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Ohne politischen Streik bleiben die Bosse übermächtig

13.06.2019, Lesezeit 7 Min.
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Am Samstagnachmittag versammelten sich rund 40 Menschen in der ver.di-Mediengalerie, um über die Ausweitung des Streikrechts zu diskutieren. Darunter waren kämpferische Beschäftigte der CFM, der BVG, sowie der S-Bahn, des Botanischen Gartens und von wombat´s. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Kampagnen-Initiative „Outsourcing und Befristung verbieten“.

„Wenn Gewerkschaften ihr Streikrecht nicht wahrnähmen, hätten Beschäftigte gar nichts mehr zu sagen.“ So die kurze und prägnante Zusammenfassung von Rechtsanwalt Benedikt Hopmann, der unter anderem die damalige Kaiser´s-Kassiererin Emmely vor Gericht vertrat. Im Vorfeld gewährte uns Hopmann einen interessanten Einblick in das deutsche und internationale Streikrecht. Dabei räumte er mit einem weit verbreiteten Irrglauben auf. Nämlich, dass Streiks gegen sogenannte „unternehmerische Entscheidungen“ verboten seien, also Ausgliederungen, Befristungen, Kündigungen und Schließungen, um nur mal einige zu nennen. Dabei verwies er auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die diese Fälle ausdrücklich offengehalten haben. Hopmann erläuterte, dass es wahrscheinlich sei, dass das Gericht solche Streiks für legal erklären würde, wenn es doch nur einmal einen Fall gäbe, der den Arbeitsrichter*innen vorgelegt wird.

Ob man Hopmanns Optimismus hier teilt, sei mal dahin gestellt. Doch fast noch wichtiger ist die Frage, warum es solch einen Fall bisher nicht gegeben hat. Kämpfe gegen solche Entscheidungen hat es nun wirklich einige in den letzten Jahrzehnten gegeben. Opel Bochum, Halberg Guss oder nicht zuletzt der ausdauernde Kampf der Kolleg*innen in den ausgegliederten Servicegesellschaften Berliner Krankenhäuser. Unrühmliches Beispiel für die bürgerliche Klassenjustiz ist dabei sicherlich das Verbot des Streiks der VSG vor einigen Jahren, weil sie in ihrem Aufruf ausdrücklich die Forderungen nach Wiedereingliederung stehen hatten.

CFM, wombat`s, Frauenstreik gemeinsam

Im zweiten Teil der Veranstaltung wurde es konkreter. Daniel von der CFM berichtete über den anhaltenden Kampf für die Wiedereingliederung in die Charité. Dabei machte er deutlich, dass für die Kolleg*innen keine faulen Kompromisse mehr in Frage kommen. Dabei spielt er unter anderem auf die lächerlichen Angebote des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller beim letzten großen Streik an, den Lohn auf elf Euro anzuheben. Auch die Kommunalisierung der CFM hat überhaupt keinen Fortschritt gebracht. Gleichzeitig machte er auch deutlich, dass die Beschäftigten der CFM gerne mit anderen Töchtern gemeinsam kämpfen wollen, was den Druck auf die Charité und den Senat immens erhöhen würde.

Ebenfalls dabei war Charlotte, Hebamme in einem Münchner Klinikum, aktiv im dortigen Frauenstreikkomitees und Mitglied bei Brot und Rosen. Sie stellte vor allem die Notwendigkeit des politischen Kampfes in den Vordergrund und verwies dabei auf den diesjährigen 8. März, an dem weltweit Millionen Frauen in den Streik getreten sind, unter anderem für das Recht auf Abtreibung, aber auch gegen die Unterdrückung von Frauen in Betrieben durch schlechteren Lohn oder die Doppelbelastung von Familie und Beruf. Sie kritisierte dabei die Gewerkschaftsführungen, die nicht zum Streik aufriefen oder im Falle von ver.di sich sogar explizit davon distanzierten. Und das obwohl es viele kämpferische Arbeiterinnen gab und gibt, die das gefordert hatten. Besonders kämpferische Belegschaften in den Krankenhäusern, die mehrheitlich Frauen sind, beteiligt sich trotzdem an den Mobilsierungen und organisierten in Berlin sogar einen eigenen Block.

Schlussendlich rückte der Kampf der Beschäftigten von wombat´s in den Fokus. Wie Raphael, Vorsitzender des Betriebsrats, erklärte, haben sie in den letzten Jahren erfolgreich einen Betriebsrat und einen Tarifvertrag erkämpft. Die Bosse wollen das Hostel nun dicht machen, weil sie keine Lust auf den Betriebsrat haben. Die Beschäftigten fordern nun vom Senat die Enteignung des Hostels, um den Betrieb selbst unter ihrer Kontrolle weiter aufrechterhalten zu können. Dafür haben sie in den letzten Monaten immer wieder Kundgebung vor dem Haus organisiert und sich direkt an den Senat und die regierenden Parteien gewandt.

Doch auch politische Kämpfe prägen die letzten Monate. Die Jugendlichen von FFF bestreiken weiterhin jeden Freitag die Schule, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Eine Verbindung zu betrieblichen Kämpfen würde diesem Proteste eine immense Schlagkraft verleihen. Kolleg*innen von ver.di aktiv haben sich bereits an den Protesten beteiligt. Am 20. September wird es einen weltweiten Klimastreik geben. Die Gewerkschaften müssen die Beschäftigten an diesem Tag zum Streik aufrufen. Denn eine radikale ökologische Wende wird nicht ohne die Millionen Beschäftigten zu machen sein, die die Macht haben, das Land lahm zu legen. Der Frauenstreik hat in anderen Ländern gezeigt, was für eine Macht die Arbeiterinnen haben, wenn sie ihre Arbeit niederlegen. Doch die Gewerkschaftsführungen in Deutschland trennen weiterhin fein säuberlich den ökonomischen vom politischen Kampf.

Letztlich zeigen all diese Beispiele, wie notwendig es ist, für die Ausweitung des Streikrechts zu kämpfen. Ein Kollege der S-Bahn wies aus dem Publikum ebenfalls auf die drohende Zerschlagung der S-Bahn durch den Berliner Senat hin, die zu Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen führen kann. Berlins Oberbürgermeister Müller hat auf der Kundgebung am 1. Mai zwar behauptet, dass das nicht passieren wird, wie viel die Versprechen des Senats wert sind, dürften allerdings besonders die Kolleg*innen in den ausgegliederten Krankenhaustöchtern wissen. SPD und Grüne standen in der Vergangenheit Gewehr bei Fuß, wenn es Angriffe auf die Beschäftigten durchzusetzen galt, Stichwort Agenda 2010. Doch auch die Linkspartei bekleckerte sich nicht gerade mit Ruhm. Hat die Partei doch gemeinsam mit der SPD die Ausgliederungen in Krankenhäusern und die Privatisierungen von Wohnungen mitgetragen. Die jetzigen Reformen, die der Senat verspricht und teilweise durchsetzt, sind nicht mehr als eine winzig kleine Wiedergutmachungen für die sozial- und wohnungspolitischen Verbrechen der letzten Jahre. Zumal sich der Senat nur dort bewegt, wo der Druck in den Betrieben und auf der Straße am größten geworden ist. Die Grenzen davon zeigen sich schon bei den Wiedereingliederungen der Krankenhaustöchter. Denn trotz der Versprechen ist noch kein einziges Tochterunternehmen bei Vivantes oder der Charité bisher zurückgeführt.Deshalb dürfen wir uns nicht auf die Worte verlassen, sondern müssen unsere Kämpfe in die eigene Hand nehmen.

Streiks dürfen sich nicht nur auf wirtschaftliche Belange beschränken, sondern auch explizit politische Forderungen aufnehmen. Denn egal ob Daimler, VW, ob FU, wombat´s, in Krankenhäusern oder sonstwo. Die Bosse haben es in der Hand zu befristen, auszugliedern oder Betriebe ganz dicht zu machen. Sie nutzen die Unterdrückung von Frauen und LGBTI*, um Löhne zu drücken und die eigene Profite zu vermehren. Die großen Industriekonzerne tragen die Hauptverantwortung für den Klimawandel. Sich im Kampf dagegen (fragwürdigen) juristischen Schranken zu beugen, heißt, die Angriffe kampflos hinzunehmen und die Macht des Kapitals zu akzeptieren. Stattdessen brauchen wir betriebsübergreifende Mobilisierungen, um die Macht über unsere Betriebe zurückzuerobern. Selbstorganisiert und demokratisch kontrolliert von den Kolleg*innen und nicht in gutsherrenartiger Manier von wenigen, überbezahlten Bossen.

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