Nein zur imperialistischen Intervention in Haiti!

14.03.2024, Lesezeit 6 Min.
Übersetzung:
1
UN-Truppen in Haiti 2016. Foto: Marinha do Brasil / Flickr.com

Angesichts der Gewalteskalation im Land hat Haitis Interims-Premierminister Ariel Henry am späten Montag seinen Rücktritt angekündigt. Tatsächlich wurde er dazu von den USA dazu gezwungen, die eine Militärintervention vorbereiten.

Der US-Imperialismus bereitet mit Hilfe der Vereinten Nationen (UN) und unter der Fassade eines „Übergangsrates“ eine neue Militärintervention in dem karibischen Land vor, nachdem sich bereits seit 2004 UN-Truppen im Land befinden. Ariel Henry war Ende Februar nach Kenia gereist, um Unterstützung für die Entsendung internationaler Truppen nach Haiti auf Anweisung des US-Imperialismus zu erhalten. Unter Zustimmung der USA hatte Kenia im vergangenen Jahr angeboten, eine militärische Eingreiftruppe von fünf Ländern anzuführen, wobei Benin mit 1.500 Soldaten das größte Kontingent stellen sollte, mit dem Ziel, die Bandenkriminalität unter Kontrolle zu bringen.

Während Henrys Abwesenheit eskalierte die Krise in Haiti. Er strandete im US-Territorium Puerto Rico, nachdem ihm die Landung Haitis Nachbarland, der Dominikanischen Republik, untersagt worden war. „Die Regierung, die ich führe, wird unmittelbar nach der Einsetzung des [Übergangs-]Rates entlassen“, erklärte Ariel Henry. Dies war bereits eine Entscheidung, die durch den von der US-Regierung von Joe Biden aufgestellten Fahrplan getroffen wurde.

Bandenkriminalität eskaliert

Die Absetzung von Ariel Henry erfolgte in einer Situation, in der sich das soziale Chaos und die politische Krise dramatisch verschärft haben. Vor kurzem wurde bekannt, dass Henry erst Ende August 2025 Wahlen abhalten wollte – ein weit entferntes Datum, das keine Legitimität in der haitianischen Bevölkerung besitzt. Am Freitagabend waren in der Nähe des Nationalpalastes in der Hauptstadt Schüsse durch Unbekannte gefallen. Bewaffnete Banden haben am Samstag Tausende von Menschen aus den Gefängnissen entlassen. Dies zwang die Regierung, den wichtigsten Frachthafen der Hauptstadt zu schließen und den Ausnahmezustand zu verhängen.

Der eigentliche Angriff richtet sich jedoch gegen das haitianische Volk. Letzte Woche gingen Tausende von Haitianern in Port-au-Prince auf die Straße, um den Rücktritt von Premierminister Ariel Henry zu fordern. Die Demonstrant:innen errichteten brennende Barrikaden auf der Delmas-Autobahn, legten alle Aktivitäten in diesem Gebiet lahm und schränkten den öffentlichen Verkehr ein. Mit Rufen wie „raus, raus“ forderten sie den Rücktritt von Henry, der Demonstrationen verboten hatte. Die haitianische Nationalpolizei (HNP), die nicht auf die jüngsten Aktionen der bewaffneten Banden reagiert hatte, zögerte nicht, die Demonstranten mit tödlichen Waffen und Gas zu unterdrücken, als sie in Richtung der kanadischen Botschaft marschierten.

Präsident ohne demokratische Wahlen

Ariel Henry wurde nach der Ermordung von Präsident Jovenel Moise im Juli 2021 von der sogenannten „Core Group“, die von den Vereinigten Staaten geleitet wird und der auch Frankreich, Spanien, Brasilien, Deutschland und Kanada angehören, zum Premierminister ernannt. Diese „Ernennung“, bei der jegliches Nachfolgeverfahren umgangen wurde und die nicht von der Bevölkerung unterstützt wurde, wurde von den Vereinten Nationen und der Organisation Amerikanischer Staaten gebilligt. Mit anderen Worten: ein offener Verstoß gegen die Souveränität des haitianischen Volkes.

Während eines großen Teils der Regierungszeit von Ariel Henry wurde Haiti von massiven Mobilisierungen und Streiks erschüttert, die sich gegen die hohen Lebenshaltungskosten, die steigenden Treibstoffpreise und andere Forderungen richteten. Seit seiner Einführung hat das Elend in schwindelerregender Geschwindigkeit zugenommen, eine permanente humanitäre Krise sowie eine massive Migrationsbewegung ausgelöst. Hunderttausende von haitianischen Migrant:innen werden in Ländern wie Mexiko, Mittelamerika und der Karibik gezählt, von denen die meisten in die Vereinigten Staaten wollen.

Ariel Henry hatte im Oktober 2022 eine umfassende imperialistische Militärintervention in Haiti durch die Vereinigten Staaten oder Kanada gefordert. Der damalige Außenminister Anthony Blinken bestätigte, dass sie die Intervention organisierten. Kurz darauf kündigte Kanada die Entsendung von Kriegsschiffen an. Im Januar erklärte UN-Generalsekretär António Guterres, dass es „dringend“ sei, eine internationale Sicherheitstruppe nach Haiti zu entsenden, um „bei der Bekämpfung der Banden zu helfen und zur demokratischen Staatsführung beizutragen“, mit der gleichen Argumentation zur Rechtfertigung der militärischen Intervention. Etwas mehr als ein Jahr später haben sie beschlossen, den Schritt zu wagen.

Solidarität mit dem haitianischen Volk! Gegen jede Militärintervention

Die Banden-Problematik ist eine Farce, in der letzten Stellungnahme unserer internationalen Strömung, der FT-CI, schreiben wir: 

Es ist unbestreitbar, dass bewaffnete paramilitärische Gruppen seit der Machtübernahme der Marionettenregierung von Henry in dem Karibikstaat an Boden gewonnen haben. Ihr Aufstieg ging einher mit einer Verschlimmerung des Elends, das durch Nahrungsmittelknappheit und steigende Treibstoffpreise noch verstärkt wurde. Die USA, die UNO und die haitianische Regierung verschweigen jedoch zynischerweise, dass sie selbst historische Verbindungen zum organisierten Verbrechen unterhalten und die Entstehung dieser Banden durch repressive staatliche Kräfte gefördert haben.

Die bewaffneten Gruppen, die die haitianische Regierung und das Kapital gegen Massenbewegungen eingesetzt haben, sind nicht neu. Diese Banden haben sich parallel zu den Kräften des Kapitals und des Staates entwickelt – verschiedene Fraktionen des Regimes haben nach eigenem Ermessen die von ihnen gewählten Banden unterstützt. Und heute haben sie im Zusammenhang mit dem großen Zusammenbruch von Staat und Regierung die ‘Kontrolle’ verloren.

Nein zur imperialistischen Militärintervention in Haiti! Die Krise in Haiti kann nicht beendet werden durch militärische Interventionen unter der Führung des US-Imperialismus oder internationaler Organisationen, die ihm zu Diensten stehen. Jahrzehntelang haben sie die internen Probleme des Landes verschärft und das haitianische Volk noch tiefer ins Elend gestürzt. Es ist notwendig, eine große internationale Kampagne gegen die militärische Intervention in Haiti und in Solidarität mit dem haitianischen Volk zu fördern.

In Haiti selbst können nur die Arbeiter:innen und das unterdrückte Volk den Kampf gegen das herrschende Elend, die herrschenden Klassen und ihre korrupten, vom Imperialismus unterstützten Regierungen führen. Dazu müssen sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und sich im Eifer des Gefechts für ihre eigenen Forderungen wehren. Das haitianische Volk muss seine eigenen Massenorganisationen stärken, indem es sich selbstbestimmt organisiert. Mit der Perspektive einer Regierung der Arbeiter:innen und Unterdrückten, die als einzige in der Lage sein wird, eine wirkliche und endgültige Lösung der Krise zu finden.

Dieser Artikel erschien in einer längeren Fassung auf La Izquierda Diario.

Mehr zum Thema