#internationalistcamp: Vom 13.-18. Juli trafen sich mehr als 200 Aktivist*innen aus Deutschland, Frankreich und dem Spanischen Staat in den katalanischen Bergen. Beim internationalistischen Sommercamp gab es fünf Tage voller Debatten, Versammlungen und Erfahrungsaustausch. Für die Gruppen der Trotzkistischen Fraktion – Vierte Internationale (FT-CI) in Europa eröffnet sich eine neue Etappe." /> #internationalistcamp: Vom 13.-18. Juli trafen sich mehr als 200 Aktivist*innen aus Deutschland, Frankreich und dem Spanischen Staat in den katalanischen Bergen. Beim internationalistischen Sommercamp gab es fünf Tage voller Debatten, Versammlungen und Erfahrungsaustausch. Für die Gruppen der Trotzkistischen Fraktion – Vierte Internationale (FT-CI) in Europa eröffnet sich eine neue Etappe." />

Mehr als 200 Menschen bei der Revolutionären Internationalistischen Sommerakademie in Barcelona

20.07.2016, Lesezeit 7 Min.
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#internationalistcamp: Vom 13.-18. Juli trafen sich mehr als 200 Aktivist*innen aus Deutschland, Frankreich und dem Spanischen Staat in den katalanischen Bergen. Beim internationalistischen Sommercamp gab es fünf Tage voller Debatten, Versammlungen und Erfahrungsaustausch. Für die Gruppen der Trotzkistischen Fraktion – Vierte Internationale (FT-CI) in Europa eröffnet sich eine neue Etappe.

Mitten in den katalanischen Bergen, umgeben von Wald und wenige Kilometer vom Strand entfernt, war das malerische Can Bosc der perfekte Ort für ein internationalistisches Zusammentreffen. Erfahrungen aus der Hitze des Klassenkampfes in Frankreich, der Frauenbewegung im Spanischen Staat und der antirassistischen Jugendproteste in Deutschland wurden ausgetauscht.

Über 200 Aktivist*innen aus drei Ländern zusammenzubringen, war eine große Herausforderung. Anreise, Kochen, Putzen und nicht zuletzt die Simultanübersetzung in drei Sprachen machten ein hohes Maß an internationaler Kooperation notwendig. Alle mussten mit anpacken, um die Sommerakademie zu einem Erfolg zu machen.

So war es dann auch: Das Meistern der Logistik, aber vor allem das hohe politische Niveau der Diskussionen in über 20 Workshops, vier großen Podiumsveranstaltungen sowie Jugend-, Arbeiter*innen- und Frauentreffen zeigten auf, dass hier eine neue Generation revolutionärer Marxist*innen zusammenkam.

Strategische Notwendigkeit des Internationalismus

Der Donnerstag stand unter dem Zeichen des Internationalismus. In vier Workshops wurde am Vormittag über verschiedene Aspekte der aktuellen internationalen Situation debattiert: die Europäische Union, die kurdische Frage, der Rechtsruck in Lateinamerika und der Aufstieg der extremen Rechten. Der Nachmittag diente der Vertiefung wichtiger historischer und theoretischer Konzepte: kapitalistische Krise, Internationalismus von Marx bis Trotzki, Theorie der permanenten Revolution.

Den Abschluss des Tages bildete eine große Podiumsdiskussion, auf der zunächst Juan Chingo von der Revolutionär-Kommunistischen Strömung (CCR) in der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) in Frankreich über die Grundlagen des proletarischen Internationalismus referierte: einerseits die Sprengung der Grenzen des Nationalstaats durch die internationale Expansion des kapitalistischen Produktionsprozesses; andererseits die internationale Dimension des Klassenkampfes. Stefan Schneider von der Revolutionären Internationalistischen Organisation (RIO) aus Deutschland schlussfolgerte daraus auf die Notwendigkeit einer internationalen Organisierung: “Der Internationalismus besteht nicht nur aus Aktionen internationaler Solidarität, sondern auch und vor allem aus dem Aufbau einer weltweiten revolutionären Organisation.” Dabei gehe es nicht einfach um freundschaftliche Verhältnisse zwischen Gruppen aus verschiedenen Ländern, sondern diese müsse notwendigerweise auf der Basis eines gemeinsamen Programms und einer gemeinsamen Strategie stattfinden.

„Wir wollen das Brot, aber auch die Rosen“

Der Freitag war dem Thema Frauen und LGBTI* gewidmet. Über den Tag gab es Workshops über die Geschichte der LGBTI*-Bewegung, die Queer-Theorie und sexualisierte Gewalt. Außerdem wurde das Erbe revolutionärer Frauen wie Clara Zetkin, Rosa Luxemburg und Alexandra Kollontai diskutiert.

Am Abend debattierte ein Podium über verschiedene Strategien zur Emanzipation der Frauen. Cynthia Lub von der Gruppe Clase Contra Clase aus Barcelona setzte sich darin mit dem schwierigen Verhältnis der feministischen Bewegung zum Marxismus auseinander – ein Produkt der sexistischen Politik des Stalinismus. Anstatt der falschen Dichotomie von “Klasse ohne Geschlecht” oder “Geschlecht als Klasse” forderte Lub einen klassenkämpferischen Feminismus, der an den heutigen Problemen von Millionen von prekarisierten Frauen und LBTI*-Personen anknüpft, mit einer antikapitalistischen und antipatriarchalen Perspektive. Dazu ist der heute vorherrschende postmoderne Feminismus nicht im Stande.

In der darauffolgenden Diskussion wurde auch die Notwendigkeit einer eigenständigen Organisierung von Frauen innerhalb von revolutionären Organisationen betont. Das konnte auch vor Ort geschehen: Delegationen der Frauen der verschiedenen europäischen Gruppen trafen sich, um über die nächsten Schritte im Aufbau von Frauen- und LGBTI*-Gruppierungen wie “Brot und Rosen” zu diskutieren.

Frankreich: Intensivster Klassenkampfprozess in ganz Europa

Am Samstag ging es um den Klassenkampf mit Workshops zu den ökonomischen Grundlagen des Klassenkampfes, dem Verhältnis zwischen Ausbeutung und Rassismus und der ökologischen Krise. Am Vormittag wurde auch die Aktualität des Übergangsprogramms von Leo Trotzki als Antwort auf die kapitalistische Krise debattiert. Am Nachmittag trafen sich dutzende Arbeiter*innen aus Frankreich, Deutschland und dem Spanischen Staat, um sich über Streik- und Organisationsprozesse in ihren Betrieben auszutauschen.

Auf dem Podium am Abend haben Aktivist*innen aus erster Hand vom intensiven Klassenkampfprozess in Frankreich erzählt. Elsa, Studentin an Paris 1, und Vincent Duse, Arbeiter bei Peugeot, berichten von dem monatelangen Kampf gegen die Arbeitsreform der Hollande-Regierung, bevor Juan Chingo in einem ausführlichen Beitrag die Grenzen und Perspektiven der Bewegung charakterisierte. Vor allem schlussfolgerte er, dass der Kampf über die ökonomischen Forderungen gegen das Arbeitsgesetz hinausgehen muss, um einen progressiven Ausweg zu finden: “Wenn die Arbeiter*innenklasse kein Programm und keine Forderungen gegen die schwierige Situation der Bewohner*innen der Banlieues aufstellt – eine Antwort auf die strukturelle Arbeitslosigkeit, die Diskriminierung usw. –, dann werden der IS und seine Theorie des Chaos, oder ein noch bonapartistischerer Staat gewinnen.” Die größte Grenze dazu seien bisher die geringen Tendenzen zur Selbstorganisation und der Streikdemokratie, die es bisher unmöglich gemacht haben, die bremsende Rolle der Gewerkschaftsbürokratie zu überwinden.

Welche Partei für welche Strategie?

Am Sonntag wurden Schlussfolgerungen aus diesen Diskussionen gezogen. In Workshops ging es um Bilanzen neoreformistischer Projekte wie Syriza und Podemos, theoretische Debatten zwischen Marxismus und Autonomismus und die Lehren aus dem Spanischen Bürger*innenkrieg – der in diesen Tagen sein 80-jähriges Jubiläum feiert. In einem Workshop ging es auch um unser Ziel, den Kommunismus, und die Diktatur des Proletariats als Mittel auf dem Weg dorthin.

Am Nachmittag tauschten sich revolutionäre Jugendliche über die prekäre Situation der Jugend im Spanischen Staat, die Rolle der Jugend im Kampf gegen die Arbeitsreform in Frankreich und über die antirassistischen Jugendproteste in Deutschland aus.

Zum Abschluss der Sommerakademie diskutierten Santiago Lupe von Clase Contra Clase, Daniela Cobet von der CCR und Baran Serhad von RIO über Schritte zum Aufbau revolutionärer Organisationen in Europa.

Am Montag gingen fünf inspirierende, enthusiastische, aber auch erschöpfende Tage zu Ende. In einer ersten Bilanz drückten die mitgereisten Aktivist*innen aus Deutschland große Begeisterung aus, um auch in Deutschland für den Aufbau revolutionärer Organisationen zu wirken. Ein kraftvoller Abschied in den Sommer, und gleichzeitig das Startzeichen für eine neue Etappe der Gruppen der Trotzkistischen Fraktion in Europa.

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