Nicht für das Vaterland, sondern die Unterdrückten: Revolutionäre Abgeordnete in Argentinien vereidigt [mit Video]

06.12.2017, Lesezeit 3 Min.
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Bei den Wahlen im Oktober erzielte die argentinische Front der Linken und Arbeiter*innen (FIT) mehr als 1,2 Millionen Stimmen und drei Sitze im Nationalen Kongress. Zum offiziellen Beginn der Sitzungen schworen die neuen sozialistischen Abgeordneten nicht auf Gott und das Vaterland, sondern auf die Kämpfe der Unterdrückten und der Arbeiter*innen weltweit. Die Reaktion der rechten Parteien ließ nicht auf sich warten.

Eine Vereidigung von Parlamentsabgeordneten ist in der Regel ein langweiliger bürokratischer Akt. Nicht so in Argentinien. Denn dort hat bei den Wahlen im Oktober die Front der Linken und Arbeiter*innen (FIT) zu wiederholten Mal mehr als 1,2 Millionen Stimmen erzielt.

So ergibt es sich, dass nicht nur drei revolutionäre Abgeordnete im Nationalen Kongress sitzen, sondern insgesamt über 40 Sitze in Regional- und Kommunalparlamenten der FIT gehören. Und schon bei der Vereidigung machen diese Abgeordneten der Arbeiter*innen deutlich, dass sie sich nicht dem bürgerlichen Parlamentarismus anpassen werden.

Am Dienstag kam das Regionalparlament der Stadt Buenos Aires zusammen und unter anderem wurde die Menschenrechtsanwältin und Anführerin der Partei Sozialistischer Arbeiter*innen (PTS) Myriam Bregman vereidigt. Sie schwor unter heftigen Anfeindungen, Pfiffen und Buh-Rufen der rechten Mehrheitsfraktion auf „den Kampf der Arbeiter*innen, der Frauen und der unterdrückten Völker auf der Welt [und] das Ende der kapitalistischen Barbarei“.

Besondere Empörung galt der Passage, in der sie versicherte, „den Kampf gegen die Straffreiheit der Unternehmer*innen, die den bürgerlich-militärischen Putsch organisierten und von ihm profitierten“, weiterzuführen. Das regierende Parteienbündnis Cambiemos hat sich immer wieder dadurch ausgezeichnet, die Zahl der Opfer der argentinischen Militärdiktatur anzuzweifeln. Der Vater vom Präsidenten Mauricio Macri machte zu Zeiten der Diktatur ein Riesengeschäft.

Gestern wurde außerdem Nicolás del Caño (ebenfalls PTS) im Nationalen Kongress vereidigt, dem er zum wiederholten Male angehören wird. Er schwor auf „Erinnerung, Wahrheit und Gerechtigkeit für Rafael Nahuel und Santiago Maldonado“. Beide waren der tödlichen Gewalt der Polizei zum Opfer gefallen. Rafael Nahuel war ein 22-jähriger Mapuche, der von der Polizei am Tag des Begräbnisses von Santiago Maldonado ermordet wurde. Maldonado war ein junger Aktivist, der sich an Protesten des Mapuche-Volks beteiligte und dabei von der Polizei entführt und getötet wurde. Sein Verschwinden löste eine breite landesweite Bewegung aus, die sich gegen die Repression des Staates und für die Rechte der Mapuche aussprach.

Außerdem nahm Del Caño in seinem Schwur Bezug auf die Rentner*innen, denen durch die Rentenreform der Regierung eine Kürzung ihrer ohnehin schon niedrigen Bezüge droht, auf die Frauen, die für ihre Rechte und gegen sexualisierte Gewalt kämpfen, und auf die Arbeiter*innenklasse und die unterdrückten Massen auf der Welt.

Auch wenn die Vereidigung eine rein symbolische Zeremonie ist, konnten die revolutionären Abgeordneten mit ihrem Bezug auf die realen Kämpfe der Ausgebeuteten und Unterdrückten die bürgerliche Normalität durchbrechen. Die rechten Abgeordneten verstanden die Kampfansage – sie werden sich auf vier Jahre gefasst machen können, in denen die Abgeordneten der FIT alle Angriffe auf die Arbeiter*innen und Massen verurteilen werden und den Arbeitskämpfen und demokratischen Bewegungen im Parlament Gehör verschaffen werden.

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