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Pegida-Geburtstag: Polizei macht München unsicher

13.01.2016, Lesezeit 5 Min.
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Die Geburtstagsfeier von Pegida wurde auch in Müchen teilweise blockiert. Die Rechten kamen nicht zum Platz der Opfer des Nationalsozialismus. Dafür ging die Polizei umso gewalttätiger vor. Wir spiegeln den folgenden Artikel von Waffen der Kritik München, dort erschienen am 12. Januar 2016.

Am Montag wollte Pegida seinen einjährigen „Geburtstag“ feiern. Wieder einmal bekamen sie für die rassistischen Auftakt- und Abschlusskundgebungen den symbolträchtigen Odeonsplatz, der von den Nazis historisch belegt ist – die „SS-Ehrenwachen“ standen dort während des „Dritten Reichs“ und erinnerten an den gescheiterten Hitler-Putsch von 1923. Die geplante Route des Pegida-„Spaziergangs“ führte zum wiederholten Mal am Platz der Opfer des Nationalsozialismus vorbei.

Aus der Feier wurde nichts. Blockaden des Oskar-von-Miller-Rings, neben dem Platz der Opfer des Nationalsozialismus, von etwa hundert Aktivist*innen zwangen die Rassist*innen, eine andere, viel kürzere Route zu nehmen. Aber die Landeshauptstadt München und die Polizei taten einfach alles, um diesen kleinen Erfolg zu verhindern. Im Vorfeld lancierten sie über Zeitungen, sie „warnen vor Sitzblockaden“ und würden diesmal härter gegen solche Versuche vorgehen.

Die gesamte von Pegida geplante Route wurde von Einsatztrupps der Polizei weit im Voraus abgeriegelt. Um einer Nazibande, in deren Reihen sich Rechtsterrorist*innen bewegen, die „Meinungsäußerung“ zu erlauben, hatte die Landeshauptstadt überall Checkpoints eingerichtet, die die Gesinnung anhand von Aussehen und Alter prüfen. Wir wurden zum Beispiel gefragt: „Sind Sie gegen Pegida? Dann dürfen sie hier nicht durch!“

Demonstrant*innen und umstehende Passant*innen waren nicht bereit, diese unrechtmäßigen und willkürlichen Polizeimaßnahmen zu akzeptieren. Die zuerst selektiven Einlässe, „vom Polizeipräsidenten angeordnet“, wie Einsatzpolizist*innen sagten, wurden teils ausgeweitet: „Niemand darf mehr durch! Nicht rein und nicht raus!“ Bullen erteilten ohne Nennung von Gründen auf öffentlichen Gehwegen Platzverbote, drohten mit Ingewahrsamnahmen an den „Grenzzäunen“ und schubsten ältere Menschen, um „die Polizeimaßnahme durchzusetzen“.

Trotzdem kämpften sich genug Antifaschist*innen in die von Pegida für sich beanspruchten Bereiche der Innenstadt, um die Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus zu verhindern. Nach der Blockade am Platz der Opfer des Nationalsozialismus kam dann die Gewalt: Die Polizei schlug ohne ohne jede Provokation zu, als die Sitzblockade schon beendet war, weil sich eine spontane Gegendemo Richtung Pegida bildete – die sollte „gesprengt“ werden. Die Bullen setzten ihre übelsten Schläger*innen ein, drohten mit Pfeffer, griffen am Boden liegende Menschen an. Auch völlig Unbeteiligte bekamen Prügel: Willkürlich schlugen Spezialkräfte zum Beispiel eine Passantin, die nichts mit dem Protest zu tun hatte.

Die gewalttätigen Ereignisse in der Innenstadt und am Platz der Opfer des Nationalsozialismus stehen in einer langen Reihe. Seit es Pegida, Bagida und Mügida gab beziehungsweise gibt, kommen sie nur voran, weil die Staatsgewalt ihnen die Straße freiprügelt. Die Logistik dafür stellt ausgerechnet die von der SPD geführte Landeshauptstadt München, die mit München-ist-bunt-Aktionen zu Kundgebungen gegen Rechts aufruft. Regelmäßig bekommen also bei Jusos und SPD organisierte Jugendliche die von ihrer eigenen Partei angeordneten Schläge ab.

Wir müssen uns selbst gegen Rechte und gegen die Polizei zu verteidigen lernen. Dabei reicht es nicht aus, dass einige wenige aufopferungsvoll jeden Montag Blockaden versuchen. Wie gefährlich die Situation ist, lehren die zeitgleichen Ereignisse aus Leipzig, wo hunderte Nazihools Connewitz angriffen.

Die ständige Polizeigewalt geht auch Menschen außerhalb der „Szene“ etwas an. München wird von Pegida und den Bullen zu einem unsicheren Ort gemacht. Weit gefährlicher noch ist Deutschland als Ort für Geflüchtete, die ständig von Rechtsterrorist*innen in Heimen mit Brandsätzen und auf den Straßen angegriffen werden, jetzt auch in Köln, wie sie zu Unrecht für die Straftaten von Sexisten verantwortlich gemacht werden. Die Linke und die Gewerkschaften müssen ihre Massenbasis gegen die Faschist*innen mobilisieren, anstatt nur salbungsvolle Worte zu geben. Dass es dann ganz leicht und ohne Polizeigewalt möglich ist, die Nazis zu stoppen, zeigte der 9. November: Sie kamen keinen Fußbreit.

Schließlich zeigt die rechte Dauerpräsenz, dass es nicht reicht, immer nur in der Defensive zu sein. Die einzige Antwort auf „Merkel muss weg“ darf nicht „Halt die Fresse!“ bleiben, sonst können sich die Rassist*innen stärken, die leider als einzige und von rechts ernsthaft das Regime angreifen. Dieses Regime ist selbst rassistisch: Es schiebt Menschen wegen ihrer Herkunft in Tod, Terror, Elend ab. Es führt die imperialistischen Kriege, wie in Syrien, die alle Unterdrückungen weltweit verschärfen. Es militarisiert Deutschland auch nach innen, wie die in den letzten Jahren immer schärferen Polizeieinsätze zeigen – voran geht hier Frankreich, wo im Ausnahmezustand seit den Pariser Attentaten Grundrechte auf Versammlung oder Schutz der Wohnung außer Kraft sind und das Militär durch die Straßen marschiert. Ursache dafür, wie auch für die rechten Erfolge in ganz Europa, ist die andauernde kapitalistische Krise.

Unser Antifaschismus geht deshalb auch gegen die bürgerliche Regierung, die mit ihrer rechten Politik die Grundlagen für Faschismus mit schafft, da die Krise unbeantwortet bleibt; gegen den Krieg, gegen die Militarisierung, die nach außen und innen rassistische Unterdrückung bedeuten. Und für die Geflüchteten, für ein soziales Programm, damit alle Menschen in Deutschland unabhängig von Hautfarbe, Religion oder Herkunft leben, wohnen und gut arbeiten können.

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