeases another statement condemning the ongoing genocide in Gaza committed by the Israeli State. It is crucial to condemn human rights violations and recognize the ongoing challenges, including the need to classify the acts of the Israeli state as genocide under the Genocide Convention.

We want the University, faculty, and AStA to take action to support and protect all University Potsdam students and employees affected by racism, xenophobia, anti-muslim, antisemitism by keeping the university a safe campus. Imported antisemitism is racist, disproportionality impacts migrants and refugees, and is subsequently Islamophobic and anti-muslim. We want a democratically elected anti-discrimination office by students and staff of the university and a general assembly to discuss the rise of anti-muslim hate and antisemitism and the ignorance of the university regarding the situation in palestine.

Educate on Palestine. Promoting open discourse on the situation in Palestine is crucial for the university, encouraging students to express diverse viewpoints and ensuring their voices are heard. The university should actively facilitate open conversations that take into account the concerns and perspectives of all students, to continue fostering a healthy environment for academic freedom.This can be achieved through various means such as open panel discussions, lectures, or seminars. The university possesses the capability to invite subject matter experts to provide insights into the history and future of the situation in Palestine. If the university does not have capacity to organize such events, it should at least provide space, like dedicated seminar rooms, on campus for students to initiate and engage in these important dialogues. If there are concerns about polarizing opinions or showing solidarity with a specific side, the university must address these fears by educating students on how to navigate and handle such situations. In these challenging times, it is imperative for the University of Potsdam to fulfill its role as an educational institution. This involves not only demonstrating solidarity but also actively contributing to the promotion of comprehensive understanding and constructive dialogue.

Democratic Palestine department. Public figures and thought leaders are often trained in academia. Leading defenders of Israeli apartheid were trained for this at the university. When the situation in Palestine is currently discussed in teaching and research, it is almost always from a Zionist perspective. To contrast this, we want a democratically controlled Palestine studies department. This department is needed to address the history of the expulsion of the Palestinians, the current conditions of occupation and apartheid, and the role of the Israeli state as a stronghold of imperialism in the Middle East, thus contributing to the liberation of the Palestinians. Internationally, there are already examples, such as the European Center for Palestine Studies at the University of Exeter, that are moving in this direction.

For us, however, it is also crucial that this department is under the control of students and university staff from the outset, and that they can democratically determine the content of research and teaching independently of the pressure to acquire funding and the imperialist interests of the federal government, that are a clear factor in the decision making of our university, as for example Brandenburgs president Dietmark Woidke publicly attacked the university’s presidency for being not pro-israel enough. A democratically controlled Palestine studies department at our university would make a huge contribution to the ideological struggle for a free Palestine. The department should include a broad range of  fields like history, political science and sociology, which are taught at the University.

Comprehensive Civil Clause. Weapons research should not take place at universities. If one has a look at the existing collaborations between German and Israeli universities, the opposite is the case. Our university has a cooperation with the Hebrew University in Jerusalem which is built in settlements that are even classified as such by the UN. Such partnerships should be terminated. We fight for the content of all collaborations and research to be disclosed and for students and university staff to be able to democratically vote on what research is done and what is not, instead of having this decision dictated to them by a professorial caste, as is currently the case. We want to ban all research that is for military use, including making sure that research has no „dual-use“ purpose such that it is officially civil research but is used by the military secretly. We want to do our part to stop the German government from supporting war and colonialism, as it is doing with the tenfold increase in weapon exports to the Israeli state since 7th of October but also regarding other conflicts like the German support for the massacres Turkey is committing in Rojava.

University takes responsibility to protect students and doesn’t allow cops on campus.All students, faculty, and staff of Uni Potsdam, no matter their political views, should feel safe and protected as a member of this community. We demand that the university stop inhumane deportations and shield students from police brutality. To further protect its students and staff from unjust and harmful police interventions, we demand that the university invests in non carceral forms of safety and support and not invite the police on campus.​​​​​​

We demand that the university boycott apartheid regimes, cut ties with universities in Israel, and prohibit collaboration with war and apartheid technologies. We encourage the university to use BDS to pressure Israel to comply with international law and end the genocide.

Restricting an open dialogue about the current events in Gaza by banning expressions not aligned with Israel’s interests is an express violation of freedom of speech and press. Palestine solidarity groups are not inherently antisemitic but are being treated as such, and are thus harassed and criminalized by both organizations and the police. We demand that dissenting from the genocidal Zionist perspective should not be criminalized, and deportations of those who stand with Palestine must be stopped immediately. We demand to lift all bans of Palestinian organizations.

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