Namensänderung für trans Personen: Das Selbstverständliche wird endlich umgesetzt

08.07.2022, Lesezeit 3 Min.
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Quelle: Shutterstock (nito)

Am 30. Juni wurden von den Bundesministerien Justiz und Familie im Bundestag die Eckpunkte für das neue Selbstbestimmungsgesetz vorgestellt. Demnach soll jede:r einfach beim Standesamt sein Geschlecht und seinen Vornamen ändern können. Wie bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben, wird damit das diskriminierende Transsexuellengesetz ersetzt.

Bislang müssen Menschen, die ihr Geschlecht im Pass ändern wollen, zwei psychiatrische Gutachten einholen. Ob die Gutachter:innen transphob eingestellt sind oder nicht ist dann meist Zufall und Glückssache. Außerdem werden sehr intime Fragen gestellt, wie frühkindliche Erlebnisse und das Sexualverhalten. Diese Gutachten kosten außerdem mehr als 1000 Euro und das Verfahren dauert Monate. Entscheiden muss dann ein Gericht. Außerdem sind dadurch bislang die Namensänderungen nicht rückwirkend, was bedeutet, dass beispielsweise auf der Geburtsurkunde noch der Deadname (alter Name) stehen würde.

Das neue Gesetz stellt eine Erleichterung für trans, inter und nicht binäre Personen in Aussicht. Es ist das Ergebnis jahrzehntelanger Kämpfe, begonnen mit den Stonewall Protesten, bei denen schwarze trans Frauen ein wichtiger Teil der Bewegung waren. Auch in Deutschland gibt es eine lange Geschichte des queeren Befreiungskampfes.

Das Gesetz soll frühestens Ende des Jahres umgesetzt werden, obwohl es bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben war. Bis dahin warten tausende Menschen weiterhin darauf, ihren Namen und Geschlecht offiziell ändern zu können und leiden tagtäglich unter queer- und transphoben Strukturen. Geschlechtsumwandlungen sind aber im Gesetz ausdrücklich nicht erwähnt.

Vor ungefähr einem Jahr, im Mai 2021, ging schon einmal eine Abstimmung über das Selbstbestimmungsgesetz durch den Bundestag. Damals stimmte die SPD dagegen, mit der Begründung, es würde die Zusammenarbeit mit der CDU/CSU gefährden.

Dass die SPD nun dafür stimmt, zeigt den Opportunismus der Regierungspartei, wenn es um grundlegende feministische Fragen geht. Nun nutzt die Partei das Gesetz, um sich als queerfreundlich darzustellen. So auch der Rest der “Fortschrittskoalition”; denn eigentlich sollte es das absolute Minimum und eine vollkommene Selbstverständlichkeit sein, seinen Namen und Geschlecht ändern zu können.

In einigen liberalen queeren Kreisen wird nun die Regierung dafür gefeiert, als könnte queere Befreiung von regierenden bürgerlichen Parteien ausgehen. In den USA sehen wir, wie feministische Reformen zurückgenommen werden wie das Recht auf Abtreibung. Reformen sind nie in Stein gemeißelt und dienen gerade hauptsächlich dazu, die Ampelregierung progressiv aussehen zu lassen – auch im Kontrast zu den USA. Für queere Befreiung wird es noch weitere Kämpfe brauchen, die sich auch gegen Ausbeutung richten.

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