Nach 34 Schüssen: Polizeirepression gegen Protest

17.07.2023, Lesezeit 3 Min.
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Iven O. Schloesser / Shutterstock.com

Am Samstag fand in Herford die Demonstration "Die Polizei lügt" statt. Der Anlass für die Demonstration waren die 34 Schüsse auf den 19-jährigen Bilel G., denen eine Polizeikontrolle vorausging.

Am 6. Juni geriet Bilel in eine Polizeikontrolle. Da der Jugendliche ohne Führerschein fuhr, flüchtete er. Laut der Polizei sei Bilel am Ende in einer Sackgasse in Bad Salzuflen auf die sechs  Polizisten gerast, die zur Seite sprangen und dann das Feuer eröffneten. Allerdings kann ein Anwohner bezeugen, dass der 19-jährige gar nicht hätte flüchten können und die Darstellung der Polizei falsch sei. Acht der 34 Schüsse abgegebenen Schüsse trafen ihn, seitdem ist er querschnittsgelähmt. Weder Bodycams noch Fahrzeugkameras waren angeschaltet, ähnlich wie bei den Schüssen auf  Mouhamed D. in Dortmund vor knapp einem Jahr. Es wird sogar noch gegen Bilel ermittelt wegen versuchter Tötung.

Im Vorfeld hetzte die lokale bürgerliche Presse und die Polizei gegen die geplante Demo und deren Teilnehmende. Sie sprach von einer Demo von „Linksextremen und Salafisten“, wahlweise auch „Islamisten“. Die Initiator:innen sprachen davon, dass vorher schon ein Horrorszenario aufgebaut wurde und rassistische Stereotype befeuert wurden. Die Demonstration mit 600 Teilnehmenden wurde mit einem erdrückenden Polizeiaufgebot von mehreren Hundertschaften, mit Pferden und Drohnen begleitet und somit massiv gestört und bedrängt. Die Demonstration musste, trotz kämpferischer Redebeiträge und kämpferischer Stimmung, aufgrund der Repression vorzeitig beendet werden. Die Polizei kesselte Teilnehmende, nahm einige fest und versuchte, den Weg für die Teilnehmenden zu verengen.

Polizeigewalt ist auch in der Region Ostwestfalen kein Einzelfall. Noch vor einer Woche wurde ein Polizist aus Bielefeld  zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er einen Rollerfahrer mit einem gefährlichen Fahrmanöver zu Fall brachte. Die Polizei versuchte die Situation wieder mal anders darzustellen. Ein Video eines Anwohners konnte die Gewalt jedoch belegen. Im Jahre 2014 versuchten Polizisten aus Herford sogar ein Video zu verfälschen, in dem eine migrantische Person von einem Polizisten verprügelt und mit Pfefferspray angegriffen wurde.

Polizeigewalt entsteht aber nicht aus Zufall, sondern gehört immanent zum System, was die herrschenden Klasse im Kapitalismus schützt und deren Interessen durchsetzt, ohne vor brutaler Gewalt zurückzuschrecken. Die Abschaffung der Polizei kann nur gleichzeitig mit der Abschaffung des Privateigentums passieren, dessen Existenz die Polizei mit verteidigt.

Aufklärung kann nicht in der Institution selbst geschehen, sondern nur von unabhängigen, selbstorganisierten Untersuchungskommissionen aus Betroffenen, Angehörigen und sozialen Organisationen. Auf den kapitalistischen Staat und bürgerliche Parteien ist kein Verlass, die nur die Gewalt ihrer Sicherheitsorgane legitimieren. Genauso wenig wie auf bürgerliche Zeitungen, die oft die Betroffenenperspektive ausblenden und nur Polizeiberichte wiedergeben.

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